Landau „Es war sehr gewagt für mich als Beamtin“

Auch wenn sie längst nicht mehr politisch aktiv ist, ist Ursula Kliewer in Kreisen, die früher vielen Konservativen suspekt waren, unvergessen. Denn die Jubilarin, die morgen 80 Jahre alt wird, war immerhin zehn Jahre für die Grünen im Landauer Stadtrat, wirkte in Friedensgruppen und Umweltinitiativen mit, setzte sich für das Frauenhaus und Pro Familia ein.

Die Lehrerin, die ab 1972 am Eduard-Spranger-Gymnasium Deutsch, evangelische Theologie und Ethik unterrichtete und 1996 als Oberstudienrätin in Pension ging, war einst eine engagierte Kämpferin für politische, gesellschaftliche und soziale Belange. Sie habe ihr Engagement, vor allem auch das im Rat, nie bereut, sagt sie rückblickend. Seit 1983 ist sie Mitglied bei den Grünen. Politik interessiert sie nach wie vor sehr, aber sie beobachtet aus der Ferne. Ein Jahr nach ihrem Beitritt zu den Grünen war sie 1984, mit ihrem Mann Heinz-Jürgen und anderen, Mitbegründerin der Grünen Bürgerliste Landau (GBL). Grund war die bevorstehende Kommunalwahl. Sie wurde auf die Liste der Ratskandidaten gesetzt, wenn auch weit hinten – und wurde gewählt. „Ich hatte keine Ambitionen, aktive Kommunalpolitikerin zu werden“, betont Kliewer. Bei den Grünen habe sie sich „nicht aus Profilierungssucht“ engagiert, sondern weil dies aus ihrer Sicht erforderlich war. Die Situation sei damals bedrohlich gewesen, resümiert sie und erinnert an die Stationierung von Raketen auf dem Ebenberg, den Tieffluglärm und „die sich abzeichnende ökologische Katastrophe“. Damals sei Friedensarbeit sehr notwenig gewesen. Dass sie bei Friedensdemonstrationen auf die Straße ging, „war sehr gewagt für mich als Beamtin“. Sie habe unter der Beobachtung von Eltern ihrer Schüler gestanden, aber das habe sie nicht davon abgehalten, ihren Weg zu gehen. Als sie in den Stadtrat gewählt war, übernahm sie am ESG nur noch ein halbes Deputat, was sich heute bei der Pensionshöhe auswirkt. „Ich wollte einfach etwas tun“, sagt Ursula Kliewer, die ihren 80. Geburtstag nicht zu Hause in Mörzheim begehen wird. Auf die Frage, was ihr die politische Tätigkeit im Rat gebracht habe, muss sie nicht lange nachdenken: „Ich habe positive Erfahrungen gesammelt, auch wenn das Engagement Knochenarbeit war und viel Verzicht bedeutete.“ Es habe nur drei grüne Ratsmitglieder gegeben, die in allen Ausschüssen vertreten gewesen seien. Am Eduard-Spranger-Gymnasium rief sie eine Theatergruppe ins Leben und leitete sie viele Jahre. Aushilfsweise hielt sie Kunstunterricht. Nach der Pensionierung besuchte sie Kurse an der Kunstschule Wieser in Herxheim. Heute malt sie viel, fertigt Radierungen an, schafft Skulpturen und Marionetten. Und sie spielt wieder mit Leidenschaft Geige, ist Mitglied bei den „Stadtstreichern Annweiler“ und mit ihrem Mann in einem festen Quartett. Auch ihr Garten fordert sie. Sie könne auf ein ausgefülltes und zufriedenes Leben zurückblicken, unterstreicht Ursula Kliewer. Fast alles, was sie tue, könne sie glücklicherweise gemeinsam mit ihrem Mann, dem früheren Professor für Didaktik an der Uni-Landau, Heinz-Jürgen Kliewer. (güw)

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