Landau „Humanitäre Hilfe ist möglich“

Vier Millionen Einwohner hat der Libanon, mehr als eine Million Flüchtlinge allein aus Syrien hat er aufgenommen. Hunderttausende aus Palästina sind schon lange da, und dass sich daran etwas ändert, ist unwahrscheinlich. Mit diesen dürren Zahlen umreißt Hitschler, was ihn umtreibt: Anders als die Türkei mit einem funktionierenden Katastrophenschutz sei der Libanon mit der Aufnahme der Flüchtlinge überfordert, die gleichermaßen vor den Truppen Assads wie auch vor IS, der Al Nusra-Front und Al Quaida geflohen seien. Dass der Libanon früher „die Schweiz des Nahen Ostens“ genannt worden sei, ändere daran wenig: „Der Libanon steht am Rand des Kollaps’.“ Hitschler war zusammen mit seinen Bundestagskollegen Christina Kampmann und Jens Zimmermann (alle SPD) unterwegs, auf „Tuchfühlung in einem der kompliziertesten Länder“ überhaupt, wie er sagt. Zum Auftakt besuchten sie das auf 40.000 Einwohner geschätzte Palästinenserlager Schatila in Beirut. Eigentlich dürfe dort gar nicht gebaut werden, tatsächlich ragen die immer und immer wieder aufgestockten Häuser wie aufeinandergestapelte Schuhkartons in den Himmel, die Stromkabel baumeln frei dazwischen, Arafat und „Märtyrer“ der Palästinenserbewegung sind an allen Ecken plakatiert, schildert Hitschler. Kurios: Mezut Özil und Deutschland kennt dort jedes Kind, wie er bei einem Schulbesuch erfahren hat. Die Abgeordneten sind vom libanesischen Sozialminister Rachid Derbas und von Außenminister Gebran Bassil empfangen worden, und beide haben sich viel Zeit genommen. Insbesondere Letzterer habe „die Botschaft rüberbringen wollen, was sein Land leisten kann und was nicht“, sagt Hitschler. Eine militärische Lösung sieht Hitschler nicht, auch wenn ihre Gesprächspartner immer wieder für eine Flugverbotszone in Syrien als Schutzzone für die vor den Kämpfen geflohene Bevölkerung geworben hätten. Doch selbst das Durchsetzen einer solchen Zone wäre ein in seinen Auswirkungen nicht kalkulierbarer direkter Eingriff in einen zu verworrenen Konflikt, sagt Hitschler, der Mitglied im Verteidigungsausschuss ist. „Wenn sich Deutschland nur zu einem Bruchteil so engagieren würde wie in der Ukraine-Krise, hätten wir eine Chance“, sei ihnen wiederholt vorgehalten worden, schildert der Abgeordnete. Eine deutsche Hilfe könne nur diplomatischer und natürlich humanitärer Natur sein, betont er. Dazu gehöre beispielsweise, dass Deutschland trotz des auch im Libanon anerkannten Aufnahmekontingents von 20.000 syrischen Flüchtlingen in einem ersten Schritt noch 10.000 Syrer mehr aufnehme und beispielsweise den Familiennachzug erleichtere. Erschüttert ist Hitschler über die Lebensumstände in einem Flüchtlingslager in der Bekaa-Ebene: einer primitiven Zeltstadt im schlammigen Nirgenwo, wo die Menschen trotz eisiger Temperaturen ausharren, kaum Nahrung und kaum Heizmaterial für ihren Ofen haben und die Kinder zum Teil barfuß draußen spielen. Das seien Dinge, bei denen Deutschland praktische Hilfe leisten könne, sagt Hitschler: mit Essen, Kleidung und Unterkünften. (boe)

x