Landau Jockgrim: Filzhase als Begleiter auf der Flucht im Zweiten Weltkrieg

Renate Kütterer an Weihnachten 1941 mit ihrem geliebten Filzhasen.
Renate Kütterer an Weihnachten 1941 mit ihrem geliebten Filzhasen. Foto: privat

Ihr schönstes Weihnachtsgeschenk bekam Renate Kütterer aus Jockgrim mit gerade einmal einem halben Jahr geschenkt: einen kleinen Filzhasen. Er begleitete sie bei der Flucht im Zweiten Weltkrieg aus dem Sudetenland nach Deutschland.

Im Juli 1941 wurde Renate Kütterer im Sudetenland geboren. Ein halbes Jahr später besuchte sie ihre Patentante, die mit ihrem Mann in Rumänien eine Lederfabrik besaß. Zu Weihnachten bekam das Mädchen von ihr einen Filzhasen geschenkt. In dessen Rückenkorb war Geld und eine Süßigkeit versteckt. Doch das interessierte die kleine Renate gar nicht. Sie gab den Korbinhalt an ihre Tante zurück. Denn der Hase sei für sie viel wichtiger und schöner gewesen, wie ihr die Mutter berichtete.

„Dieser Hase wurde mein Begleiter auf der Flucht 1944“, berichtet die heute 78-Jährige. Ihre Mutter habe ihr aufgetragen, den Hasen immer gut im Mantel vor den Russen zu verstecken, und das habe sie auch getan. Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs landete die Familie in Augsburg, das damals amerikanische Besatzungszone war. „Wir mussten auf den Sack, in dem unsere Habseligkeiten waren, aufpassen und darauf sitzen, da Mutti dort Ziegel klopfte“, erinnert sich Renate Kütterer. Da sei ein amerikanischer Soldat gekommen, habe ihren Hasen gesehen, den sie fest an sich drückte, und habe ihn ihr weggenommen. „Ich weinte und bangte um meinen Seelentröster und Begleiter in aller Not“, beschreibt sie ihre Gefühle.

Doch die Geschichte nahm ein glückliches Ende: Der Soldat habe aus seiner Jackentasche etwas längliches Silbernes genommen, es in den kleinen Korb gesteckt und ihr den Hasen zurückgegeben. „Ich war glücklich.“ Ihre Mutter sei sofort gekommen, um zu schauen, was in dem Korb steckte. Es war ein kleiner Riegel Schokolade. Die Kinder teilten ihn untereinander auf. „Diese winzigen Stücke Schokolade waren die besten meines Lebens und ein wunderbares Erlebnis in dieser schlechten Zeit.“

Den Hasen hat Renate Kütterer bis heute, und sie hüte ihn, obwohl der Filz unter den vielen Streicheleinheiten sehr gelitten hat. Das Kuscheltier ist eben „das kostbarste Geschenk meines Lebens“.

Die Serie Adventskalender

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