Bad Bergzabern Wieso die Kurstadt plötzlich schwarze Zahlen schreibt

Das Dach am Haus des Gastes ist undicht, die Reparatur wird teuer.
Das Dach am Haus des Gastes ist undicht, die Reparatur wird teuer.

Die Prognosen für den Haushalt 2024 waren düster. Jetzt wurde ein Entwurf präsentiert, der alle überrascht. Die Kurstadt schreibt plötzlich schwarze Zahlen. Wie kann das sein?

Wie ist die Ausgangslage bei den städtischen Finanzen?
Um die Finanzen Bad Bergzaberns steht es schon viele Jahre nicht mehr gut. Ende des Jahres 2023 hatte die Kurstadt Schulden von rund 13,7 Millionen Euro. Aussicht auf Besserung gab es kaum. Der erste Entwurf für den Haushalt 2023 wurde von der Kommunalaufsicht nicht genehmigt, mit Hängen und Würgen gab es im zweiten Anlauf grünes Licht. Im Sommer waren sich sowohl Stadtbürgermeister Hermann Augspurger als auch die Finanzabteilung der Verbandsgemeinde Bad Bergzabern sicher: Ein genehmigungsfähiger Plan für das Jahr 2024 wird nicht möglich sein.

Wieso gibt es eigentlich noch keinen Haushalt für 2024, obwohl das Jahr schon begonnen hat?
Das hängt mit dem Haushaltsplan der Verbandsgemeinde (VG) Bad Bergzabern zusammen. Erst wenn der steht, geht es an die Planungen für die Ortsgemeinden und die Stadt. „Alles andere würde keinen Sinn ergeben“, erklärt Sandra Bodenseh, Leiterin der Finanzabteilung bei der Verbandsgemeindeverwaltung. Unter anderem deshalb, weil im VG-Etat festgelegt wird, wie viel Umlage die Gemeinden bezahlen müssen. Im Jahr 2023 seien die Kennzahlen des Landes erst recht spät eingetroffen, sagt Bodenseh. Deshalb konnte der VG-Haushalt erst im Dezember verabschiedet werden.

Was bedeutet es für die Stadt, dass es noch keinen beschlossenen Haushaltsplan gibt?
Gibt es keine gültige Haushaltssatzung, kann nur Geld für das ausgegeben werden, was absolut notwendig ist. Darunter fallen unter anderem Reparaturen, die aus Sicherheitsgründen nicht aufschiebbar sind. Dann wird von einer vorläufigen Haushaltsführung gesprochen. „Im Moment sehe ich darin kein Problem für die Stadt“, sagt Bodenseh. Man sei nicht völlig handlungsunfähig. So gebe es etwa Überträge aus 2023 für Projekte, die noch nicht abgeschlossen sind. Das betrifft in Bad Bergzabern zum Beispiel den Ausbau der Lessingstraße, der weiter läuft.

Was sind die Eckpunkte des nun vorgestellten Haushaltsentwurfs für 2024?
„Wir sind vom Allerschlimmsten ausgegangen“, leitete Stadtbürgermeister Augspurger die Vorstellung des Etatentwurfs im Haupt- und Finanzausschuss ein. „Wir sind aber von Frau Bodenseh positiv überrascht worden.“ Denn: Der Leiterin der Finanzabteilung und ihrer Mannschaft ist es gelungen, einen Haushalt vorzulegen, der einen Jahresüberschuss von knapp 212.000 Euro ausweist. „Das habe ich bei der Stadt noch nie erlebt, dass in der Planung ein Überschuss steht“, sagt Bodenseh, die sich seit 2016 um das Zahlenwerk kümmert. Dieses erwartete positive Ergebnis macht es möglich, dass die Stadt ihre Verbindlichkeiten gegenüber der Verbandsgemeinde, also die Liquiditätsschulden, voraussichtlich um 59.000 Euro reduzieren kann. Insgesamt wird die Kurstadt laut Ansatz Ende 2024 noch 8,7 Millionen Euro Schulden haben. „Ich denke, dass wir eine ganz gute Chance haben, im ersten Anlauf eine Genehmigung zu bekommen“, sagt Bodenseh zum präsentierten Etatentwurf.

