Landau „Stilles Opfer der Nazis“: IGS erinnert an Theatermacher Renato Mordo

IGS-Leiter Ralf Haug inmitten der Wanderausstellung „Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich“ mit Schulleiter Ralf H
IGS-Leiter Ralf Haug inmitten der Wanderausstellung »Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich« mit Schulleiter Ralf Haug

Einst ein großer Theatermacher, kennt heute kaum jemand Renato Mordo. Die Nazis haben den Sohn jüdischer Eltern ausradiert. Jetzt erinnert eine Ausstellung in der IGS an Mordo.

Renato Mordo, Sohn jüdischer Eltern, war einer der produktivsten Theatermacher der Weimarer Republik. Er war im Austausch mit Bertolt Brecht, Gerhard Hauptmann hat ihn hoch gelobt. Warum kennt heute kaum mehr jemand seinen Namen? „Er war ein stilles Opfer“, sagt Ralf Haug, Schulleiter der Integrierten Gesamtschule (IGS) Landau, „die Verfolgung in der Nazizeit hat ihn sozusagen ausradiert.“

Die Schülerinnen und Schüler der IGS entdecken den vergessenen Renato Mordo nun wieder, gemeinsam mit griechischen Jugendlichen. Und sie lernen dabei viel über Menschlichkeit und Verständigung. In einer Ausstellung der Landeszentrale für politische Bildung, die am Donnerstag um 18 Uhr eröffnet wird, kann man das Wirken des leidenschaftlichen Theatermanns, sein Leben und Leiden nachvollziehen. Der Kurator der Ausstellung, Griechischwissenschaftler Torsten Israel, wird eine Einführung geben. Als Gast erwartet wird die griechische Generalkonsulin Ioanna Kriebardi.

1944 kommt Mordo in ein KZ in Griechenland

Renato Mordo ist 1894 in Wien als Sohn jüdischer Eltern geboren. Der Regisseur, Autor und Schauspieler war 1920 jüngster Theaterdirektor Deutschlands in Oldenburg, weitere Stationen seiner Karriere waren Breslau, Dresden und Darmstadt. Wegen zunehmender antisemitischer Hetze emigrierte der Künstler erst in die Tschechoslowakei, dann nach Griechenland, in die Heimat seines Vaters, wo er als Oberregisseur der Staatsoper wirkte. In Athen wähnte er sich in Sicherheit. Doch Hass und Verfolgung holten ihn ein.

Was viele Menschen sich heute nicht mehr vorstellen können: Im April 1941 hissten deutsche Besatzer die Reichskriegsflagge auf der Akropolis. Griechenland geriet unter Naziherrschaft. Renato Mordo wurde 1944 festgenommen und in ein Konzentrationslager im Athener Stadtteil Chaidari verschleppt. Dank glücklicher Umstände entging er der Deportation in ein Vernichtungslager und überlebte. In der Nachkriegszeit leitete Mordo unter anderem die Oper am Theater Mainz. Er starb dort 1955.

Renato Mordo
Renato Mordo

IGS-Schüler führen Mordo-Drama auf

Seine furchtbaren Erfahrungen im griechischen KZ hat der Bühnenschriftsteller in seinem Drama „Chaidari“ verarbeitet. Dieses Stück, so berichtet Schulleiter Haug, sei lange verschollen gewesen. Sein Enkel Michael Renato Mordo habe es wiederentdeckt und sich mit diesem Fund an die Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz gewandt. Die zeigte Interesse: Die Ausstellung über Mordos Leben und Wirken wurde erarbeitet und war schon in zahlreichen Städten in Deutschland und Griechenland zu sehen.

Die Landauer IGS, die sich als Erasmusschule Verständigung über die Grenzen hinweg auf die Fahne geschrieben hat, ist noch einen Schritt weitergegangen. Vor einem Jahr war Schulleiter Ralf Haug, der Lehrer für darstellendes Spiel ist, mit einer Klasse von 14- bis 16-jährigen Schülerinnen und Schülern in Griechenland und besuchte die Athener Vorstadt Chaidari. Sie konnten sogar das ehemalige Konzentrationslager besichtigen, das öffentlich nicht zugänglich ist. „Die Betroffenheit unter den jungen Leuten war hoch“, erinnert sich Haug. In Chaidari erarbeiteten die Landauer gemeinsam mit griechischen Jugendlichen das Stück über Mordos KZ-Erfahrungen und führten es mehrsprachig auf. Zwölf griechische Freunde von damals werden nun in Landau zu einer erneuten Aufführung erwartet.

Was für ein gutes Zeichen: Griechische und deutsche Jugendliche arbeiten gemeinsam friedlich und intensiv an einem Stoff, der die große Schuld deutscher Vorfahren thematisiert. „Ich verstehe den Hass in der Welt nicht“, meint Ralf Haug, „und ich bin zutiefst überzeugt davon, dass die Menschheit viel mehr persönliche Begegnungen und mehr Verständigung braucht.“ In Athen seien er und seine Schüler „mit Gastfreundschaft überschüttet“ worden. Ein Bild ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: An der Südspitze von Attika haben die griechischen und deutschen Schüler einen Poseidon-Tempel besucht. „Plötzlich sehe ich, wie eine meiner Schülerinnen Hand in Hand mit einem griechischen Jungen durch den Tempel läuft. Amors Pfeil hat sie getroffen.“ Über ein schwieriges Thema sei eine Freundschaft gewachsen, die bis heute hält.

Info

Die Ausstellung „Renato Mordo: jüdisch, griechisch, deutsch zugleich. Ein Künstlerleben im Zeitalter der Extreme“ ist von 4. April bis 4. Mai im Foyer der Integrierten Gesamtschule Landau, Schneiderstraße 69, zu sehen und ist an Schultagen von 14 bis 17.30 Uhr für jeden zugänglich. Schulklassen können auf Anmeldung per E-Mail an igs@landau.de auch zu anderen Zeiten kommen und erhalten auf Wunsch eine Einführung durch kundige IGS-Schüler. Am Freitag, 19. April, 19 Uhr, wird das Drama „Chaidari“ von Renato Mordo in der Schule aufgeführt. Gäste sind willkommen, um eine Anmeldung im Sekretariat wird unter Telefon 06341 134550 gebeten.

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