Landau Ein Landauer Beruf wird 50

Vor genau 50 Jahren, im Jahr 1964, wurde in Landau ein Beruf erfunden. Seit dem Beschluss der damaligen Kultusministerkonferenz gibt es offiziell einen Biologisch-Technischen-Assistenten (BTA). Daher wurde gestern im Geburtshaus des Berufs, dem Naturwissenschaftlichen Technikum Dr. Künkele (NTK), gefeiert.

Rund zehn Schüler stehen mit weißen Kitteln und Sichtschutz an den Apparaturen, beaufsichtigt von zwei Lehrern greifen sie zu Erlenmeyerkolben, Reagenzgläsern und Co. Am Türschild steht „organische Chemie“. Sie befindet sich gleich gegenüber der „Zoologie“, auch dort wieder zehn Schüler in weißem Kittel. Insgesamt 150 von ihnen lernen am NTK, im Volksmund nur als „das Künkele“ bekannt. Sie alle wollen einmal technische Assistenten werden. Technische Assistenten der Chemie (CTA), der Pharmazie (PTA), oder der Medizin (MTA) – die meisten aber der Biologie (BTA). Es sind diejenigen, die in Forschungslaboren die Geräte bedienen. Die das Know-how an den Apparaturen haben, das selbst genialen Wissenschaftlern häufig fehlt. „Das ist unsere große Stärke hier“, erzählt Annette Mattern, Lehrerin am NTK. „Bei uns machen alle die Versuche selbst, die Praxis steht im Vordergrund.“ Das sei nicht selbstverständlich, sagt sie. Aber schließlich habe das Künkele deutschlandweit einen hervorragenden Ruf. „Es ist ein Gütesiegel“, sagt sie voller Stolz. Das hat auch mit der Struktur des NTK zu tun – es wird von einer Genossenschaft der Lehrer getragen. „Wir sind also unsere eigenen Arbeitgeber, da hat man eine ganz andere Einstellung zu seinem Arbeitsplatz“, verrät Mattern. Biologisch-Technischer Assistent. „Dieser Beruf wurde hier erfunden. In Landau“, erklärt Andreas Kalkowski, Abteilungsleiter für Biologie im NTK, benannt nach dem Schulleiter, der 1953 die Schule von Heilbronn nach Landau holte und zwei Jahre später die Grundlage für das schuf, was 1964 von der Kultusministerkonferenz als Beruf anerkannt wurde – den biologisch-technischen Assistenten. Was gestern im NTK gefeiert wurde, hat 1953 mit sieben Schülern angefangen. In Spitzenzeiten hatte das NTK bis zu 500 Schüler. Die Privatschule war lange Zeit die einzige Schule, die eine Ausbildung zum BTA anbot. In den 1970er-Jahren stießen weitere Schulen hinzu, die meisten in Nordrhein-Westfalen. Heute sind es knapp 50 Schulen in Deutschland. Und der BTA wird in der Industrie nachgefragt wie nie: „Die Arbeitslosenquote in diesem Beruf liegt bei 0,4 Prozent“, sagt Kalkowski. 1100 BTA-Absolventen drängen jedes Jahr in Deutschland auf den Markt. Das NTK steuert dazu etwa 50 bei. Auch wenn durch eine duale Ausbildung noch knapp 500 Biolaboranten dazu kommen, ist sich Kalkowski sicher: „Ohne BTAs könnte die Industrie den Bedarf nicht decken“. Grund für den Schülereinbruch beim NTK von 500 Schülern (1968) auf 150 (2014) sei neben der gestiegenen Konkurrenz auch die Bologna-Reform, so der BTA-Verantwortliche im NTK. „Plötzlich wollten alle den Bachelor machen“, erzählt er. „Und merken jetzt, dass die Industrie dann doch lieber Akademiker will – und keine Bachelorabsolventen.“ Bachelor, das bedeutet sechs bis acht Semester Studium. Danach gibt es zwar theoretisch die Chance, einen Master zu machen, „aber es gibt da viel zu wenig Plätze an den Universitäten, trotz der enormen Nachfrage“, so Kalkowski. Und der Bachelor? Der werde vielfach nicht anerkannt. „Die Industrie nimmt lieber einen BTA als einen Bachelor of Science“, erklärt Kalkowski. Andererseits nutzen heute viele Studenten den BTA als „Vor-Studium“. „Zum Einen verkürzt sich die Studienzeit, weil sie sich Kurse anrechnen lassen können. Zum anderen können sie neben dem Studium schon arbeiten, sich spezialisieren und haben so bessere Chancen auf einen Masterplatz.“ So führe der Weg zum Doktor über das vermeintliche Fußvolk, das viel zu oft in wissenschaftlichen Veröffentlichungen namentlich nicht erwähnt wird. Und hier speziell über das NTK, das als einer von fünf Standorten in Deutschland eine Zertifizierung von der Zentralen Evaluations- und Akkreditierungsagentur Hannover (ZEvA) erhalten hat und mit zahlreichen Unternehmen und Hochschulen kooperiert – von der Südpfalz bis nach Hannover. (seak)

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