Wieso sieht der Haushalt 2024 plötzlich so positiv aus, nachdem noch vor einem halben Jahr die Aussichten dramatisch waren?
Der Jahresüberschuss rührt in erster Linie daher, dass die Stadt von den Stadtwerken eine Gewinnabführung in Höhe von 250.000 Euro einsammelt. Bodenseh und Augspurger betonen unisono, dass ohne dieses Geld der Haushalt 2024 nicht auszugleichen gewesen wäre.

Wie wirkt sich das Entschuldungsprogramm des Landes aus?
Im Zuge der Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs hat das Land ein Entschuldungsprogramm aufgelegt. Damit sollen die Gemeinden in Rheinland-Pfalz wieder leistungsfähig gemacht werden, indem ihnen das Land einen Teil der Schulden abnimmt. Bedingung dafür ist, dass die Kommune die übriggebliebenen Schulden innerhalb von 30 Jahren komplett nullt. Im Sommer 2023 wurde berechnet, dass die Kurstadt Liquiditätskredite in Höhe von rund 11 Millionen Euro hat, wovon das Land rund 7,3 Millionen und damit rund 66 Prozent übernimmt. Um die verbleibenden 3,7 Millionen Euro wie gefordert abzuzahlen, hätten nach damaligem Kenntnisstand jährlich rund 125.000 Euro an Rückzahlung in den Etat eingestellt werden müssen. Mittlerweile haben sich die Berechnungen deutlich zugunsten der Kurstadt verändert. Zunächst konnten die Liquiditätsschulden im vergangenen Jahr drastisch gesenkt werden. Ein Hauptgrund dafür ist, dass das Land für die Offenlegung des Erlenbachs im November knapp 2,5 Millionen Euro Fördergeld an Bad Bergzabern überwiesen hat. Die Verbindlichkeiten gegenüber der VG betrugen dadurch Ende 2023 „nur“ noch 5,8 Millionen Euro. Davon übernimmt das Land nun 5,27 Millionen Euro, also mehr als 90 Prozent des gesamten Volumens. Um die Restschuld von 530.000 Euro innerhalb der nächsten 30 Jahre zu tilgen, müssen lediglich knapp 18.000 Euro jährlich im Haushalt eingestellt werden. Auch das entlastet den städtischen Säckel merklich.

Welche größeren Ausgaben plant Bad Bergzabern im Jahr 2024?
Das Dach am Haus des Gastes bereitet schon länger Sorgen. Mittlerweile tropfe es an zwei Stellen ins Gebäude, an denen technische Geräte stehen. Für die dringend nötige Reparatur sowie für weitere kleinere Posten sind 250.000 Euro eingestellt. In der Südpfalz-Therme sollen unter anderem das Therapiebecken attraktiver gestaltet, das Pflaster am kleinen Außenbecken erneuert und technische Anlagen saniert werden. Die Stadt ist mit 31,5 Prozent an der Einrichtung beteiligt, gemäß dieses Anteils schießt sie 165.000 Euro für die Investitionen zu. Der größte Ausgabenposten fällt beim erforderlichen Neubau einer Kita an. 2024 sind 500.000 Euro für Planungsleistungen, das Herrichten des Baugeländes und für die Ausschreibung vorgesehen.

Bis wann kann die Stadt mit einem genehmigten Haushalt 2024 rechnen?
Das im Haupt- und Finanzausschuss vorgestellte Zahlenwerk wird nun von den Stadtratsfraktionen begutachtet. Am 29. Februar berät der Ausschuss in einer Sondersitzung abschließend darüber. Die Verabschiedung des Werks im Stadtrat ist für den 21. März vorgesehen. Danach hat die Kommunalaufsicht zwei Monate Zeit, um über die Genehmigung zu befinden. „Wir rechnen damit, spätestens Ende Mai einen genehmigten Haushalt zu haben“, sagt Finanzchefin Bodenseh.

Ist der positive Haushalt 2024 der Wendepunkt zum Guten?
Nein. Denn der Blick auf die kommenden Jahre verheißt nichts Gutes. Einerseits kann nicht davon ausgegangen werden, dass jedes Jahr 250.000 Euro von den Stadtwerken geholt werden können. Andererseits wird der Kita-Neubau die Etats der Jahre 2025 und 2026 deutlich mehr belasten als das noch 2024 der Fall ist. Insgesamt werden für das Projekt sechs Millionen Euro veranschlagt, fünf davon schlagen nächstes Jahr und eine weitere im darauffolgenden Jahr zu Buche.

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