Lokalsport Südpfalz Hundertstel Sekunden entscheiden

LANDAU (thc). Es hat was von Formel I, vom Großen Preis von Kanada. Reifen werden jedoch nicht gewechselt, sondern lediglich der Pilot. Tobias Winkelmann ist dran. Hermann Braun aus Völkersweiler ändert in der „Box“ die Startnummer, es gibt andere Pedale, eine andere Sitzschale. Und los – beim Jugend-Kart-Slalom in Landau. Valentino Catalano aus Westheim gewinnt den siebten Lauf der ADAC-Pfalzmeisterschaft in der Klasse 2. Eine Zentimeterentscheidung.

Über vier Kilometer lang die Rennstrecke, Höchstgeschwindigkeit 300 km/h in Kanada. Das Format auf dem Gelände der Mercedes-Benz-Niederlassung in Landau Am Schänzel ist dagegen winzig. Geschätzt 80 mal 40 Meter sind abgesperrtes Terrain, an der einen Seite ist ein Pavillon für Fahrer, Personal, Zuschauer, das wie eine Bühne wirkt. Den ganzen Samstag haben viele Helfer mit der Vorbereitung des Laufs des ADAC-Ortsclubs Annweiler verbracht. Mit freundlicher Unterstützung von Mercedes-Benz-Beschäftigten, die den Platz schufen, wo normalerweise Autos stehen. Seit rund 15 Jahren ist die Veranstaltung in Landau, der damalige ADAC-Pfalz-Sportleiter vermittelte. „Wir haben in Annweiler seit 15 Jahren kein Gelände mehr“, erzählt Manfred Ehm. Dort, wo heute ein Fitnesscenter steht, wurde früher in Annweiler Kart gefahren. Zeiten ändern sich. Ehm war früher im Rallyesport aktiv. Kurze Zeit als Fahrer, länger als Beifahrer. Wie heutzutage von Dieter Mohr im historischen Rallyesport mit Renault Turbo oder Alpine. Seit 1992 fährt Ehm auf der Historic-Schiene. An diesem Sonntag ist er sozusagen der Hausherr in Landau. Mit rund 30 Leuten, dabei viele vom MSC Ramberg, die für die Organisation herhalten. Und Personal vom ADAC. Der erste Wertungslauf ist gleich durch. Enrico Renno mit der Startnummer 3, er ist Drittplatzierter im Gesamtklassement, fährt fehlerfrei und geht mit seiner Zeit 34,52 Sekunden in Führung. 19 Jungen und Mädchen der Jahrgänge 2004 und 2005 starten in dieser Klasse. Die „Rennstrecke“ für sie hat Ilya Bilal aufgestellt, diesmal der Slalomleiter: rot-weiße Pylone. Streng nach Vorgaben. Es gibt das Deutsche Eck, ein Tor, den „Schweizer“, Kreuzung, den Halteraum. Der Fuß der Pylone, Autofahrer kennen sie als Warnhütchen, wird mit Kreide auf dem Untergrund umrissen. Touchiert der Pilot ein Hütchen, aber dieses berührt noch die Marke, ist nix passiert. Wird es weiter verschoben oder fällt sogar um, gibt es Strafsekunden obendrauf. Mirco Müller aus Völkersweiler wollte vielleicht nur deren Standfestigkeit prüfen. Auf den ersten Metern fuhr er die ersten um. Sechs Strafsekunden im Trainingslauf. Für die Abnahme des Slalomparcours ist vom ADAC Regina Michalzik aus Dudenofen beauftragt, sie ist auch Trainerin und Vorstandsmitglied beim MC Maikammer. Eine Änderung hat sie durchgesetzt: „Eine Spurgasse – die gibt es in dieser Form nicht im Reglement.“ Danach wurde die Strecke für jedermann zur Besichtigung freigegeben. Und danach warf Peter Deege aus Haßloch die Honda-Industriemotoren der beiden Karts an, die in der Ecke auf ihren Gebrauch warteten. 