Geiselberg Erste Rentner-WG bringt Publikum bei Rückkehr nach Geiselberg zum Lachen

Ein Wohnmodell mit Zukunft und Unterhaltungswert: Der Bufdi (Thorsten Lehmann) und die Praktikantin (Karin Prommersberger/vorne
Ein Wohnmodell mit Zukunft und Unterhaltungswert: Der Bufdi (Thorsten Lehmann) und die Praktikantin (Karin Prommersberger/vorne von links) kümmern sich um die Bewohner der Geiselberger Senioren-WG, die von Eva Eger, Jürgen Hauck, Uli Stahl, Brigitte Roggenkopf, Annette Weißmann (sitzend von links) und Rockgitarrist Ralf Weißmann bewohnt wird. Mit im Team sind Souffleur Markus Edinger, Stylistin Tatjana Malschofsky und Souffleuse Irene Janson (hinten von links).

„Endlich wieder Gesellschaft“, freuen sich die Senioren auf der Bühne. Endlich wieder Theater in Geiselberg, freuen sich Theaterfreunde, die mit viel Spaß das Treiben der rüstigen, aber durchaus skurrilen Rentner-Gang auf der Bühne verfolgen. Das Theater in Geiselberg (TiG) hat die Rentner-WG zusammen und das Publikum bei der Premiere am Samstag zum Lachen gebracht.

„Ein Modell mit Zukunft“, bestätigt Hermine (Eva Eger) den Vorschlag der pensionierten Opernsängerin Charlotte (Annette Weißmann), eine Senioren-WG zu gründen. Die Idee dazu stammt aus der Feder von Autor Christof Martin, dessen erdachte Figuren die TiG-Mitglieder mit viel Lust am Spiel und dem perfekten Styling Leben einhauchten. Dass Hermine resolut ist, lässt sich beispielsweise schon ihr Outfit erkennen. Modell: Drill Instructor in grünem Flecktarn; laute Trillerpfeife inklusive. Die leistet bei der Premiere ungeplant gute Dienste, als die Akteure im Schlussakt einen Lachanfall bekommen und das ohnehin schon gut gelaunte Publikum damit anstecken. Pfiff, pfiff, pfiff – alle wieder in der Rolle und das lachende Publikum beruhigt.

Vorhang auf für die TiG „dahoam in Geiselberg“. Auf die Rückkehr an die heimische Bühne – im vergangenen Jahr hatte Schmalenberg künstlerisches Exil geboten - trällert Charlotte ein fröhliches, extrem hohes und schiefes „Ahahahahahaaaa“. Sie lässt Mozarts bekannte Arie der Königin der Nacht in der Rentner-WG mehrfach erklingen. Mal mehr, mal weniger zur Freude ihrer neuen Mitbewohner, die sich beim Rentner-Casting zu Beginn des Stücks durchsetzen und einen WG-Platz erhalten. So ziehen also zusammen: Der ehemalige Handlungsreisende Walter (Uli Stahl), der so viele Freundinnen wie verkaufte Staubsauger zählen kann. An ihm ist die Me-too-Debatte offensichtlich vorbeigegangen. Seine Hände finden sich oft dort, wo sie nicht hingehören – unübersehbar, als Mehl beim gemeinsamen Brötchenbacken ins Spiel kommt.

Rock-Opa und retro-schicke Outfits

Den zweiten Akt, in dem die WG zur Backstube wird, würden die Zuschauer nicht mehr erleben, wenn sie bei jedem geflügelten Wort, das der pensionierte Arzt und und Sprichwortfreund Konstantin (Jürgen Hauck) vom ersten Auftritt an zum Besten gibt, einen Schnaps trinken würden. Die gesundheitsgefährdende Promillegrenze wäre nach Akt eins längst überschritten, zumal die pensionierte Lehrerin Sophie (Brigitte Roggenkopf) ihm in Sachen Bildung nicht nachstehen will und die Sprichwortsammlung jedes Besuchers an diesem Abend ordentlich erweitert. Schließlich zieht noch Rock-Opa Frank (Ralf Weißmann) ein; mit langen Haaren, Sonnenbrille, Gitarre und einem Gruß aus Gesundheitsminister Lauterbachs Garten in Form einer Hanfpflanze. „1000 Gigs vor dem Schlagzeug“, hat der Rockmusiker absolviert, was erklärt, dass er vieles nicht und manches falsch versteht. Was ihn qualifiziert für die WG? Qualitäten als Hausmann: waschen, bügeln und kochen, musste er immer selbst, denn „das haben die Groupies nie gemacht“.

Damit die Senioren mit ihren Macken unbeschadet durch den Tag und die Nacht kommen, darum kümmern sich der Bundesfreiwilligendienst leistende Bufdi Jonas (Thorsten Lehmann) und Praktikantin Ina (Karin Prommersberger), die bei Jonas Herzklopfen und bei ihren Mitspielern und dem Publikum Lachanfälle auslöst, wenn sie auf der Suche nach ihrem Vater ist, den sie nie kennengelernt hat. Die beiden laden die Senioren nicht nur zum Backkurs ein, sondern auch zum schweißtreibenden „Better-Aging-Workout-Kurs“, der nichts von gemütlicher Hockergymnastik hat. Die schweißtreibenden 1980er-Aerobic-Jahre leben in dieser Sportstunde musikalisch und modisch wieder auf. So manches dezenter gehaltene Trainings-Outfit der Senioren ist so retro, dass es 2024 schon wieder cool ist. Auch die Frage, was Ski-Gymnastik mit Aerobic zu tun hat, wird beim Workout beantwortet.

Alle Vorstellungen ausverkauft

Es könnte, wenn nicht gerade der Sport den Rentner-Stundenplan bestimmt, gemütlich zugehen in der ersten Geiselberger Rentner-WG. Könnte. Denn Diebe, die ihr Unwesen treiben, sowie verschwundene Rasierer und Zahnbürsten lassen die Senioren ins Grübeln kommen und die WG zum Tatort werden. Nächtliche amouröse Abenteuer, die bei Menschen mit dritten Zähnen ungeahnte unangenehme Folgen haben können, verursachen weitere Verwicklungen, die den Blutdruck bei den Senioren ebenso steigen lassen, wie den Gute-Laune-Pegel beim lachenden Publikum.

Klar, die TiG wäre nicht die TiG, wenn sie nicht ein Stück ausgesucht hätte, in dem sich am Schluss findet, was zusammengehört. Dass sich nach launigen drei Akten der Vorhang mit einem bekanntes Sprichwort schließt, das etwas über ein Ende, das gut ist, aussagt, darf verraten werden.

Sechs Mal öffnet die Rentner-WG in Geiselberg ihre Türen. Wer dabei sein möchte, um das Sprichwort-Trinkspiel zu starten oder einfach einen unterhaltsamen Abend zu haben, sollte bereits im Besitz einer Eintrittskarte sein. Alle Vorstellungen sind ausverkauft. Womit ein weiteres Sprichwort bewiesen wäre: Wer nicht kommt zur rechten Zeit, der muss nehmen, was noch bleibt. In diesem Fall die Hoffnung auf weitere TiG-Auftritte im nächsten Jahr.

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