Lokalsport Südpfalz Hilfsaktion: „Hauptsache Tomaten“ – Was Schwimmer auf Einkaufstour erleben
„Während die Entscheidungsträger in der Südpfalz noch unschlüssig sind, ob und – wenn ja – wann die Schwimmbäder öffnen, suchen meine Schwimmer nach Arbeit, offensichtlich ist Facebook bei Senioren nur bedingt erfolgreich.“ Das meldete gestern Klaus Janson, der Trainer und zweite TVB-Vorsitzende, in dessen Garten sich Athleten seit dieser Woche zum gemeinsamen Krafttraining treffen. Endlich wieder ein Gruppengefühl. Die Einkaufshilfsaktion ist auch so ein Gemeinschaftsding.
Engel, die Rekordschwimmerin des Vereins, bekam am 23. März ihren ersten Auftrag. Es läuft über das Haus der Familie, die Einkaufswünsche an den Oberotterbacher Eckelmann weiterleitet. Der weiß, wo die Schwimmer zu Hause sind, wer jeweils infrage kommt, den Auftrag zu bearbeiten. Weil die Schule am Anfang ausfiel, konnte das fix erledigt werden. Extrawünsche? Gerne. Medikamente auf Rezept in der Apotheke holen: klar. „Grundsätzlich dürfen die Leute ihren Supermarkt wählen“, erzählt Eckelmann. Seinem Gefühl nach gab’s die meisten Bestellungen in Bergzabern, dann in Schweigen-Rechtenbach und Oberotterbach. Für Großeinkäufe kommen Mitstreiter in Betracht, die den Führerschein und ein Auto zur Verfügung haben.
Cappuccino-Pulver, weniger süß
Inzwischen haben die jungen Leute wieder Schule. Eckelmann geht in die Internationale Schule Neustadt. Morgens drei Stunden Unterricht, mittags drei Stunden, am Nachmittag zwei. Mit Händedesinfizieren und Maske. Er möchte später am liebsten in England studieren. Engel und Seutemann sind im Grosser-Gymnasium. Abwechselnd eine Woche Unterricht in der Schule, eine Woche Online-Unterricht.
Salatgurke, vier Äpfel, vier kleine Bananen. Eine Dose Cappuccino-Pulver, weniger süß. Einen halben Liter Buttermilch, einen Becher Rote Grütze Erdbeere/Rhabarber, einmal Delikatesssenf von Thomy ... Engel hat die Bestellung noch, die eine Dame aufgab. Seutemann erledigte seinen größten Auftrag mit Unterstützung seiner Mutter. Der sei ein bisschen stressig gewesen. Manche Bestellungen sind allgemein gehalten. Käse! Welchen nehmen? Dann wird es wieder präzise: Datteltomaten. Die waren ausverkauft, erzählt Seutemann. Er hat das getan, was wohl jeder getan hätte, hat andere Tomaten genommen. „Hauptsache Tomaten“, habe seine Auftraggeberin gemeint.
Schokolade, Trinkgeld oder nichts
Die jungen Leute wollen es so perfekt wie möglich erledigen. Sie stehen in Fluren und vor Türen und treffen Menschen, denen sie vielleicht nie begegnet wären. „Wir sind höflich, dann sind die Leute auch höflich“, sagt Seutemann, der für Smalltalk zu haben ist: „Ich kann gut mit alten Menschen.“ Im Schnitt seien die Auftraggeber etwa 60, erzählt Eckelmann. Mit Flyern, die sie in Supermärkten verteilten, hatten die jungen Leute auf ihre Aktion aufmerksam gemacht.
Seine Erfahrung: Die Leute freuen sich. Manche bieten Schokolade an, andere geben ein Zwei-Euro-Stück oder noch mehr Trinkgeld oder nichts. Eine ältere Dame habe den Kassenzettel ruckzuck verlegt und habe dann ein paarmal bezahlen wollen. Die Schwimmer begegnen auch armen Menschen und legen einen Euro aus, wenn das Geld nicht reicht. Manches wirkt befremdlich auf sie, manches erregt ihr Mitleid. „Gleichzeitig fühlt man sich gut“, sagt Engel. Beschwerden? Gab es nicht, sagt Seutemann.
Zur Sache: Der Einkaufsdienst
Das Seniorenbüro „Rat & Tat“ in Bad Bergzabern nimmt unter Telefon 06343 61 00 680 Einkaufswünsche entgegen. Eingekauft wird im Markt der Wahl, die Einkäufer treten finanziell in Vorlage. Die Lieferung wird per Anruf angekündigt.