Ludwigshafen „Wir sind Avantgarde“

Bücher gibt es natürlich auch noch, aber die Stadtbibliothek hat viel mehr zu bieten.
Bücher gibt es natürlich auch noch, aber die Stadtbibliothek hat viel mehr zu bieten.

„Wir sind Avantgarde“, freut sich Dietrich Skibelski, Bereichsleiter Kultur bei der Stadt Ludwigshafen, über die neue Architektur der Stadtbibliothek. Ihre Modernisierung wurde letztes Jahr abgeschlossen. Die Planung des Umbaus, der über zehn Jahre dauerte, lag bei dem Architekten Heribert Wiesemann aus Köln. Mit ihm, aber auch mit Michael Baumann, Projektleiter der Stadt beim Umbau und der Teamleiterin der Stadtbibliothek, Elvira Gensheimer, kann man beim „Tag der Architektur“ am Samstag ins Gespräch kommen. Das Motto des Architektur-Tages lautet „Architektur bleibt“. Das Projekt wollte den Charakter des Baus erhalten, aber auch notwendige Neuerungen integrieren. „Seit dem Umbau sind wir Anlaufstelle für alle, die sich für neue Entwicklungen im Bibliothekswesen interessieren. Das Goethe-Institut macht Führungen mit Bibliothekaren aus Afrika und Asien“, erzählt Skibelski. Die Besucherzahlen sind seit der Einweihung im August 2017 um 30 Prozent gestiegen, die Bibliotheksnutzer kommen nicht nur aus Ludwigshafener, sondern aus der ganzen Metropolregion. Dass es in Bibliotheken heutzutage nicht nur Bücher gibt, hat Architekt Heribert Wiesemann bei seiner Planung berücksichtigt. „Alle Angebote sollen in einer Art Medienpromenade erfassbar sein, so dass auch unvertraute Wissensfelder dem Besucher nahegebracht werden“, erklärt er seinen Entwurf. Weniger Bücher, mehr Arbeitsplätze, zusätzliche Sonderräume wie „Makerspace“ und „Gameroom“ machten Umplanungen notwendig. Bibliothekare, Nutzer und Fachberater wirkten hier zusammen. Der „Makerspace“, in Ludwigshafen heißt er Ideenwerkstatt, bietet Platz zum Nähen, Basteln und Werken. „Ich mache mir mittlerweile einen Spaß draus, in Bibliotheken in ganz Deutschland nach dem ,Makerspace’ zu fragen“, erzählt Projektleiter Baumann, von Beruf ebenfalls Architekt. „,Makerspaces’ sind im angelsächsischen Raum, in den Niederlanden und in Skandinavien schon länger üblich. In Deutschland sind wir in diesem Bereich Vorreiter“, erklärt Skibelski stolz. Er war lange Leiter der Stadtbibliothek. Dabei wissen die drei durchaus zu schätzen, was der Architekt des 1963 fertiggestellten Baus, Karl Lochner, ihnen hinterlassen hat. „Besonders weit gespannte und hoch tragfähige Decken hat er verwendet. Das erlaubt eine enorme Veränderbarkeit“, lobt Wiesemann den Kollegen. Seinen eigenen Verdienst sieht er darin, Lochners Ideen auch vertikal umgesetzt zu haben. Fünf Ebenen sind jetzt optisch und funktional miteinander verbunden und das barrierefrei. Um zur Medienbibliothek zu gelangen, muss man jetzt nicht mehr über die Auffahrt laufen. Es ist längst nicht mehr so zugig und kalt wie früher. „Wir haben vor dem Umbau die ganze Rheinebene geheizt“, meint augenzwinkernd Baumann. „Klimatisierung und Brandschutz erforderten komplexe technische Systeme. Sie so in den Bau zu integrieren, dass sie nicht sichtbar sind, war die Kunst der Planer“, erklärt Wiesemann. Das kostet Geld. Rund 8,5 Millionen Euro waren für Umbau und Modernisierung fällig. Hier halfen der Stadt Ludwigshafen, die 20 Prozent selber stemmte, mit rund sechs Millionen der Europäische Fonds für Regionale Entwicklung, das Land Rheinland-Pfalz und der Bund. Doch es hat sich gelohnt, findet auch die Leiterin der Bibliothek, Tanja Weißmann. „Jetzt sind wir künftigen Herausforderungen gewachsen“, ist sie überzeugt. Die Leiter des Umbau-Projektes blicken stolz auf ihr Werk. „Eine Bibliothek zu planen, gehört für einen Architekten zu den hohen Aufgaben wie Museum und Theater“, schaut Wiesemann auf die Arbeit zurück. „Es kommt nicht jeden Tag vor, dass man den Bau einer Bibliothek von Anfang bis Ende begleiten kann“, fasst auch Baumann zusammen. „Das war der Höhepunkt meines Arbeitslebens“, meint Skibelski, „wie eine Goldmedaille für einen Sportler“. Termine Tag der Architektur, Stadtbibliothek in Ludwigshafen, Bismarckstraße 44-48, Samstag, 23. Juni, 10 bis 15 Uhr. Übersicht zum Tag der Architektur in Rheinland-Pfalz auf der überregionalen Kulturseite.

An der Fassade mit dem charakteristischen Relief hat sich auch nach der Sanierung nicht viel verändert.
An der Fassade mit dem charakteristischen Relief hat sich auch nach der Sanierung nicht viel verändert.
Der neu gestaltete Eingangsbereich der Bibliothek.
Der neu gestaltete Eingangsbereich der Bibliothek.
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