Kreis Südwestpfalz Grand-Prix-Fieber im Regen

Landsweiler-Reden. Regen, Regen, Regen. Mit der Public-Viewing-Party zum Eurovision Song Contest (ESC) in Landsweiler-Reden (Gemeinde Schiffweiler) meint es Petrus an diesem Samstagabend gar nicht gut. Mit Schirmen, Regenjacken und Gummistiefeln bewaffnet, feiern etwa 200 Besucher tapfer „ihren“ Exportschlager Ela Steinmetz, die Elaiza-Sängerin aus Schiffweiler.

Direkt vor der Großleinwand hat der „Frauenclub Marianne“ sein Lager aufgeschlagen. In strömendem Regen sitzen die sechs Schiffweilerinnen unter einem riesigen Schirm, der eigentlich für sonnigere Tage gedacht ist. Sekt macht die Runde. Auf dem Tischchen zwischen ihnen locken Käsehäppchen und Alkoholisches aller Art. „Wir gucken das schon seit 14 Jahren“, erzählt Wortführerin Annette fröhlich kichernd: „Das ist unser Highlight im Jahr.“ Das schlechte Wetter stört sie nicht: „Da wäre ja sonst niemand da. Das mussten wir einfach machen.“ Normalerweise schauen die Frauen den „Grand Prix“ zu Hause im Wohnzimmer. Die groß angekündigte Elaiza-Feier in ihrem Heimatdorf wollen sie sich aber nicht entgehen lassen. Schauplatz der bizarren Szene ist das ehemalige Grubengelände in Landsweiler-Reden. Der frühere Bergbau-Ort gehört zur Gemeinde Schiffweiler bei Neunkirchen. Hier wohnt Elzbieta „Ela“ Steinmetz (21), Sängerin der Band Elaiza, die Deutschland auf dem Eurovision Song Contest in Kopenhagen vertritt. Die plötzliche Berühmtheit der Saarländerin ist für die 16 000-Einwohner-Gemeinde allemal Grund genug, am Finalabend eine Großleinwand-Party steigen zu lassen. Vorab hatten die Organisatoren mit 2000 bis 2500 Besuchern gerechnet. Doch Petrus macht dieser Kalkulation einen Strich durch die Rechnung: Es schüttet fast ohne Unterlass. Nur etwa 200 hartgesottene Zuschauer mit Regenmänteln und wuchtigen Schirmen trotzen dem ungemütlichen Wetter. Vor den schützend überdachten Rostwurst- und Getränkeständen bilden sich Menschentrauben. Kurz vor 20.30 Uhr hört der Regen zwischendurch kurz einmal auf. Ein paar Mutige wagen sich einige Schritte hinaus, auf die Leinwand zu. Dort ist gerade Barbara Schöneberger zu sehen, die mit Glitzerkleid und transparentem Regenschirm tapfer von der ebenfalls verregneten Hamburger Reeperbahn moderiert. Von einem Stehtisch aus verfolgt eine weitere Gruppe aus Schiffweiler das Geschehen – darunter Lisa Steinborn. Ihr Sohn Christian kennt Ela aus der Schule, beide haben jahrelang gemeinsam Musik gemacht. Um sie zu unterstützen, ist Christian vorige Woche eigens nach Kopenhagen gereist. „Ela ist sehr begeisterungsfähig, absolut positiv und temperamentvoll“, beschreibt Steinborn die Freundin ihres Sohnes. „Auf Gartenpartys haben ihr die Nachbarn zu Füßen gelegen.“ Doch eine gute Stimme allein reiche nicht zum Sieg. „Der ESC ist immer ein Risiko. Wenn sie Zehnte wird, ist das schon gut“, tippt die Lehrerin vorsichtig. Am Ende wird sich ihre Einschätzung als realistisch erweisen. Als der Sängerwettstreit in Kopenhagen bereits in vollem Gange ist, glaubt auch Antonio, ebenfalls aus Schiffweiler, nicht an den deutschen Sieg: „Schweden, Österreich und Armenien sind sehr stark. Da sind die Chancen für Elaiza gering. “ Zusammen mit seiner Frau sitzt „Toni“ mitten im Regen auf seinem Klappstuhl. An eben der Stelle, an der anfangs noch der „Frauenclub Marianne“ heiter-beschwipst vor sich hin gegickelt hatte. Wie viele andere hat der Dauerregen die Damen wohl vorzeitig in die Flucht geschlagen. Anders Antonio: Mit knallgelbem Regenponcho, schwarz-rot-goldener Lockenperücke und Atzenbrille auf der Nase hat er dem nasskalten Wetter den Kampf angesagt. „Wir wollten ein bisschen auffallen, sonst ist es ja so langweilig“, sagt er keck. Seine Frau geht inzwischen einen Kaffee kaufen. Regendress hin oder her, eine Aufwärmung zwischendurch ist dringend nötig. Kurz vor 22 Uhr kommt Bewegung ins überschaubare Publikum. Als Startnummer zwölf betreten Ela, Natalie und Yvonne alias Elaiza die Kopenhagener Bühne. Daheim in Schiffweiler versammeln sich Elas treueste Anhänger – vorwiegend ehemalige Schulkameraden – hektisch vor der Leinwand. Während des deutschen Auftritts in der dänischen Hauptstadt wird eifrig gejohlt, Saarland-Fähnchen geschwenkt und ein selbstgebasteltes Neunkircher Plakat in die Höhe gereckt – mit der Aufschrift „Das Gymnasium am Krebsberg grüßt Elaiza“. Fotografen schießen ein Bild nach dem anderen. Auf der Leinwand gibt Ela mit starker Stimme ihren Song „Is It Right“ zum Besten. Die Fans in der Heimat stimmen ein. Einige schunkeln mit. Vom Rand der Menschenmenge verfolgen die Schwestern Miriam (16) und Angelina (17) mit ihrer Clique den Aufritt. Sie sind jetzt froh, sich trotz des miesen Wetters zum Public Viewing aufgerappelt zu haben. Keiner der Jugendlichen kennt Ela persönlich, doch sie sind sich einig: „Das kleinste Bundesland muss man unterstützen!“ Bekanntlich reicht es am Ende für das sympathische Frauen-Trio nur zum 18. Platz. Siegerin ist Conchita Wurst aus Österreich, die erste ESC-Sängerin mit Bart. In Schiffweiler bleibt man gelassen. „Angi“, eine gute Freundin von Ela, meint: „Ela war so toll. Ich habe nichts anderes von ihr erwartet.“

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