6,5 PS leistet die kleine Maschine. Weil mit dem Kart Achtjährige und 18-Jährige fahren, gibt es den Pedal- und Sitzschalenwechsel. Manchmal wird noch ein Schaumstoffposter dazugenommen. Es geht um den idealen Sitz und den idealen Winkel der Arme zum Steuer für den 1,25 Meter kleinen und – später kommen die Älteren an die Reihe – für den 1,75 Meter großen Fahrer. Der zweite Durchgang beginnt. Am Vorstart dürfen sich neben den aufgerufenen Teilnehmern, Oskar Weller moderiert heute, nur die Betreuer aufhalten, meist der Vater und/oder der Trainer. „Er kämpft mit sich selbst“, sagt Daniel Catalano über den Filius, RHEINPFALZ-Talent des Jahres 2014 und nun mit neun Jahren in der Klasse mit bis zu Elfjährigen. „Für die Väter ist es schlimmer“, sagt Helmut Müller, der Trainer vom MC Haßloch. Direkt vor dem Start kniet er sich neben seinen Fahrer und gibt letzte Tipps. Beifall für fehlerfreie Rennen gibt es und wechseln ab mit bedauernden oder klagenden Handbewegungen, wenn wieder mal ein Pylone umgeworfen wird. Was macht Catalano? Eine Minute später ist es gelaufen. 33,67 Sekunden war die Startnummer 1 auf der Rennstrecke, blieb fehlerfrei – und hat gewonnen. Um zwei Hundertstelsekunden vor Enrico Renno. Dritter: Nick Hetterich aus Breitenbach, über eine Sekunde zurück. Abklatschen mit seinem Vater. Drei Tage war der kleine Catalano im Krankenhaus. Nierenbeckenentzündung. Nun steht er da als Sieger in seinem schicken Rennoverall in der Haßlocher Vereinsfarbe mit Aufdrucken von Nissan und Mitsubishi. 350 Euro kommen schnell zusammen für Overall, Schuhe, Helm. Das Interview mit dem Champion: Wie war’s? „Du stehst am Vorstart und überlegst, wo du noch Zeit rausholen kannst.“ Wo war die Stelle? „Da hinten, nach dem Deutschen Eck. Und ich wollte sehen, dass ich fehlerfrei bleibe.“ Was hat der Trainer kurz vor dem Start gesagt? „Du darfst nicht so aggressiv sein. Schnell bist du ja, du musst einfach nur fehlerfrei bleiben.“ Jetzt aber raus aus dem Overall. Die Sonne heizt schon am Morgen die Rennstrecke auf. Den blauen Overall des Drittklässlers hat der Großvater gesponsert, er führt ein Autohaus. Und er hat seinem Enkel einen teuren Arai-Helm geschenkt. Nicht jeden begleiten derart günstige Umstände in seiner Rennkarriere. Enrico Rennos Mutter lächelt. Sie weiß, ihr Sohn ist erst ansprechbar, wenn das Rennen vorbei ist. Zweimal ist der Elfjährige fehlerfrei geblieben, jedoch: „Nicht so richtig zufrieden“, sagt der Oberotterbacher, der das Oberteil seines in Schwarz gehaltenen Overalls schon geöffnet hat. „Ich war ein bisschen zu langsam. Auf Sicherheit aus.“ Beim nächsten Start am Sonntag in Kirchheimbolanden wird der Schützling von Marco Moser beim ADAC-Ortsclub Bad Bergzabern wieder sein Bestes geben. Wie Nils Hammer aus Völkersweiler, gestern Sechster, Tobias Winkelmann (8.), Elian Kühn (9.) und Larissa Avantzo (10.) aus Landau. Mit dem 13. Lauf wird die diesjährige Serie am 19. Juli in Bad Bergzabern enden.

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