Kusel Unternehmen aus Landkreis Kusel fürchten harten Brexit

Am Standort der britischen Tochtergesellschaft der Bito-Lagertechnik Bittmann GmbH arbeiten 25 Mitarbeiter. Auch nach dem Brexit
Am Standort der britischen Tochtergesellschaft der Bito-Lagertechnik Bittmann GmbH arbeiten 25 Mitarbeiter. Auch nach dem Brexit will Bito voll hinter der britischen Tochtergesellschaft stehen und alle möglichen Maßnahmen ergreifen, damit das Geschäft profitabel bleibt.

Fünf Monate vor dem Brexit-Termin wird das Fehlen eines Abkommens über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) von Unternehmen im Kreis Kusel mit Sorge registriert. Die Brexit-Verhandlungen zwischen Brüssel und London stecken seit Wochen in einer Sackgasse. Die Landesvereinigung der rheinland-pfälzischen Unternehmerverbände warnt vor den Folgen eines harten Brexits.

Großbritannien, das vor 45 Jahren der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) beigetreten war, wird Ende März 2019 aus der EU ausscheiden. In einem Referendum stimmten im Juni 2016 knapp 52 Prozent der Briten dafür. Die Brexit-Gespräche über eine einvernehmliche Trennung des Königreichs von der EU sind zuletzt immer wieder ins Stocken geraten. Ende November will das britische Unterhaus über den Brexit-Deal entscheiden. Falls die Austrittsverhandlungen scheitern, was einen ungeordneten, sogenannten harten Brexit zur Folge hätte, sind die Konsequenzen aus Sicht der Bito-Unternehmensgruppe (Meisenheim/Lauterecken) noch nicht absehbar. Großbritannien würde auf den Status eines Drittlandes fallen. Dies dürfte auch die Bito-Geschäfte betreffen, argumentiert das Logistikunternehmen, das eine Tochtergesellschaft in Großbritannien hat. „Wir hoffen immer noch auf einen geordneten Austritt.“

Werden Einfuhrzölle erhoben?

Eine Prognose über die künftige Entwicklung des Handels mit Großbritannien sei derzeit schwierig, heißt es bei Bito. Denn wegen der unsicheren Rahmenbedingungen sei offen, ob Einfuhrzölle erhoben würden oder nicht. Zudem sei die Kursentwicklung des britischen Pfundes nicht absehbar – ein nicht unerhebliches Währungsrisiko. Im Falle eines geordneten Brexits, der das Vorliegen eines Austrittsabkommens in wenigen Wochen voraussetzt, seien die Konsequenzen überschaubar, da es dann eine Übergangsphase bis Ende 2020 geben werde. Über die britische Tochtergesellschaft verfolge Bito intensiv die Entwicklung, um gewappnet zu sein, lässt das Unternehmen wissen. Die Bito-Lagertechnik Bittmann GmbH mit Stammsitz Meisenheim ist ein international tätiger Hersteller von Regal-, Behälter- und Transportsystemen. Im mittelenglischen Nuneaton unweit Birmingham hat Bito eine Tochtergesellschaft.

Hoffnung auf vernünftige Lösung

Nicht direkt betroffen vom Brexit ist die SBN Wälzlager GmbH. Das Technologieunternehmen in Schönenberg-Kübelberg hat kein nennenswertes Geschäft mit Großbritannien, sagt Unternehmensgründer Wolfgang Hutzel. Allerdings machten einige SBN-Kunden Geschäfte mit britischen Firmen. Hutzel: „Wie wir von dort hören, werden alle möglichen Alternativen diskutiert, damit die Folgen des Brexits einigermaßen kalkulierbar bleiben.“ Dabei werde auch die Hoffnung geäußert, dass es zu einer vernünftigen Lösung oder einer neuerlichen Abstimmung mit einem Ergebnis pro EU kommen werde. Die Landesvereinigung Unternehmerverbände (LVU) verweist auf den Stellenwert Großbritanniens für rheinland-pfälzische Exporte. 2017 hätten Unternehmen aus dem Land Güter und Waren im Wert von 3,5 Milliarden Euro in das Vereinigte Königreich geliefert, das damit bei den Exportmärkten an vierter Stelle rangiere. „Es steht also viel auf dem Spiel. In jedem Fall würde ein harter Brexit Bremsspuren in unserem Bruttoinlandsprodukt hinterlassen“, sagt LVU-Präsident Gerhard F. Braun auf Anfrage. In Großbritannien würde ein harter Brexit vermutlich zu einem richtigen Einbruch führen, fürchtet er: „Daher befremdet mich, wie die britische Politik mit dem Thema umgeht.“

"Eine große Katastrophe für unser Land"

Bei einem harten Brexit ohne Abkommen würden die Handelsbeziehungen auf den Status von Nigeria zurückfallen, warnt der LVU-Chef, der bis vor wenigen Jahren geschäftsführender Gesellschafter der KOB-Gruppe Wolfstein war. Zölle zwischen der EU und Großbritannien wären die direkte Folge, wodurch sich Waren deutscher Unternehmen verteuerten und an Wettbewerbsfähigkeit verlören. Zudem würden Grenzkontrollen und Zölle die komplexen Wertschöpfungsketten über Ländergrenzen hinweg stören. Denn aktuell seien die Industrien über Vorleistungen und Zulieferungen eng verflochten, argumentiert Braun und verweist auf das Beispiel des Autoherstellers BMW. Dessen Modell Mini werde mit Zulieferteilen aus der EU in Großbritannien gebaut und europaweit verkauft. Auf den Austritt Großbritanniens aus der EU müssen sich der Unternehmervereinigung zufolge vor allem Firmen vorbereiten, die britische Tochtergesellschaften haben oder in Wertschöpfungsketten eingebunden sind. Auch hinsichtlich der Beschäftigung britischer Bürger in der EU seien noch viele Fragen offen. „Das Ganze ist schlicht und einfach eine große Katastrophe für unser Land, die EU, aber vor allem für Großbritannien selbst“, so Braun.

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