Kreis Südwestpfalz Jäger wollen gegen neuen Jagdpächter protestieren

Dass Großsteinhausen im Oktober den Gemeindewald für zehn Jahre an die Firma Schmitz-Forstservice aus Ormont in der Eifel verpachtet hat (wir berichteten am 18. Oktober), sorgt für Ärger: Nach dem Willen des neuen Jagdpächters, der für die Firma arbeitet, soll auch die Jagd im Revier professioneller werden. Das kommt nicht bei allen Jägern in der Umgebung gut an. Außerdem geht es um die Frage, ob Großsteinhausen weiterhin 3000 Euro an den Forst für die Aufsicht zahlen muss.

Dass eine Gemeinde ihren Wald an ein Unternehmen verpachtet, ist ungewöhnlich, und Großsteinhausen betritt hier Neuland. Normalerweise kümmert sich das Forstamt um die Bewirtschaftung des Waldes. Durch die Verpachtung erhofft sich die Gemeinde deutlich höhere Einnahmen. Außerdem gibt es Planungssicherheit: Während die Einnahmen der Gemeinde im Forstwirtschaftsplan von Jahr zu Jahr schwanken, bleibt der Pachtzins, den die Firma aus der Eifel zahlt, gleich. „Ein weiterer wichtiger Motivationsgrund für die Gemeinde Großsteinhausen war eine gesicherte, flexible Versorgung der Bevölkerung mit Brennholz, auch in kleineren Mengen“, schreibt Schmitz-Forstservice auf seiner Internetseite. Großsteinhausen wollte von dem „Schwarze-Null-Konzept“ der Forstverwaltung weg. Bürgermeister Volker Schmitt betont, dass die Entscheidung im Rat einstimmig getroffen wurde. „Wir sind der erste Gemeindewald, der nicht von Landesforsten Rheinland-Pfalz bewirtschaftet wird“, sagt er. Laut Landeswaldgesetz habe das Forstamt Westrich als untere Forstbehörde aber weiterhin die fachforstliche Aufsicht. Für die Revierdienstkosten soll Großsteinhausen weiterhin 3000 Euro zahlen. Für Schmitt gehört die Kontrolle jedoch zu den hoheitlichen Aufgaben der Forstbehörde, und „die sind laut Bundeswaldgesetz kostenfrei“. Schmitz-Forstservice hat den Waldpachtvertrag wegen dieser Frage um ein außerordentliches Kündigungsrecht erweitert. Zur Not will Großsteinhausen die Sache vor Gericht klären lassen. Bürgermeister Schmitt fragt sich: „Kann es sein, dass, wenn auf der Hackmesserseite eine Gemeinde ausschert, die übrigen Gemeinden mehr zahlen müssen, obwohl die Arbeit weniger wird?“ Ja, sagt Forstamtsleiter Theodor Ringeisen und erklärt dies damit, dass im Forst mit Durchschnittskosten von 45 bis 50 Euro pro Hektar gerechnet wird. Beim Revier Großsteinhausen würden rund 60 Hektar Fläche zugrunde gelegt. „Wenn nun Fläche weggeht, steigen folglich die Durchschnittskosten für die anderen Gemeinden.“ Zum Forstrevier Hackmesserseite gehören Großsteinhausen, Kleinsteinhausen, Kröppen, Obersimten, Riedelberg, Schweix, Trulben, Vinningen und Walshausen. Für die Eifeler Firma betreut Uli Osterheld als Abteilungsleiter Beförsterung den Privatwald der Region Pfalz. In Großsteinhausen übernahm er für Schmitz den kompletten Betriebsvollzug und den Holzverkauf. Schmitt freut sich: „Der Forstingenieur bewirtschaftet auch die fünf Hektar Klamme. Dort liegt auch Geld drin.“ Die staatliche Forstverwaltung habe in der Vergangenheit gesagt, dies sei zu teuer. „Eine weitere Besonderheit ist die gleichzeitige Verpachtung der Jagd, die die Gemeindewaldflächen einschließt, an die Firma Schmitz-Forstservice“, schreibt das Unternehmen auf seiner Internetseite. Durch die regelmäßige Wildbestandskontrolle sei eine reine natürliche Verjüngung der vorhanden Baumarten einfach möglich, da der Wildverbiss auf ein Minimum reduziert werde. „Gleichzeitig ist ein Pflanzen- oder Verbissschutz, wie er vielerorts durch mangelhafte Bejagung notwendig ist, unnötig.“ Das spare deutlich Kosten und bedeute „eine maximale Ausnutzung der Zuwachsmöglichkeiten“. Schmitz-Forstservice habe garantiert, dass der Wald nach zehn Jahren einen erheblichen Wertzuwachs hat, so Schmitt. Laut Gerhard Schnöder, Vorstand der Jagdgenossenschaft Großsteinhausen, ist nicht die Firma Schmitz, sondern der angestellte Forstingenieur Osterheld der Jagdpächter. Da der vorherige Pächter die Jagd nicht mehr gewollt habe, habe man sie in der Jägerzeitung ausgeschrieben. „Osterheld hat ein passendes Angebot abgegeben, und da er den Wald so und so macht, haben wir sie ihm gegeben.“ Förster und Jäger Osterheld sieht Wald und Jagd als Einheit. Wobei er den Jagdbetrieb als dem Forstbetrieb dienend sieht. Die vielerorts hohen Wildbestände an Rehwild, Rotwild und Schwarzwild erforderten ein Umdenken bei der Jagd. Durch zu viel Rehwild entstehe Schätzungen zufolge jährlich im Forst ein Schaden von bis 50 Euro pro Hektar, durch zu viel Rotwild seien es bis zu 250 Euro. Osterheld: „Jagd als Dienstleistung spielt zunehmend eine Rolle. Das Hobby tritt mehr in den Hintergrund. Es geht nicht länger an, die Jagd vorzuhalten für seine Jagdpartner.“ Durch alternative Jagdbetriebsformen lasse sich der Reinertrag eines Forstes deutlich steigern. „Wir zeigen Dinge, über die Jäger nicht sprechen“, sagt der Vorderweidenthaler. Die Haltung von Schmitz und Osterheld lässt sich auch anders ausdrücken: Je mehr Wild geschossen wird, desto weniger Rehe gibt es, desto weniger Rehe können die Bäume fressen. Mit seiner Ansicht von „Jagd als professionelles Handwerk“ kommt Osterheld nicht bei allen Freizeit-Jägern gut an. In seiner kurzen Jagdpächter-Zeit hat er den vereinbarten Mindestabschussplan schnell erfüllt, ja sogar übererfüllt. Ein Teil der Jägerschaft befürchtet nun, dass durch die Abkehr vom klassischen Jagdverständnis das stabile Gleichgewicht der Natur gestört wird. Sie planen bereits öffentlichkeitswirksame Protest-Aktionen. Des einen Leid, des anderen Freud: Die Landwirte jedenfalls freuen sich, dass durch die Abschüsse weniger Wildschweine Schäden auf ihren Äckern und Wiesen anrichten können. Und Bürgermeister Schmitt bringt ein weiteres Argument: „Früher hatten wir rund 20 Wildschäden an Autos. Dieses Jahr waren es bisher nur drei.“

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