Burrweiler Wie ein RHEINPFALZ-Leser die St. Anna-Wallfahrt erlebt

Der Aufstieg ist geschafft: Viele Pilger kennen sich untereinander.
Der Aufstieg ist geschafft: Viele Pilger kennen sich untereinander.

Sie sind weithin bekannt: die Wallfahrten hinauf zur St. Annakapelle bei Burrweiler. Am Wochenende ging es für dieses Jahr zum letzten Mal hinauf. Für einen RHEINPFALZ-Leser war dies ein besonderer Moment.

Für Ansgar Gast aus Niederotterbach werden bei der Wahlfahrt zur St. Annakapelle bei Burrweiler Kindheitserinnerungen wach. Diese hat er mit der Gegenwart abgeglichen und in einem Erlebnisbericht festgehalten:

Die sechste und letzte Wallfahrt in diesem Jahr stellt ein Novum dar, sie findet nicht wie üblich an einem Dienstag, sondern an einem Samstag statt. Als Familienwallfahrt angekündigt soll sie die Teilnahme von Berufstätigen erleichtern. Das nehme auch ich zum Anlass, um nach fast 40 Jahren wieder einmal an der Wallfahrt teilzunehmen.

Früh breche ich in Niederotterbach auf, um die 28 Kilometer Fahrt nach Burrweiler in Angriff zu nehmen. Ich parke wie viele andere Pilger in der Nähe des Annaguts am Rande des Pfälzer Waldes, um den letzten Kilometer zu Fuß zu absolvieren. Schon passiert mich das Fahrzeug des Weihbischofs: Scheinbar sind vor Gott doch nicht alle gleich. Ich laufe durch den Kastanien- und Buchenwald steil bergauf. In Höhe der 14 Kreuzwegstationen überhole ich einen Pilger mit langem Wanderstock; leider täuschte mich mein erster Eindruck, denn es war doch nicht der heilige Jakobus.

Wie bei einem Klassentreffen

Nun erreiche ich, bereits verschwitzt, den Vorplatz der Kapelle. Die Pilger treffen viele Bekannte aus der Region, auch ich sehe einige bekannte Gesichter aus meinen Viehstrich-Gemeinden. Die Wallfahrer reden miteinander, einige lachen, es hat ein wenig den Eindruck als sei man bei einem Klassentreffen. Alles scheint so zu sein wie zu der Zeit als ich in den 1970er und 1980er-Jahren mit meinen Eltern alljährlich zum Wallfahren auf den Annaberg kam. Nicht immer hatten meine drei Geschwister und ich Lust, mitzukommen. Doch die Mutter lockte uns mit der Servela nach der Messe. Da meine Eltern einen landwirtschaftlichen Betrieb hatten, konnte mein Vater nur manchmal mitkommen: Vor dem Klimawandel war die Getreideernte drei Wochen später als heute und damit meist erst Ende Juli oder Anfang August. Da Urlaub nicht möglich war, war die Wallfahrt zum Annaberg für mich immer eines von wenigen Urlaubserlebnissen. Und anschließend ging es dann nach Landau in den Sommerschluss¬verkauf und an die Wühltische im Kaufhof.

Die Wallfahrer auf dem Weg zur Kapelle.
Die Wallfahrer auf dem Weg zur Kapelle.

Auch wenn ich bei der Tante im Pfarrhaus in Alberweiler in Ferien war, war die Annaberg-Wallfahrt eine willkommene Abwechslung. Das Wallfahren – nicht nur auf den Annaberg – hat in unserer Familie eine lange Tradition: Bereits meine Mutter war in den 1950er und 1960er-Jahren als sie noch ledig war aus Steinfeld zum Annaberg gepilgert.

Die heilige Messe, die Weihbischof Georgens unter das Motto „Wurzeln und Flügel geben“ gestellt hat, enthält dann alles was man in der katholischen Kirche nur von großen Feiertagen kennt: Monstranz, Fahnen, Weihwasser, Weihrauch, Kerzen, Messdiener und das „Großer Gott“ zum Abschluss. Nach der Segnung der Erntegaben ziehen dann – ebenfalls wie schon zu meiner Kindheit – Weihbischof, Pfarrer, Ministranten und alle Anwesenden in Form einer Prozession singend um den Annaberg-Hügel. Sind in der Regel nur maximal 300 Personen bei einer Wallfahrt anwesend, sind es an diesem sonnigen Samstag etwa doppelt so viele. Auch einige junge Familien mit ihren Kindern sind dabei.

Die Erntegaben werden gesegnet.
Die Erntegaben werden gesegnet.

Wie schon zu Kindertagen ist aber die ältere Generation unverändert in der Mehrheit. Dennoch ist mir um die Zukunft der Wallfahrt nicht bange, denn es wird immer eine „Generation der Großeltern“ geben. Und so Gott will, will ich in ein paar Jahren als Rentner auch mal wieder mit dabei sein. Auch wenn ein Leserbriefschreiber jüngst die Existenz der heiligen Anna generell in Frage gestellt hat, bleibt sie doch für mich – und wahrscheinlich auch für alle anderen Annaberg-Pilger – zeitlebens niemand anderes als die Großmutter von Jesus. Neben Wandern und heiliger Messe unter freiem Himmel gehört noch ein weiteres, ebenfalls nicht zu vernachlässigendes Element zu einer gelungenen Pfälzer Wallfahrt: die Einkehr! Da in der Bibel steht „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ hole ich mir einen Schoppen Müller-Schorle und eine Servela im Weck. Glücklicherweise scheint auch in der Anna-Hütte die Zeit stehengeblieben zu sein: Einrichtung, Essen und Trinken, alles so wie früher. Ich lasse mich am Tisch bei vier älteren Frauen aus Burrweiler nieder. Wir schwelgen in Erinnerungen und lassen „den lieben Gott einen guten Mann sein“.

Gut gelaunt und gestärkt an Leib und Seele wandere ich zurück zu meinem Auto und starte den Nachhauseweg. Ich kehre noch im Weingut meiner Schwester in Eschbach ein, denn eine Fahrt über Landau lohnt nicht: Sommerschlussverkauf und Kaufhof sind leider längst Geschichte.

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