Kreis Südwestpfalz Wunderschön nutzlos

Wer durch Martinshöhe fährt und zur Seite schaut, entdeckt sie an der Hausfassade der Bäckerei Sprengard: die große, blanke Backofentür. Wunderschön, aber jeglicher Funktion enthoben, hängt hier das Relikt einer alten Bäckerdynastie.

Vermutlich hat die in den Nachkriegsjahren vom Ramsteiner Ofenbauer Friedrich Mossmann gefertigte gusseiserne Ofenklappentür in der aktiven Zeit nicht ganz so schön geglänzt, wie sie es heute tut, vier Jahrzehnte nach der Außerdienststellung. Dafür war sie ab 1950 wichtig für die Versorgung der Bevölkerung. Kein Laib, kein Brötchen und kein Kuchen entkam dem gemauerten Backofen im Hause Sprengard, wenn nicht der Bäcker wenigstens eine der beiden Klappen öffnete. So war das. Das Haus in der Zweibrücker Straße, an dessen Fassade die Ofentür heute hängt, wurde im Jahr 1930 von Maria und Emil Sprengard errichtet. Damals nannte sich die Straße noch Hauptstraße. Eine Bäckerei gab es zumindest an diesem Standort noch nicht. Das Ehepaar Sprengard − die erste Generation eines bis heute erfolgreichen Familienbetriebs − legte zunächst mit einem kleinen Lebensmittel- und Kolonialwarenladen den Grundstein für das, was bis heute Martinshöhe und die umliegenden Dörfer bereichert. Mit der Generation Nr. 2, Bäckermeister Karl I. Sprengard und seiner Frau Gertrud, kamen dann 1950 die Backstube und ein gemauerter Backofen ins Haus. Ihn verschloss fortan die zweiteilige, fast eine halbe Tonne schwere Ofentür. Mit viel körperlichem Einsatz, Handarbeit und damals schon mit Liebe zum Brot, wurde 1955 neben der kleinen Bäckerei, der Ladenbereich mit Lebensmitteln der bekannten Firma Edelstolz ausgebaut. Ein erstes Bäckerauto wurde angeschafft, um Kundschaft in umliegenden Ortschaften mit Brot zu versorgen. Erst war aber mächtig viel Energie in Form fester Brikett-Brennstoffe zum Befeuern des Backofens notwendig, bevor das Brot fertig war. Dafür wärmte der Backofen gleich das ganze Haus und lieferte nebenbei noch warmes Wasser. Oben auf dem Ofen befand sich praktischerweise ein 200 Liter großer Wassertank. „Es war ein ganz anderes Backen. Der kaum isolierte Backofen war riesig, die Backfläche im Verhältnis dagegen klein“, erinnert sich Bäckermeister Karl II. Sprengard. Er und seine Frau Karin bilden die dritte Generation des Familienbetriebs. Die viele Energie, die kleine Backfläche brachten schließlich das Aus für den gemauerten Backsteinofen. Ein effizienteres Modell zog in den 1970er Jahren ein. Ein Schätzchen, das bis heute der vierten Generation − und damit dem dritten Bäckermeister − der Familie Daniel Sprengard gute Dienste leistet. „Da gehen von früh um 2.30 Uhr bis etwa gegen 11 Uhr täglich um die 200 Brote durch, plus Brötchen und Kuchen“, überschlägt der heutige Chef der Backstube, Daniel Sprengard, die Ofenleistung. „Unser Brot ist das Beste, deshalb war für mich immer klar, dass ich Bäcker werde“, muss Daniel Sprengard gar nicht lange überlegen, warum er die Tradition hochhält. Die Kundschaft in Martinshöhe und die mit drei Bäckerautos angefahrenen Ortschaften schließen den nun auch nicht mehr ganz taufrischen Ofen sicherlich in ihre Gebete mit ein. Früher gab es alleine in Martinshöhe vier Bäcker. Heute nur noch die Sprengards. Wobei in Martinshöhe niemand zum Bäcker Sprengard geht, dort gehen die Leute zu „Brendels“. Wo der Name allerdings herkommt, da muss selbst Vater Karl Sprengard passen: „Das wissen im Dorf nicht einmal die Ältesten.“

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