Kreis Kusel In Erinnerungen schwelgen

Eine Frau ohne Allüren und auf Augenhöhe mit dem Kuseler Publikum: Vicky Leandros.
Eine Frau ohne Allüren und auf Augenhöhe mit dem Kuseler Publikum: Vicky Leandros.

Einblick in die Sternstunden einer Ausnahmekarriere erlebten am Freitagabend mehr als 600 Besucher in der ausverkauften Fritz-Wunderlich-Halle. Auf ihrer Tournee „Das Leben und ich“ machte Gesangsikone Vicky Leandros in Kusel Station, wo sie von ihren Anhängern begeistert gefeiert wurde.

Erst war nur ihre Stimme zu hören, Sekunden später aufbrausender Applaus, dann stand sie da, mitten auf der Bühne: Vicky Leandros, ein Weltstar, authentisch, ohne jegliche Starallüren. Mit 65 Jahren ist sie immer noch eine schöne Frau, eine Dame voller Noblesse, mondän und mit einer unglaublichen Ausstrahlung. Fein, leise und stilvoll begrüßt sie ihre große Fangemeinde, plaudert von ihrem 50. Bühnenjubiläum, das sie im vergangenen Jahr mit einer großen Konzerttournee gefeiert habe. Spricht von peinlichen Augenblicken. Dennoch gab und gebe es immer zwei Konstanten, die ihr im Leben wichtig seien: „Das ist meine Familie, sind meine Kinder und Enkelkinder und die zweite Konstante ist meine Musik.“ Mit „Ich bin wie ich bin“ aus ihrem gleichnamigen Album, eröffnete die zierliche Sängerin ihren weit über zwei Stunden dauernden, kurzweiligen Konzertabend. Gerade noch den Refrain mitsingend, schwelgten einige Takte später ihre meist gleichaltrigen Anhänger in Erinnerungen und lauschten den Klängen der von Leandros bereits mit 14 Jahren gesungenen Ballade „N’y pense plus tout est bien“. Einfach nur zum Träumen schön, „On était jeunes et l’on croyait au ciel“ (Wir waren jung und glaubten an den Himmel) und „Le temps de fleurs“. Mit den beiden Liedern aus ihrem ersten Album „Songs und Folklore“ begann, wie Vicky Leandros verriet, ihre Karriere in französischer Sprache.

Auch die großen Erfolge fehlen nicht

Natürlich durften an diesem Abend ihre großen Erfolge nicht fehlen, mit denen sie als Teenager für Luxemburg mit „L’amour est bleu“ im Jahr 1967 den vierten Platz des Grand Prix Eurovision de la Chanson errang, und fünf Jahre später erklomm sie gar mit dem Titel „Aprés toi“ den Eurovision-Olymp. Ausgerechnet in der ehrwürdigen Londoner „Royal Albert Hall“ verpatzte Vicky Leandros ihren Einsatz, vergaß Melodie und Text, wie sie mit einem Lächeln dem Publikum gestand. Gottlob rief ihr damals der Dirigent „Fire and Rain“ ins Ohr. Diesmal, im Duett mit Bandleader Bo Heart gesungen, mündete der Rocksong in einen schallenden Beifall der Zuhörer. Pianist Bo Heart war es auch, der mit einprägsamer Soulstimme mit Vicky Leandros „Möge der Himmel“ von Xavier Naidoos sang.

Mit Mikrofon und Helfer im Schlepptau

„Mögen Sie Karaoke?“, eine Sekunde zögerten die Besucher und prompt kam die Antwort von Leandros: „Sagen Sie doch einfach ja!“ Dann die erste Chorprobe: „L’amour est bleu“, diesmal in Deutsch „Blau, blau so wie das Meer...“. Mit dem Mikrofon und einem Helfer im Schlepptau – er hielt den auf einer Leinwand geschriebenen Text hoch – ging’s durch die Besucherreihen, wo einige Kandidaten Vicky Leandros staunen ließen: Eine dieser Karaoke-Stars war Josefine Glas aus Hüffler, die für ihre beherzte Gesangseinlage neben den anerkennenden Worten des Weltstars auch tobenden Applaus für ihre nicht zum Einsatz gekommenen Mitstreiter erhielt. Amüsant auch Vicky Leandros’ privater Einblick in den weinseligen Nachmittagsbesuch bei Mikis Theodorakis, dem wohl bekanntesten griechischen Komponisten der Gegenwart. Mit ihm habe sie zu vorgerückter Stunde sein „To Perigali“ angestimmt, ein wunderschönes Lied, das durch Milva berühmt wurde. Begleitet von Lothar Atwell an der Flöte und einem summenden 600-stimmigen Chor eröffnete Vicky Leandros ihr griechisches Medley. Voller Leidenschaft und Enthusiasmus ging’s mit „To fegari ine kokino“ in die Pause.

Mehrere Zugaben

In der zweiten Konzerthälfte gab es eine kleine Lebensbeichte aus dem Jahr 1997 „Ich fange ohne dich neu an“. Eine andere Geschichte war die von „Valentino“, der leider nicht für sie, sondern für einen schönen Jüngling seine Geige weinen ließ. Alle Register ihres Könnens, obwohl sichtlich durch eine Erkältung angeschlagen, zog sie mit Hits wie „Grüße an Sahra“, „Die Bouzouki klang durch die Sommernacht“ oder dem „Tango d’Amour“. Begleitet wurde die Ikone der europäischen Unterhaltung von den Spitzenmusikern Bo Heart, Lothar Atwell und Johannes Wennrich. Bevor die Scheinwerfer erloschen, brach „Theo“ dann doch noch nach Lodz auf, den Vicky Leandros a cappella mit Unterstützung der vielen Fans, die sich mittlerweile nicht mehr auf den Stühlen hielten, zum Besten gab. Das Konzert endete nach mehreren Zugaben mit Leonard Cohens aufwühlendem und in einen frenetischen Applaus mündenden „Hallelujah“.

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