Ludwigshafen Scheitern im Miteinander

Die Wunschbesetzung des Regisseurs: Sabine Fürst als Hedda Gabler.
Die Wunschbesetzung des Regisseurs: Sabine Fürst als Hedda Gabler.

Hendrik Ibsens „Hedda Gabler“ gehört zu den klassischen Bühnenstücken. Das 1891 uraufgeführte Stück über eine gescheiterte Emanzipation bietet eine der weiblichen Paraderollen, die das Theater zu bieten hat. Tim Egloff, einige Jahre Schauspieler am Mannheimer Nationaltheater, kehrt damit zum dritten Mal als Regisseur an seine alte Wirkungsstätte zurück. Premiere ist am Freitag im Schauspielhaus.

Tim Egloff kommt immer wieder gern einmal nach Mannheim ans Nationaltheater. Vier Jahre lang hat er hier als Schauspieler auf der Bühne gestanden. Inzwischen sitzt er oft im ICE, wenn er von seinem Wohnort in Berlin zu Proben an Theatern in Deutschland fährt. Seit 2011 arbeitet das frühere Ensemblemitglied des Mannheimer Schauspielhauses als freier Regisseur. Mit den allermeisten Darstellern seiner Mannheimer Ibsen-Inszenierung ist der gebürtige Hamburger daher noch aus seiner Zeit als Schauspieler gut bekannt. Michael Fuchs, der jetzt in „Hedda Gabler“ mitspielt, war sogar schon sein Kollege in Düsseldorf, von wo beide mit Schauspielleiter Burkhard C. Kosminski nach Mannheim gekommen sind. Ibsens „Hedda Gabler“ ist Tim Egloffs dritte Inszenierung am Nationaltheater nach Lutz Hübners „Phantom (Ein Spiel)“ 2015 und „Vereinte Nationen“, einem Stück über den Einfluss der sozialen Medien und zugleich dem ersten des Schriftstellers Clemens J. Setz, 2017. Trotz der Bekanntschaft und Vertrautheit mit den Schauspielern am Nationaltheater stellen sich für den Regisseur keine Autoritätsprobleme. „An hierarchische Fragen verschwende ich keinen Gedanken. Ich suche immer nach einem gemeinsamen Weg“, sagt der umgänglich wirkende 43-Jährige, der auf die Erarbeitung eines Stücks im Team setzt. „Dabei verfolge ich schon einen Ansatz, an den ich glaube. Daraus ergibt sich ein inhaltlich-ästhetisches Konzept. Und bei Ibsen gibt es wahnsinnig viel zu entdecken.“ An „Hedda Gabler“ hat den Regisseur vor allem Ibsens feine psychologische Zeichnung der Figuren und die spannungsgeladene Figurenkonstellation interessiert. Tim Egloff spricht von „Elektrizität“. Seine bislang einzige Ibsen-Inszenierung war am Jungen Theater Göttingen „Peer Gynt“. Eine „sehr rätselhafte Anziehungskraft“ gehe von der weiblichen Hauptdarstellerin aus, sagt Tim Egloff. „Eine destruktive, schwer zu durchschauende Frau, die auf das ganze Stück ausstrahlt“, charakterisiert er die Protagonistin, nach der Ibsen sein Stück benannt hat und die sich am Ende eine Kugel in den Kopf schießt. Dabei stelle das Stück an jeden die Frage nach dem richtigen Leben: „Wie will ich leben? Wie selbstbestimmt lebe ich?“ Jede Person des Dramas sei dabei in sich befangen, jede in ihrem Urteil im Recht, meint Tim Egloff, aber im Miteinander scheiterten sie. In der Kollision der unterschiedlichen Lebenskonzepte sieht der Regisseur die Tragik des Stücks. Der Theaterkritiker Alfred Kerr hat den Inhalt des Dramas einmal in die Worte gefasst: „Wer sind Heddas Männer? Den einen heuert sie; den anderen fürchtet sie; den dritten hat sie geliebt.“ Der, den sie „heuert“, ist ihr Ehemann Jörgen Tesman. Den langweiligen Stubengelehrten hat die einst von Verehrern umschwärmte Generalstochter Hedda Gabler nur geheiratet, um versorgt zu sein und weil sie sich von ihm eine Universitätskarriere erwartet hat. Der, den sie fürchtet, ist der Richter Brack. Selbst der schwangeren Ehefrau stellt der „Hausfreund“ noch nach und schreckt, um sein Ziel zu erreichen, auch nicht davor zurück, sie zu erpressen. Der, den sie geliebt hat, ist der geniale Wüstling Lövbjorg, in allem das Gegenteil ihres Mannes. Um ihn loszuwerden, hat Hedda aus Furcht vor einem Skandal ihn einst mit einer Pistole bedroht. Nun kehrt der aus der feinen Gesellschaft Ausgestoßene in ihr Leben zurück, gefolgt von seiner Geliebten Thea, die seinetwegen ihren Mann verlassen und im Gepäck das Manuskript eines Buches hat, eines Zukunftsentwurfes, das die eifersüchtige Hedda verbrennt. Hedda Gabler sehnt sich danach, aus der bürgerlichen Enge auszubrechen, kann es aber nicht über sich bringen, weil sie den Skandal fürchtet wie nichts sonst auf der Welt. Die herrschsüchtige Angehörige der untergehenden Adelsschicht schwärmt angesichts der Hässlichkeit, Niedrigkeit und Eintönigkeit der Verhältnisse von Schönheit und einer „wirklich freien, mutigen Tat“. Deshalb versorgt sie Lövbjorg mit einer der von ihrem Vater geerbten Pistolen, mit dem sie ihn einmal bedroht hat. Am Ende gibt es zwei Selbstmorde. „Eine radikale Rebellion gegen eine verwahrloste Bürgerlichkeit“ erkennt Tim Egloff in dem Stück. Für die Titelrolle hat er sich als Darstellerin Sabine Fürst gewünscht, Matthias Thömmes spielt ihren Ehemann Jörgen Tesman, Ragna Pitoll dessen Tante Julle. Anne-Marie Lux ist Thea und Benjamin Pauqet Lövbjorg, die Rolle des Richters Brack spielt Michael Fuchs. Das Bühnenbild, soviel verrät der Regisseur, wird einen klaustrophobischen Raum darstellen, Sinnbild der bürgerlichen Enge, aus der Hedda nicht auszubrechen vermag. Termin Premiere am Freitag, 16. Februar, 19.30 Uhr, im Schauspielhaus des Mannheimer Nationaltheaters. Weitere Aufführungen am 24. Februar sowie am 2., 6. und 31. März. Kartentelefon 0621/1680150 .

Seit 2011 freier Regisseur im Schauspiel: Tim Egloff.
Seit 2011 freier Regisseur im Schauspiel: Tim Egloff.
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