Kreis Südwestpfalz Über Gott und die Welt

Wenn offiziell über Treffen zwischen Kirchenvertretern und Politikern berichtet wird, dann liest man meist die Formulierung, dass die Unterredung „in freundschaftlich-offener und vertrauensvoller Atmosphäre“ stattfand. Dass das nicht nur für die Spitzengespräche von Kirchenpräsident und Ministerpräsidentin gilt, sondern auch für die Gespräche, die der Verbandsbürgermeister von Zweibrücken-Land mit der Pfarrerin von Contwig führt, das können beide Seiten aus vollem Herzen bestätigen.

Der Repräsentant und Verwaltungschef der rund 17 000 Bürger in 17 Gemeinden und die Vertreterin von 2000 protestantischen Gemeindemitgliedern sehen sich täglich. Und wenn sie miteinander sprechen oder verhandeln, dann geschieht dies in äußerst familiärer Atmosphäre, am Frühstückstisch zum Beispiel: Pfarrerin Silke Gundacker und Verbandsbürgermeister Jürgen Gundacker sind miteinander verheiratet. Beiden liegen die Menschen am Herzen, für die sie sich engagieren. „Damit das Leben in den Gemeinden lebens- und liebenswert bleibt, müssen Kirche und Politik zusammenarbeiten“, sagen die Gundackers. Da ist zum Beispiel das Zusammenspiel in der Kinderbetreuung. Diese gehört wie die frühe Förderung für alle Kinder zu den wichtigsten Zukunftsaufgaben. Damit junge Menschen ihren Wunsch nach Kindern auch verwirklichen können, sind bedarfsgerechte Betreuungsangebote und Qualität erforderlich. So reagierte 2009 die Kirchengemeinde auf den Wunsch zahlreicher Eltern, die für ihre Grundschulkinder einen Hortplatz suchten. Da die Schule noch keine Ganztagsschule war, wurden im Kindergarten „Arche Noah“ Plätze für 20 Hortkinder für Grundschüler geschaffen. Der Bedarf jedoch lag wesentlich höher, und so stellte die Kirchengemeinde ein Mietshaus aus ihrem Besitz zur Verfügung. Die politische Gemeinde investierte in den Umbau, und nun kommen rund 40 Kinder in den Genuss eines ganztägigen Betreuungsangebots. Das war 2009. Als 2012 − Jürgen Gundacker war gerade Verbandsbürgermeister geworden − die Grundschule zur Ganztagsschule wurde, gab es Stimmen, dass „der Bürgermeister der Pfarrerin den kirchlichen Hort kaputtmacht“, erzählt Gundacker. Doch weder Hort noch Ganztagsschulangebot blieben auf der Strecke. In Contwig ist es beim guten Miteinander geblieben. Ein Miteinander, das bereits bei Jürgen Gundackers Vorgänger im Amt des Verbandsbürgermeisters und beim langjährigen Bürgermeister von Contwig harmonisch und partnerschaftlich war. Völlig unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Gibt’s denn gar keine Auseinandersetzungen oder Meinungsverschiedenheiten? Nach kurzer Überlegung finden die Gundackers doch ein Beispiel: der Sonntagsschutz. Das Zweibrücker Outlet, zur Hälfte auf Contwiger Gemarkung, legte in der Anfangszeit Veranstaltungen auf den Sonntagmorgen, zur besten Gottesdienstzeit. Grund genug für Pfarrerin Gundacker, sich bei Betreiber und Kommune zu beschweren. Und die Protestantin würde wieder protestieren, wenn die regelmäßigen Sonntagsöffnungen zunehmen würden. Die jetzige Regelung mit zwölf bis 15 offenen Sonntagnachmittagen im Jahr könne sie akzeptieren, erklärt Silke Gundacker. Und der Verbandsbürgermeister erinnert daran, dass das Outlet eines der erfolgreichsten Konversionsprojekte in der Region ist. Rund 3000 Menschen haben auf dem ehemaligen Militärgelände inzwischen Arbeit gefunden. Die Verbandsgemeinde hat eine geringe Arbeitslosenquote, und die Orte erfahren immer noch Zuwachs durch junge Familien. Das wiederum kann die Pfarrerin bestätigen. Ihre Kirchengemeinde ist gewachsen, von 1800 auf 2000 Mitglieder. Die Gundackers fühlen sich wohl in der Kirchen- und der Verbandsgemeinde. Beide üben ihren Beruf gerne aus. Dabei begleitet der Pfarrmann seine Frau zu kirchlichen Veranstaltungen, ist auch weiterhin bei den „Jedermännern“ aktiv, einer Männergruppe der Kirchengemeinde. Und die Bürgermeistersgattin freut sich, wenn sie mit ihren Mann zu offiziellen Terminen gehen kann. Denn die gemeinsame Zeit muss gut geplant werden. Zum Beispiel am Frühstückstisch, wo sich Reformation und Politik täglich treffen.

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