Ludwigshafen Bestechender Feinschliff

Kammermusik vom Feinsten gab es im Mannheimer Nationaltheater bei der jüngsten Veranstaltung der überaus attraktiven Reihe „Musiksalon“ zu hören. Diesmal ging es um Streichsextette, von denen mit Schönbergs „Verklärte Nacht“ und Tschaikowskys „Souvenir de Florence“ Hauptwerke der seltenen Instrumentalkombination erklangen.

Vorab: Dass musikalische Aufführungen von gehobenem Anspruch nicht ausschließlich von international hoch angesehenen Künstlern mit klangvollen Namen zu erwarten sind, erwies wieder einmal eindeutig dieses Konzert. Das junge Ensemble, das hier am Werk war, stand für mehr als imponierende Qualitätsmaßstäbe ein, die jedem etablierten Konzertzyklus zur Ehre gereicht hätten. Seine Wiedergaben der für je zwei Violinen, Violen und Celli geschriebenen Sextette lassen sich nur als vorbildlich bezeichnen. Dem Ensemble gehörten an die beiden Soloinstrumentalisten des Nationaltheaters, Julien Heichelbech (Viola) und Fritjof von Gagern (Cello), zu denen sich die beiden Violinistinnen Covadonga Alonso und Marie-Claudine Papadopoulos sowie Bratschist Olof von Gagern und Cellist Alexandre Vay gesellten. Das begann beim spielerischen Potenzial der sechs Musiker, die sich als absolut überlegene, virtuose Instrumentalisten erwiesen und sämtliche kniffligen Passagen der beiden Stücke mit müheloser Leichtigkeit bewältigten. Zudem blieb der Klang der erweiterten Streicherbesetzung bei aller mitunter fast orchestralen Fülle durchweg transparent und homogen. Besonders erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Doppelfuge zum krönenden Schluss des Finales in der „Florentinischen Erinnerung“, übrigens ein höchst beredtes Dokument von Tschaikowskys brillanter polyphoner Satzkunst, deren Stimmgeflecht diesmal extrem konsequent und akribisch, in zwingender Klarheit freigelegt wurde. Mit Sicherheit entspann sich der kammermusikalische Dialog der Instrumente in beiden Sextetten stets ebenso intensiv wie vielschichtig. Apropos Intensität: Der aufgewühlten Klangrede der beiden Werke, Schönbergs verklärten „Tristan“-Stimmungen, seinen stellenweise irreal schwebenden, gleichsam entmaterialisierten Tönen, aber auch Tschaikowskys leidenschaftlichen Aufschwüngen, seinen Instrumentalaufschreien und dem oft unverstellt impulsiven, dramatischen Ausdruck beider Werke wurde das Ensemble mit bedingungsloser Hingabe gerecht. Nicht zu vergessen andererseits der mit einem Höchstmaß an Nachdruck und überaus differenziert nachvollzogene Wechsel der Stimmungen, die markanten Akzentuierungen und die kontrastierenden feinen Lyrismen. Mit anderen Worten, gespielt wurde an diesem Abend vom ersten bis zum letzten Ton mit bedingungsloser Hingabe, zündendem Elan und bestechendem Feinschliff.

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