Kreis Südliche Weinstraße Prozess um Messerstiche in Maikammer: Streit um Putzplan und Ruhezeiten

In dem rötlichen Haus in Maikammer kam es zu den Messerstichen, die glücklicherweise nicht tödlich waren.
In dem rötlichen Haus in Maikammer kam es zu den Messerstichen, die glücklicherweise nicht tödlich waren.

In einem Wohnheim in Maikammer wird ein Iraner von einem Landsmann mit Messerstichen verletzt. Der mutmaßliche Täter bittet sein Opfer, die Polizei nicht einzuschalten: Ein Fall, der gerade vor dem Landgericht Landau verhandelt wird. Für Freitag werden die Plädoyers erwartet.

Mit Messerstichen endete im Frühjahr dieses Jahres in einem Wohnheim in Maikammer eine Auseinandersetzung zwischen zwei jungen Männern, die aus dem Iran stammen. Grund für den Streit war offenbar die laxe Handhabung des eigentlich vorgegebenen Putzplanes in der Wohngemeinschaft oder aber auch mangelnde Rücksichtnahme auf das Ruhebedürfnis des Angeklagten, der aus beruflichen Gründen sehr früh aufstehen musste.

Mehrfacher Streit im Wohnheim

Um Licht in das Tatgeschehen zu bringen, wurde das Opfer am Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, vor der Ersten Großen Strafkammer lange vernommen. Der junge Mann, der durch mehrere Stiche mit einem Taschenmesser in Arm und Oberkörper verletzt wurde, stammt wie der Angeklagte aus einer Provinz im Iran. Wie dieser verließ er seine Heimat, weil die religiös bedingten Einschränkungen der Freiheit ihm das Leben unerträglich machten. 2015 kam er nach Deutschland, sechs Wochen nach dem Angeklagten bezog er ein Zimmer in Maikammer in einer für Iraner vorgesehenen Unterkunft. Besonders gut verstanden hatten sie sich wohl nicht, es gab öfter Streit über die Regeln des Zusammenlebens, was das Putzen oder die Einhaltung von Ruhezeiten betraf. Er habe sich, so der 35-Jährige vor Gericht, um eine Ausbildung bemüht und deshalb zunächst intensiv Deutsch gelernt. Nach der Verletzung habe er viele Wochen gebraucht, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, nichts sei mehr wie vorher. Therapeutische Hilfe habe er aber nicht in Anspruch genommen.

Bitte des Angeklagten

Er berichtete vor dem Landgericht, der Angeklagte habe ihn kurz nach Mitternacht durch lautes Klopfen geweckt und herausgerufen. Sein Mitbewohner habe deutlich nach Alkohol gerochen und ihm Vorhaltungen gemacht, die völlig grundlos gewesen seien. Als er ihn habe abwehren wollen – dabei habe er ihn möglicherweise auch am Hals gepackt –, sei er mit Messerstichen attackiert worden. Zwei Mitbewohner hätten den Angeklagten weggezogen und in dessen Zimmer gebracht. Er selbst sei in sein Zimmer geflüchtet und habe die Polizei angerufen. Dann sei der Angeklagte zu ihm gekommen, habe sich entschuldigt und ihn gebeten, nicht die Polizei zu informieren. Falls sie doch käme, solle er doch sagen, er sei vom Baum gefallen. Der Vorsitzende Richter machte den Zeugen darauf aufmerksam, dass er bei seiner Vernehmung durch die Polizei zum Teil ganz andere Angaben gemacht habe. Das schob der Mann auf seine damalige Erschöpfung; vielleicht habe der Dolmetscher auch falsch übersetzt. Auch heute könne er sich auf Grund der Dauer der Befragung kaum noch konzentrieren.

Widerstandslose Festnahme

Nicht ganz unproblematisch verlief die Befragung eines weiteren Mitbewohners, der ebenfalls aus dem Iran stammt. Dessen Bemühungen, dem Angeklagten zu helfen, waren für jeden Zuhörer sehr offensichtlich. So bat selbst der Verteidiger des Angeklagten den Vorsitzenden Richter, den Zeugen an seine Wahrheitspflicht zu erinnern. Dieser hatte angegeben, der Angeklagte habe vor der Tat Whisky getrunken und auf dem Weg zum Bad geschwankt. Außerdem habe er nur die verbale Auseinandersetzung gehört, die Messerattacke nicht gesehen. Das mochte die Erste Große Strafkammer ihm so nicht abnehmen, zu lebensfremd sei diese Version. Die Kammer befragte auch die Polizeibeamten, die am Tattag zuerst vor Ort waren. Diese berichteten, der Angeklagte habe sich widerstandslos festnehmen lassen, ein Motiv für die Tat habe sich aus den ersten Befragungen nicht ergeben. Möglich seien aber „häusliche“ Probleme in der Wohngemeinschaft. Die Verhandlung wird am Donnerstag um 9 Uhr fortgesetzt mit der Anhörung von weiteren Zeugen und von Sachverständigen.

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