Ludwigshafen Der scheidene Chef der Sparkasse Vorderpfalz im Interview

Ende März räumt Rüdiger Linnebank sein Büro im Sparkassenturm am Ludwigsplatz. In Köln genießt er ab April den Ausblick auf den
Ende März räumt Rüdiger Linnebank sein Büro im Sparkassenturm am Ludwigsplatz. In Köln genießt er ab April den Ausblick auf den Dom.

Ein Gespräch mit Rüdiger Linnebank über Fußball, Fusionen, die Finanzbranche und einen überraschenden Anruf im Urlaub.

Rüdiger Linnebank wechselt zum 1. April 2018 als Vorstandschef zur Sparkasse Köln-Bonn, dem größten kommunalen Haus bundesweit. Vor zwei Wochen haben ihn die Gremien vor Ort gewählt. Zehn Jahre lang führte er die Sparkasse Vorderpfalz in der Ludwigshafener Zentrale. „Karrieresprung nach Köln“ – wie gefällt Ihnen diese Schlagzeile, Herr Linnebank? Sie ist zutreffend. Das ist natürlich ein Karrieresprung für mich und eine große Herausforderung. Wenn man sein Leben lang in der Sparkassenfamilie unterwegs gewesen ist, stellt man sich irgendwann die Frage, was man erreichen will. Was ist die finale Stufe? Da ist die Leitung der Sparkasse Köln-Bonn so ziemlich das Interessanteste und Spannendste, was man sich vorstellen kann. Mehr als 4000 Mitarbeiter, fast 150 Filialen, eine Bilanzsumme von 27 Milliarden Euro – die Kölner Fußballfans mögen es mir verzeihen, aber ihr künftiger Arbeitgeber ist der FC Bayern der Sparkassen, oder? Als Fan von Borussia Dortmund schaue ich fußballtechnisch eher nach Nordrhein-Westfalen. Die Fußballteams dort sind bodenständig, aber auch sympathisch, schnell, agil, wendig und innovativ. Die Sparkasse Köln-Bonn ist so gesehen einer der größten Vereine in Deutschland mit einer stabilen Fangemeinde und braucht einen Champions-League-Vergleich nicht zu scheuen. Und Sie sind der neue Trainer der Sparkasse Köln-Bonn? Wenn schon, dann eher Spielertrainer. Ich möchte nicht draußen auf der Bank sitzen und dafür sorgen, dass das Team super spielt, sondern Teil der Mannschaft sein: verteidigen, wenn’s nötig ist, und stürmen, wo immer es möglich ist. Wie hat Ihre Familie auf den Wechsel reagiert – defensiv oder offensiv? Ich freue mich auf die neue Aufgabe, es schwingt aber auch Wehmut mit – so ähnlich geht es meiner Familie. Wir sind heimisch geworden in der Vorderpfalz und leben sehr gerne hier. Die größeren Kinder werden wohl hier bleiben. Mein Ältester studiert, die Tochter macht gerade eine Ausbildung. Was die beiden jüngeren Jungs angeht, planen wir den Schulwechsel im Sommer und kämpfen momentan mit den Herausforderungen des Föderalismus, sprich: den völlig unterschiedlichen Schulsystemen der Bundesländer. Es gab also weder ein Veto noch anderweitigen Protest in der Familie? Nein. Ein Veto wäre auch gehört worden. Das muss schon eine gemeinsame Entscheidung sein. Die Fusion der Häuser Ludwigshafen/Schifferstadt, Speyer und Rhein-Pfalz jährt sich Mitte 2018 zum fünften Mal. Provokativ zugespitzt könnte man die Frage stellen: Was bleibt außer 120 Stellen und zwölf Filialen weniger? Wie lautet da Ihr Fazit? Die Bilanzsumme ist ja auch gesunken. Aber nicht aus dem Kundengeschäft heraus, sondern aus dem, was drei Häuser darum herum gebaut haben, was man in einer gemeinsamen Sparkasse dann nicht mehr braucht. Zweifellos war das eine schwierige und anstrengende Fusion in einem mit Niedrig- und Negativzinsphasen denkbar schlechten Umfeld. Für mich bleibt ein Rückblick auf einen Prozess, auf den ich auch ein Stück weit stolz bin. Worauf sind Sie besonders stolz? Darauf, dass die Mitarbeiter, alle zuständigen Gremien sowie die Politik diesen schweren Weg gemeinsam gegangen sind. Die ganze Mannschaft hat das mitgetragen. Und wenn man sich das aktuelle Jahr ansieht, dann sind die Ziele, die wir mit der Fusion verbunden haben, auch erreicht worden. 2017 ist nach ein paar schwächeren Jahren das beste Jahr in der Geschichte des gemeinsamen Hauses. Woran machen Sie das fest? In wichtigen Feldern wie dem Wertpapiergeschäft liegen wir deutlich über dem Niveau der drei alten Häuser vor der Fusion. Das Neugeschäft liegt auf Rekordhöhe. Verglichen mit der Bilanz im Jahr 2016 haben wir fast 120 Millionen Euro mehr Kundenkreditvolumen. Dieser Prozess hat länger gedauert, als wir gedacht haben, weil keiner mit dem völligen Einbruch der Zinsstruktur gerechnet hat. Aber wir haben’s gepackt, wir haben’s hinbekommen. Das ist das, was für mich zählt. Vor allem die Art und Weise, wie wir das als Einheit und mit verlässlichen Partnern in der Politik gemeistert haben. Dass wir ganz nebenbei noch zur besten Bank in Rheinland-Pfalz gekürt worden sind, ist das i-Tüpfelchen. Wie kam der Kontakt mit der Sparkasse Köln-Bonn zustande? Ich bin angesprochen worden. Ich hatte nach zehn Jahren erstmals wieder eine Urlaubsreise mit drei alten Schulfreunden unternommen. Wir saßen in Irland jeweils