Kreis Südwestpfalz Keilförmig über Höhe und Tal

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Am Wochenende verfolgten zahlreiche Bewohner der Sickinger Höhe und des Schwarzbachtals den Durchzug der Kraniche. Mit ihrem kaum zu überhörenden Konzert, den typischen Trompetentönen, erweckten die Vögel Aufmerksamkeit. Schätzungen der Vogelfreunde und des Naturschutzbundes im Zweibrücker Land zufolge sind am Wochenende mindestens 4000 „Vögel des Glücks“ zu ihren Rastplätzen in Richtung Frankreich und Spanien geflogen.

Die Kraniche habe man dieses Jahr vergleichsweise spät gehört, berichten einiger Dorfbewohner. Viele glaubten schon, die großen Zugvögel seien unbemerkt über die Dörfer hinweggezogen. Über die Pfalz und durchs Moseltal ziehen die Kraniche meistens am späten Nachmittag oder in den Abendstunden, wenn kaum noch jemand außer Haus ist und zudem die Dunkelheit das Schauspiel am Himmel verhüllt. Am Sonntag hat jedoch Sabine Zimmer aus Battweiler beim Spaziergang vor der Dämmerung in der Dell mehrere meist ungeordnete Gruppen über Battweiler und die Pottschütthöhe hinwegziehen sehen. Vogelexperten des Naturschutzbundes aus Mecklenburg-Vorpommern berichten, dass riesige Pulks der großen Wasservögel im Nonstop-Flug nach Frankreich und Spanien unterwegs waren. Nur eine geringe Zahl habe in Niedersachsen und Hessen eine Zwischenrast eingelegt. Bis in die Extremadura in der Grenzregion Spaniens zu Portugal haben die im Norden gestarteten Vögel rund 2500 Kilometer zu ihrem Winterrastplatz zu fliegen. Eine gewaltige Aufgabe für die eleganten Gleiter der Lüfte. Der Hauptrastplatz in Frankreich am Lac du Der-Chantecoq ist rund 1000 Kilometer vom Ostseeküstenraum Vorpommerns entfernt. Der 5000 Hektar große See in Frankreich wurde als Hochwasserrückhaltebecken an der Marne angelegt, um Paris vor Überflutung zu schützen. Dort machen die Vögel eine Zwischenrast, bevor es weitergeht nach Südfrankreich und Spanien. Ende Oktober gingen die Zählungen dort von 130 000 rastenden Kranichen aus. Bei günstigem Flugwetter ohne störenden Gegenwind sollen die Kraniche eine Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern erreichen. Ihre V-Flugformation soll in der Luftströmung Kräfte sparen. An der Spitze des Zuges fliegt in der Regel ein kräftiger, erfahrener Vogel, der die Gruppe zusammenhält. Manchmal sieht man Schwärme auch in vermeintlicher Unordnung fliegen, was die Vögel aber wohl nutzen, um Höhe zu gewinnen, wenn sie in eine Zone aufsteigender Winde geraten sind. Es dauert dann nicht lange, bis sie wieder zur Keil-Formation finden. Bereits am Freitagnachmittag waren zahlreiche Ketten der großen Vögel unterwegs nach Frankreich. Patrick, Kerstin und Finn Burgard haben über Contwig in Richtung Zweibrücker Flughafen in kürzester Zeit mehr als 400 Kraniche gesehen. Die Wanderer des Pfälzerwald-Vereins Battweiler haben am Sonntag überm Stockbornerhof und dem Buchholz noch vor der Abenddämmerung die laut tönenden Vögel beobachten können. Das Szenario des Überfluges dauerte bis nach 20 Uhr, erst dann verstummte das immer wieder deutlich zu hörende Vogelkonzert. Schwappt die Kältewelle aus Skandinavien und den baltischen Staaten nach Norddeutschland, wird es unruhig auf den Rastplätzen um die Ostsee. Nun mahnt der Instinkt die Kraniche, die Region zügig zu verlassen. Die Zahl der Vögel schrumpft dann in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg innerhalb von drei bis vier Tagen auf unter 10 000. Meist sind die Futtervorräte auf den Mais- und Getreidefeldern bei Zingst, Stralsund, Rügen, der Müritz-Seenlandschaft und der Flusslandschaft des Havellandes um Potsdam dann fast aufgebraucht, sodass die Weiterreise ohnehin ansteht. |hac

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