Landau Kinderschutzbund wirbt mit Plakatwettbewerb für Recht auf Beratung

Der Kinderschutzbund in der Redaktion (von links): Simeon Pachner, Maya Sina Ludwig und Kyra Pachner mit den Redakteuren Sebasti
Der Kinderschutzbund in der Redaktion (von links): Simeon Pachner, Maya Sina Ludwig und Kyra Pachner mit den Redakteuren Sebastian Böckmann und Sabine Schilling.

„Kinder brachen unseren Schutz.“ Dieser Aufgabe hat sich der Kinderschutzbund verschrieben. Er verbindet mit dem Missbrauch einer Zehnjährigen in Edenkoben ein besonderes Anliegen.

Die Entführung einer Zehnjährigen bei Edenkoben und der sexuelle Missbrauch durch einen 62-Jährigen, der jetzt in Landau vor Gericht steht, sei grauenhaft. Aber Maya Sina Ludwig und Kyra Pachner vom Kinderschutzbund Landau-Südliche Weinstraße betonen beim Besuch in der Lokalredaktion in Landau, das dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass sexualisierte Gewalt überwiegend im Nahbereich passiert. Zu 25 Prozent im engsten Familienkreis, zu 50 Prozent im sozialen Nahraum und zu 25 Prozent durch Fremdtäter, konkretisiert Ludwig, die beim Kinderschutzbund für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.

Jedes vierte Kind in Deutschland sei von Gewalt betroffen, zwei Kinder pro Schulklasse sogar von sexueller Gewalt. Meist seien es nicht Fremdtäter, die sich auslebten, sondern Täter aus dem Umfeld. „Nahbereich kann Familie sein, Sport, Kita oder Schule“, unterstreicht Geschäftsführerin Pachner.

Schweigegebot zu Hause?

Die schlimme Tat in Edenkoben habe Kinder verunsichert. Sie müssten wissen, wo Ansprechpartner zu finden sind, wenn sie ein „schlechtes Geheimnis“ hätten oder zu Hause ein Schweigegebot herrsche. Deshalb hat der Kinderschutzbund einen Plakatwettbewerb für 5. und 6. Klassen gestartet, der unter dem Motto „Mein Recht auf Beratung“ steht.

Das Ziel ist, altersgerechte Informationen zu Möglichkeiten der Beratung in jedem Klassenzimmer hängen zu haben. Das Recht auf Beratung sei ein Kinderrecht, zu dem Heranwachsende niedrigschwellig Zugang finden müssen, betonen Pachner und Ludwig. Die besten Plakate werden prämiert, das Siegerwerk wird am Landauer Kindertag, dem 8. Juni, beim Entenrennen präsentiert, und alle Werke sollen in der Woche der Kinderrechte vom 16. bis 20. September ausgestellt werden.

Herausforderungen für Heranwachsende in Zeiten von Corona, Kriegen, Klimawandel und Gefahren der Digitalisierung wie etwa Cybermobbing oder Cybergrooming sind vielschichtig, wissen die Anwältinnen der Kinderrechte. Betroffene reagieren mit Ängsten, Lernschwierigkeiten oder Einsamkeit. Leider steige die Nachfrage nach Beratungen bei der Erziehungsfachberatung und im Kinderschutzdienst. Auch im Kinderhaus Blauer Elefant sei die bundesweite Tendenz zu spüren, dass die Gewalt unter gleichaltrigen Jugendlichen und die Gewalt im Internet gegen junge Menschen zunehme. Opfer seien oftmals jüngere Kinder oder Kinder mit Beeinträchtigungen.

Leitfaden für Pädagogen

Pachner und Ludwig verweisen auf die Studie „Extrem einsam“ des Progressiven Zentrums, die Anfang des Monats veröffentlicht wurde und für die Jugendliche zwischen 16 und 23 Jahren befragt wurden. Danach korreliert Einsamkeit auch mit antidemokratischen Haltungen. Mit der Aktion „Mein Recht auf Beratung“ möchte der Kinderschutzbund solchen Tendenzen durch Gespräche begegnen, damit die Gesellschaft auch in Krisen für Heranwachsende Zusammenhalt, Rücksichtnahme und gegenseitige Solidarität bedeutet.

Der 13-jährige Simeon, der zurzeit ein Praktikum beim Kinderschutzbund absolviert, verfolgt das Gespräch aufmerksam und meldet sich immer wieder zu Wort. Ihm würde es gefallen, wenn Jugendliche in der Zeitung häufiger zu Wort kämen.

Vorerst machen wieder die Erwachsenen von sich reden. Der Kinderschutzbund hat in Kooperation von Kinderschutzdienst und Kreis Südliche Weinstraße einen Leitfaden zu Kindeswohlgefährdung für Erzieher und Lehrkräfte erarbeitet. Er soll in zwei Wochen verteilt werden. Bei Kindeswohlgefährdung sind Pädagogen oft im Zweifel, ob es einen Fall gibt, der dem Jugendamt gemeldet werden muss oder ob man überreagiert. „Man will nicht weggucken, will aber auch niemanden falsch beschuldigen“, erläutert Pachner. Eine wichtige Ansprechperson ist die Insofa (Insoweit erfahrene Fachkraft), die der Landkreis seit vergangenem Jahr finanziert und beim Kinderschutzbund angesiedelt hat. In der Stadt Landau sitzt die Insofa beim Jugendamt. Der neue Leitfaden im Kreis will eine Hilfestellung geben, was bei einem Verdacht von Kindeswohlgefährdung zu beachten und wie vorzugehen ist.

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