Kreis Südliche Weinstraße Zeitung keine harte Nuss

Zeitung statt Plastik: Lilly Neumann näht zwei Ränder der RHEINPFALZ zu und schwupps hat sie eine Tüte, die ein Kilogramm Nüsse
Zeitung statt Plastik: Lilly Neumann näht zwei Ränder der RHEINPFALZ zu und schwupps hat sie eine Tüte, die ein Kilogramm Nüsse fasst. Foto: norman Krauss

Gleisweiler: Würde der begnadete und feinsinnige Komiker Loriot noch leben, würde er wohl extra in das südpfälzische Gleisweiler fahren, um bei der Achtjährigen eine Tüte Walnüsse zu kaufen: Lilly Neumann fädelt mit der RHEINPFALZ ein.

Loriot brach immer wieder eine Lanze für die Zeitung aus Papier. Denn mit einem Handy könne man schließlich keine nassen Schuhe ausstopfen. Trefflicher kann man es wohl kaum formulieren, weshalb jeder Mensch eine Zeitung haben sollte – zumindest in jenen Regionen der Erde, in denen es regnet und der Hund regelmäßig ausgeführt werden muss.

Ähnlich praktisch denkt auch Lilly Neumann: „Plastikmüll liegt doch schon in der ganzen Welt rum“, sagt die Achtjährige und tritt vorsichtig auf das Pedal unter dem Esstisch. Die alte Nähmaschine ihrer Mutter rattert los und setzt Stich um Stich kerzengerade in den Rand der hälftig geklappten RHEINPFALZ. Wenige Sekunden später sind zwei Flanken stabil geschlossen, die dritte ist die Öffnung für ein ganzes Kilogramm Nüsse – selbstredend sind sie alle selbst gesammelt, kleine wie große. Gut, Papa Sven hat sich auch ein paarmal gebückt. Und der Erfolg gibt den beiden recht. Am langen Wochenende mit dem Feiertag zur Deutschen Einheit am 3. Oktober hat Lilly am eigenen Hoftor an zwei Tagen gleich 30 Kilogramm an Nüssen verkauft. „Die Leute sind begeistert, erzählt der stolze Papa, der nur im Hintergrund bereitsteht, wenn auf dem selbstzusammengeschraubten Verkaufstischlein der Vorrat zu Ende geht.

Drei Euro nimmt Lilly pro Zeitungstüte. Zehn Kilo sind noch übrig. Die sollen spätestens am kommenden Wochenende ihre Abnehmer finden. Apropos Tüte: Möglichen Nachahmern erzählt Lilly, wie es geht. Um eine stabile Tüte herzustellen, nimmt sie nicht nur ein dünnes Blatt, sondern ein ganzes „Buch“ wie es im Fachjargon genannt wird, will heißen den gesamten Lokalteil oder dem überregionalen Teil der Zeitung.

Mit dem Erlös will Lilly ein Fahrrad mitfinanzieren

Mit dem eingenommenen Geld hat Lilly auch etwas Besonderes vor: Sie spart auf ein Fahrrad. Sie weiß, dass das mit dem Erlös aus den Nüssen nicht ganz reichen wird, „aber nächstes Jahr geht sie zur Kommunion, dann passt das gerade“, erzählt Mama Caroline stolz über ihre umweltbewusste Tochter. Angefangen hat sie mit dem Nüsseverkauf bereits im vergangenen Jahr, zunächst mit Plastiktüten, aber als die alle waren, wollte sie es anders machen und kam auf die Idee mit der Zeitung: „Die liegt halt überall herum.“ Also: zwei Nähte. Fertig. Und die Kunden fänden es toll, berichtet Lilly, die unlängst die Sendung mit der Maus geschaut hat. Dort wurde gezeigt, dass Deutschland seinen Plastikmüll ins Ausland bringt, um ihn loszuwerden, ärgert sich die Drittklässlerin, die in Roschbach zur Schule geht.

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