Ludwigshafen Aus zwei Ländern eins machen

„Why“. Das ist Englisch und heißt „Warum“. Diese Frage haben sich an dieser Stelle zahllose Menschen gestellt. Hinter mir im Bild seht ihr die Reste der Berliner Mauer aufragen. In den Jahren von 1961 bis 1989 teilte sie die Stadt in zwei Teile, in Westberlin und Ostberlin. „Ostberlin“ durfte man damals allerdings nicht sagen, richtig hieß es im Osten „Berlin, Hauptstadt der DDR“.

Nicht nur Berlin war geteilt, ganz Deutschland war mit Mauern und Zäunen getrennt. Die westliche Seite war die Bundesrepublik Deutschland, die östliche die Deutsche Demokratische Republik. Nach dem Zweiten Weltkrieg teilten die Siegerstaaten das Land untereinander auf. Die Amerikaner, Engländer und Franzosen nahmen den westlichen Teil unter ihre Fittiche, die Sowjetunion den östlichen. Lange Zeit durften sich Freunde und Verwandte, die in den unterschiedlichen Teilen Deutschlands wohnten, nicht sehen. Telefonieren war schwierig, Internet, Mails und WhatsApp gab es damals noch nicht. Im westlichen Teil gab es bald das Wirtschaftwunder, die Menschen fanden relativ schnell wieder Arbeit und wurden recht wohlhabend. Es funktionierte die Demokratie, es gab Meinungs- und Pressefreiheit. Für demokratisch hielten sich die Führer der DDR auch, allerdings waren die Wahlen nicht frei und geheim, sondern es wurde kontrolliert, ob man wählen geht und was man wählt. Eigentlich durften die Menschen nur die SED ankreuzen. Viele wählten stattdessen die Flucht. In den 50er-Jahren und Anfang der 60er verließen so viele Menschen das Land, dass die Machthaber Angst hatten, die Wirtschaft und die Forschung würden nicht mehr funktionieren. Deswegen sicherten sie die Grenze immer stärker. Es gab den Schießbefehl und Minen, die explodierten, wenn man drauftrat, bissige Schäferhunde patrouillierten, die Menschen durften nicht mal bis zur Mauer gehen und sie sich anschauen. Berlin war bis 1961 der einzige Ort, wo man noch legal die Grenze überschreiten durfte. Deswegen fuhren viele nach Berlin, setzten sich in die S-Bahn und fuhren einfach in den Westen der Stadt. „Niemand beabsichtigt, eine Mauer zu errichten.“ Das sagte Walter Ulbricht, DDR-Staats- und Parteichef kurz vor dem Mauerbau, als es bereits Gerüchte gab, dass die DDR auch in Berlin bald Grenzanlagen errichten wolle. Das war eine der dicksten Lügen des 20. Jahrhunderts. In den folgenden Jahren sicherte die Partei die Grenze immer wirkungsvoller. Viele Menschen starben auf der Flucht. Trotzdem schafften es immer wieder DDR-Bürger, die Mauern und Zäune zu überwinden. Nicht lange nach dem 40. Jahrestag der DDR im Jahr 1989, den Erich Honecker, Nachfolger Ulbrichts noch einmal groß gefeiert hat, öffnete sich die Grenze sehr überraschend. Die Nacht des 9. November geht als eines der größten Freudenfeste in die Geschichte Deutschlands ein. Tausende Ossis gingen zu Fuß oder fuhren mit ihren Trabbis, kleine Autos, die in der DDR gebaut wurden, über die Grenze und feierten dort zusammen mit den Wessis. Im nächsten Jahr gab es dann die Wiedervereinigung, Deutschland war wieder ein Land. Zwei Länder zu einem zu machen, ist nicht ganz einfach. Es ist ja schon schwierig, zwei Klassen in der Schule zusammenzulegen, auch wenn die Zuständigen vorher nicht erzählt hätten, die anderen Schüler seien dumm, faul, böse oder gierig nach Geld. So in etwa ging das vor der Wiedervereinigung in beiden Ländern zu. Aus dieser Geschichte sollte man lernen. In Ludwigshafen gibt es übrigens zwei Stücke von der Berliner Mauer: ein kleineres Teil im Friedenspark in der Stadtmitte und ein größeres Teil im Garten von Helmut Kohl in Oggersheim – ein Geschenk für den Altbundeskanzler und treibenden Motor der deutschen Einheit, der inzwischen 86 Jahre alt ist. |acd

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