Ludwigshafen Schlagerheini, Opernstar

Mit kerniger Kraft: René Kollo im Rosengarten.
Mit kerniger Kraft: René Kollo im Rosengarten.

Wenn ein Mensch 80 ist, hat er oft viel zu erzählen. Bei René Kollo ist das so. Dessen Künstlerleben ist sehr reich, und das seiner Vorfahren ebenso. Bei einem Abend im Musensaal des Mannheimer Rosengartens las der ehemalige Star-Tenor aus seinen Memoiren und sang auch das eine und andere Lied.

Auf seine Anfänge als Schlagersänger folgte eine Bilderbuchkarriere als Opernstar. Die Bayreuther Festspiele wurden zum wesentlichen Wirkungszentrum für den Berliner. Das Berlin des frühen 20. Jahrhundert war überhaupt eine große Zeit für die Kollos, das ließ der Sänger in seiner Lesung Revue passieren. Großvater Walter und Vater Willi Kollo prägten über Jahrzehnte das populäre Unterhaltungstheater Berlins, als Komponisten und Kapellmeister. Den jungen René zog es eher zur ernsten Kunst, finanzierte sich die Gesangsstunden aber mit dem, was er von Hause aus kannte, mit Schlagern. Der Schlager „Hello Mary Lou“ war in den 1960ern sein erster Erfolg. Weltkarriere machte er indes im seriösen Fach: als Heldentenor auf der Opernbühne. An amüsanten Anekdoten war der Abend reich. Auch von seiner Mutter erzählte er viel, eine Friesin, in deren Gedenken er ein friesisches Volkslied sang. Und von den Künstlerfreundschaften seiner Eltern zu Claire Waldorf und Heinrich Zille hatte er gleichfalls Erinnerungen und Schlager parat. „Bier trinken ist gut für die Stimme, das beste was es gibt“, meinte der Sänger, nahm einen Schluck und sang „Das war in Schöneberg im Monat Mai“, ein Schlager aus der Feder seines Großvaters. Auf den Mund gefallen waren die Kollos übrigens nie. So hat auch Vater Willi Kollo aus seiner Skepsis gegenüber den Nazis nie einen Hehl gemacht, weswegen er zu Goebbels zitiert und mit einem Auftrittsverbot belegt wurde. Die Operetten der Kollos aber wurden weiterhin gespielt im Dritten Reich, sie waren nötiges Seelenfutter in dunkler Zeit. An der Oper Braunschweig begann für René Kollo die Karriere als Opernsänger. Dass er gleich bei der ersten Vorstellung den Text seines Auftrittsliedes als Danilo vergaß, war der Nervosität geschuldet, die bald abgelegt werden konnte. Vom „Schlagerheini, der nach Bayreuth kam“ las der Sänger mit einer guten Portion Selbstironie. Seine Erfolge am Grünen Hügel aber sind Legende. Als Steuermann begann er dort, sang bald den Lohengrin und die schweren Partien. Siegmunds „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ kam ihm auch nun noch bestens über die Lippen, kantabel, mit kerniger Kraft und prächtiger Leidenschaft zur Klavierbegleitung. Karajan war gleichfalls angetan von dem jungen Sänger und verpflichtete ihn mehrfach für Bühne und Schallplatte. Von langen schweigsamen Abenden im Restaurant berichtete der Sänger und auch von seinem Krach mit dem Stardirigenten, der zum schließlich Bruch führte. Die Karriere in Salzburg war da erstmal vorbei, aber schon bot sich eine nächste Gelegenheit: die Zusammenarbeit mit Leonard Bernstein. Von gemeinsamen heiteren Autofahrten mit dem Dirigenten durch Israel berichtete der Sänger und auch von seiner eigenen Familie, seiner Frau, die Balletttänzerin bei John Neumeier war: „Liebste glaub an mich“ war der hymnische Schlager, der ganz apropos erklang. Das Singen hat René Kollo auch mit 80 noch nicht verlernt.

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