bei einem Glas Guinness, als mein Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung war ein sogenannter Headhunter, der sich nach meinem Interesse für die Position erkundigt hat. Wie lange hat es gedauert, bis er Sie überzeugt hatte? Einen Schluck Guinness (lacht). Im Ernst: Natürlich macht man sich einen solchen Abschied nicht leicht. Nach einigen Tagen des Abwägens habe ich mich dann aber klar für die neue Herausforderung entschieden. Ihr Vorstandskollege Thomas Traue wurde bereits zu Ihrem Nachfolger bestellt. Warum ist er der Richtige? Weil er Führungskompetenz und Weitblick mitbringt. Er ist absolut akzeptiert im Haus. Die Mannschaft freut sich über die einstimmige Entscheidung des Verwaltungsrats. Sein Profil stimmt. Thomas Traue ist die ideale Besetzung. Was nehmen Sie von Ihrer bisherigen Mannschaft mit nach Köln? Den Teamgeist, wie man ihn strukturiert und kanalisiert. Es geht um eine klare Marschrichtung und eine transparente Spieltaktik, die konsequent umgesetzt wird. Sie wechseln nicht nur von einem kleineren in ein größeres Institut, sondern auch von einer mittelgroßen in eine Millionenstadt. In der Kölner Medienlandschaft werden Sie noch mehr im Fokus stehen. Dessen sind Sie sich schon bewusst? Herr Gierescher, ich habe ja bei Ihnen eine gute Schule durchlaufen. Das werte ich mal als Kompliment. So war es gemeint. Bei der Fusion wurde eine Dienstvereinbarung mit dem Personalrat getroffen, wonach betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2019 tabu sind. Wird die Vereinbarung darüber hinaus Bestand haben? Das ist unser Bestreben. Wir haben bereits Gespräche aufgenommen, die Vereinbarung zu verlängern, möglicherweise schon im ersten Quartal 2018. Gibt es schon einen Käufer für das ehemalige Kreissparkassen-Gebäude gegenüber des Berliner Platzes? Wir sind in Gesprächen mit Investoren und optimistisch, im nächsten Jahr Konkretes vermelden zu können. Die Verträge sollen dann unter Dach und Fach sein. Aus dem Objekt können wir uns als Sparkasse komplett zurückziehen. Wir sind in der Lage, die dort wegfallenden Arbeitsplätze im Turm der Zentrale am Ludwigsplatz und in dessen Umgebung bereitzustellen. Umziehen muss im nächsten Jahr aber noch kein Kollege. Da brauchen wir etwas Vorlaufzeit, etwa für Umbauten. Wie sieht Ihr Blick in die Glaskugel für 2018 aus? Wie wird sich die Finanzbranche entwickeln? Die Niedrigzinsen werden uns vermutlich noch eine Zeit lang erhalten bleiben. Aus dem Bereich der Negativzinsen werden wir schrittweise herauskommen. Aber die Zinsstrukturkurve wird nie wieder so werden, wie sie einmal war, mit zwei Prozent am kurzen und acht Prozent am langen Ende. Diese Zeiten sind vorbei. Wir werden mit einer flachen, niedrigen Kurve leben müssen. Die Margenwelt wird überschaubar bleiben. Das ist der eine große Bereich. Und der andere? Ist das veränderte Kundenverhalten. Sie meinen Online-Banking und die zunehmende Digitalisierung? Die Digitalisierung ist ja eine Folge des veränderten Kundenverhaltens. Die gesellschaftliche Entwicklung vom Vor-Ort-Geschäft hin zu Online-Anbietern wird sich fortsetzen. Und wir als Banken handeln ja mit einem Gut, das noch nicht mal körperlich geliefert werden muss. Da gibt es keinen Stau der Kurierfahrer oder in Paketzentren. Geld, Kredite und finanzielle Dienstleistungen sind digital abbildbar. Das bringt gravierende Veränderungen mit sich. Mit welchen Folgen für Sparkassen? Wir müssen eine absolut hochwertige digitale Plattform mit individueller Beratung verbinden und immer nah am Kunden sein, ob in der Geschäftsstelle oder auf digitalem Weg – der Kunde entscheidet, wann, wo und wie er mit uns in Kontakt tritt. Diese Kombination aus individueller Beratung und Erreichbarkeit, wo immer der Kunde es wünscht – das kann kein anderer. Das ist die Chance der Sparkassen und regionalen Banken. Wenn es um Finanzierungen, die Altersvorsorge, um den Vermögensaufbau oder die Absicherung vor Lebensrisiken geht, ist unser großer Plus, dass den Kunden ein Partner gegenübersitzt, der ihr Lebensumfeld kennt und ihr Vertrauen genießt. Wie lange wird es Ihrer Ansicht noch Bargeld geben? Wenn es nach mir geht, ewig. Ich bin ein überzeugter Bargeldzahler. Das hat auch viel mit Psychologie und Emotion zu tun. Ich bedauere es immer noch, heute nicht mehr nach Österreich fahren und dort mit Schilling bezahlen zu können. Das war ein Teil des Urlaubserlebnisses. Wenn man allerdings nach Skandinavien schaut, findet Bargeld dort nicht mehr statt. Diese Tendenz wird sich durchsetzen. Aber es wird bei uns noch ein paar Jahre dauern. Pfälzer Riesling oder ein Kölsch? Die Entscheidung fällt mir leicht. Natürlich Kölsch. Bei aller Verbundenheit zur Pfalz: Den Westfalen habe ich in Getränkefragen nicht ablegen können.

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