Südwestpfalz Junge Pfälzer Störche brechen ins Ungewisse auf

Startbereit: Christians Storchenkinder-Trio.
Startbereit: Christians Storchenkinder-Trio.

Jetzt treten die Jungstörche ihre erste Flugreise nach Süden an. Kein Altstorch begleitet sie. Eine gefährliche Reise, bei der viele ihr Ziel nie erreichen werden.

Aus dem Hornbachtal, Schwarzbachtal und Wallhalbtal treten in diesen Tagen rund 300 Jungstörche ihren Weg ins Winterquartier an. Schon vor einigen Jahren hatte Dieter Götz vom Kirschbacherhof bei Dietrichingen festgestellt, dass regelmäßig um den „Saarländertag“ am 15. August der Abflug des Nachwuchses einsetzt. Regenstürme, Gewitterhagel, Nebel und schlechte Aufwinde können den Reiseweg zu einem Irrweg für das unerfahrene Federvieh machen. Das hat mitunter enorme Verluste unter den Jungstörchen zur Folge.

Die immer genaueren Forschungsergebnisse des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) und der Vogelfachleute der Vogelwarten haben ergeben, dass nur knapp über zehn Prozent der Jungvögel das ferne Afrika, Spanien, Portugal oder Südfrankreich erreichen. Diese enormen Verluste erfolgen in den beiden ersten Lebensjahren. Zu den Ursachen gehören Unglücksfälle an ungesicherten Stromleitungen, Vergiftungen bei der Futtersuche auf Mülldeponien, Bejagung der Großvögel, Einsatz gefährlicher Umweltgifte in anderen Ländern sowie Dürren im Zielgebiet, die zu einer ungenügenden Versorgung der Störche mit Nahrung führen.

GPS-Daten via Satellit

Die Beringung der Störche sowie deren Ausstattung mit einem etwa 40 Gramm leichten Solarsender helfen dabei, den genauen Reiseweg und gegebenenfalls die Todesursachen besser aufzuklären. Die Sender speichern GPS-Koordinaten und übertragen diese stündlich an einen Satelliten. Von dort gehen die Daten an die jeweiligen Vogelwarten beziehungsweise ans Storchenzentrum in Bornheim bei Landau. Es gibt auch Internet-Angebote, mit denen man den Reiseweg seiner besenderten Störche aus der Region mitverfolgen kann.

Der Storchennachwuchs im Schwarzbachtal bei der gemeinsamen Futtersuche vor dem Abflug.
Der Storchennachwuchs im Schwarzbachtal bei der gemeinsamen Futtersuche vor dem Abflug.

Die hiesigen Störche aus der Pfalz nehmen die sogenannte Westroute durchs Rhônetal nach Südfrankreich über Spanien, die Meerenge von Gibraltar und die Sahara, bis sie Südwestafrika erreichen. Länder wie Niger, Mauretanien. Mali, Burkina Faso und Senegal sind ihre Zielorte. Die sogenannten Ostzieher fliegen hingegen über die Türkei und den Nahen Osten, entlang des Nils bis in ihre ost- und südafrikanischen Bestimmungsorte. Diese Route gilt für Störche als die gefährlichere.

Sie fliegen bis zu 500 Kilometer am Tag

Für die Langschnäbel muss nicht nur beim Abflug ein günstiger warmer Aufwind herrschen, mit dem sie immer höher steigen können, um als Segelflieger möglichst wenig Kraft beim Flug aufwenden zu müssen. So können sie bei guter natürlicher Unterstützung 250 Kilometer und bei idealer Windströmung bis zu 500 Kilometer am Tag zurücklegen. Die richtigen Aufwinde gibt es nur über dem Festland, nicht aber über dem Meer oder Seen. Deshalb müssen die Störche den Weg über die Meerenge von Gibraltar und den Bosporus nehmen.

Der Nahrungsmangel, der in unseren Breiten im Spätherbst und Winter herrscht, macht viele unserer Sommergäste zu Zugvögeln. Die Biologen vom Max-Planck-Institut an der Vogelwarte Radolfzell haben herausgefunden, dass Jungstörche mit einem zu hohen Anteil an Ruderflug, also häufigen Flügeleinsatz, nur bis Spanien fliegen. Die eleganten Segler sparen Kräfte und ziehen darum bis nach Afrika.

„Senderstorch“ Christian thront über dem Kirschbacherhof.
»Senderstorch« Christian thront über dem Kirschbacherhof.

Die Storcheneltern ziehen etwa zwei Wochen nach den Jungen gen Süden. Sie nutzen diese Zeit, um sich von der anstrengenden Umsorgung ihres Nachwuchses zu erholen. Manchmal treffen sie ihre bummelnde Jungen noch unterwegs auf der Reise.

Jetzt ist klar: Storch Christian hat Nachwuchs

Entgegen einer Mitteilung des Storchenzentrums Rheinland-Pfalz in Bornheim hat der südwestpfälzische „Senderstorch“ Christian Nachwuchs aufgezogen. Unser Fotograf hat ihn an seinem Nest auf der Rückseite des Wohngebäudes auf dem Kirschbacherhof gesichtet. Er hat drei Storchenbabys in seinem Nest aufgezogen. Das Teleobjektiv der Kamera hat die eindeutige Ablesung des Ringes AN444 ermöglicht. Außerdem zeigte die Telemetrie exakt an, dass der Storch auf der Rückseite des Wohnhauses zur Hofkapelle hin brütet.

Pirmin, der 2016 mit seinem Bruder Christian zusammen auf dem Kirschbacherhof besendert wurde, hatte seinen Nachwuchs im Schlossgarten von Geispolsheim an der Elsässischen Weinstraße. Zwei Jahre nach der Besenderung hat sich ergeben, dass die Bewohnerin in Frankreich eine „Pirmine“ ist. Diese hatte in den beiden vergangenen Jahren im Elsass überwintert. Christian hat zwei Jahre in der Umgebung von Girona an der spanischen Costa Brava überwintert.

Die Technik des Segelflugs spart auf dem Flug nach Süden viel Kraft.
Die Technik des Segelflugs spart auf dem Flug nach Süden viel Kraft.

Senderstorch Hans hat 2018 einen Solarsender auf dem Kirschbacherhof erhalten. Im Oktober 2020 war der Funkkontakt unterbrochen. Bilder aus dem vergangenen Jahr auf dem Hitscherhof zeigten, dass der Storch seinen Sender verloren hat. Seine Ringnummer A1R66 gab die Information, dass er noch am Leben ist. Solche Beispiele zeigen, welch wertvolle Hilfe die Ringe sind: Diese kann ein Storch niemals verlieren.

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