Lokalsport Südpfalz Der Dreh mit Hirokazu Yagi und Anton Innauer

Manfred Deckert, Medaillengewinner bei den Olympischen Winterspielen 1980, vor Schülern der IGS.
Manfred Deckert, Medaillengewinner bei den Olympischen Winterspielen 1980, vor Schülern der IGS.

«LANDAU.» Er war 1980 Olympia-Zweiter und im Jahr darauf Gewinner der Vierschanzentournee. Am Donnerstag durften sich Sechstklässler der IGS Landau über einen interessanten Gast freuen: Manfred Deckert plauderte aus dem Nähkästchen eines Spitzensportlers und zeigte Bilder aus alten Zeiten.

Zum Abschluss der Tiwo, der Themen-Intensiv-Woche an der IGS, brachte Lehrerin Anke Wagner den heutigen Kommunalpolitiker nach Landau. „Die Liebe“ habe ihn die Pfalz geführt, erzählt der in Halle geborene Manfred Deckert. „Und die Freundin der Liebe ist hier Lehrerin.“ In der Themenwoche „Gesund leben – aber wie?“ sprachen die Schüler über Sport, Bewegung und Gesundheit. Und weil in Pyeongchang die Olympischen Winterspiele in vollem Gange sind, bot es sich an, einen ehemaligen Medaillengewinner ein wenig plaudern zu lassen. Da beide Elternteile Lehrer waren, verschlug es den 1961 geborenen Deckert früh nach Johanngeorgenstadt im Erzgebirge. In seinem Heimatverein SC Dynamo Klingenthal steigt er schon mit vier, fünf Jahren auf die Skier. Deckert gewinnt früh Kreis- und Jugendmeisterschaften und empfiehlt sich mit 14 Jahren für das Sportinternat. „Das war eine sehr schwierige Zeit für mich. Wir durften nur alle drei Wochen für ein verlängertes Wochenende nach Hause“, erzählt er. Vorher noch in der Nordischen Kombination unterwegs, konzentrierte sich der „Flugschlauch“, wie er von allen aufgrund seiner kleinen Statur – Deckert war damals gerade mal 1,48 Meter groß und 38 Kilogramm leicht – genannt wurde, aufs Skispringen. „Nach dem Springen hatte ich immer einen großen Vorsprung , den ich dann aber beim Skilaufen verloren hab’. Auf der Strecke habe ich immer nur geträumt“, sagt Deckert und lacht. Das Skispringen war damals noch abenteuerlich: Mit Bommelmütze und einem Fluganzug, der auf der Vorderseite aus Stoff und auf der Rückseite aus Gummi bestand, um die Luft zu stauen und weit gleiten zu können, wagte sich Deckert auf die Schanzen. Mit 15 Jahren hatte er seinen ersten 100-Meter-Flug. Ein Meilenstein für den Skispringer, der kurz darauf auch seine ersten internationalen Wettkämpfen in der Sowjetunion hatte. Mit 17 Jahren ging es für den DDR-Sportler erstmals zur Junioren-WM in Quebec, Kanada, wo er den sechsten Platz erreichte. „Plötzlich durften wir als Sportler aus der DDR in die große Welt hinaus“, erinnert sich Deckert. Im Folgejahr wurde er Zweiter bei den DDR-Meisterschaften. Das Ticket für die Olympischen Spiele in Lake Placid, USA, war gebucht. „Jeder träumt davon, irgendwann einmal bei Olympia dabei zu sein“, sagt Deckert. Für den damals 18-Jährigen erfüllte sich dann auch noch der Traum von einer Medaille. Punktgleich mit dem Japaner Hirokazu Yagi holte er Silber auf der 70-Meter-Schanze, der Österreicher und heutige ZDF-Experte Anton „Toni“ Innauer sprang zu Gold. Besonders stolz machte Deckert die Genossen in der Heimat durch ein kurioses Siegerfoto: Als die Pressefotografen die drei Athleten dazu aufforderten, etwas zusammenzurutschen, stieg Deckert, der sich bis dahin mit dem Japaner Podestplatz 2 teilte, eine Stufe höher, während Innauer auf Platz 3 auswich. „Da haben sie es den Kapitalisten gezeigt“, freuten sich die Politiker nach Deckerts Rückkehr in die DDR, wie er erzählt. Zumindest auf dem Siegerfoto sah Deckert wie der Sieger aus. Übrigens: Seine Medaille verkaufte er für 10.000 Euro und spendete das Geld an die Kindergärten in seiner Gemeinde Auerbach, wo er seit 2008 Oberbürgermeister ist. Zu Hause als Held gefeiert, kam er nach dem Gewinn der Vierschanzen-tournee 1981/82 und einem Sturz mit neuen Skischuhen aus „einheimischer Produktion“ nie wieder richtig in Form – zumindest sahen das die Offiziellen so, die ihn trotz des Gewinns der DDR-Meisterschaft 1987 nicht mehr für die WM nominierten. „Plötzlich waren alle Freunde wieder weg.“ Mit 175 Meter wurde sein weitester Flug gemessen, der Weltrekord lag zu dieser Zeit bei 181 Meter. Der heutige Weltrekord von Stefan Kraft liegt bei 253,5 Meter. 1986 erfand der Schwede Jan Boklöv eher zufällig den V-Flug, eine neue Technik, die neue Weiten für die Springer ermöglichte. 1988 beendete Deckert seine Karriere. Heute spielt er nebenher Fußball als Torwart. „Da muss man nicht viel laufen“, sagte das ehemalige Ski-Ass mit einem Augenzwinkern.

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