Kreis Südliche Weinstraße Mit Strichmännchen lesen und schreiben lernen

Nicht lesen und schreiben können – für etwa sieben Millionen erwachsene Menschen in Deutschland ist dies Realität – denn sie sind Analphabeten. Im Stiftsgut Keysermühle in Klingenmünster trafen sich 14 Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Ländern zu einem Workshop , um Lösungen für das Problem An-alphabetismus zu suchen.

Nicht nur in Deutschland ist Analphabetismus ein Problem, sondern überall in Europa. Die meisten Betroffenen versuchen ihre Unkenntnis zu verbergen – aus Scham. Die Landesarbeitsgemeinschaft „anders lernen“ in Mainz versucht dem entgegenzuwirken. Beim Projekt „Lebenslanges Lernen für allgemeine Erwachsenenbildung nach Grundtvig“ von der Europäischen Kommission wird nach Klärungen und Erkenntnissen geforscht.Im Stiftsgut Keysermühle trafen sich junge Doktoranden, Studenten und Lehrer, die in der Erwachsenenbildung tätig sind. Sie beobachten immer mehr, dass viele Menschen in ihrem Umfeld die Freude am Lesen und Schreiben verloren haben. Im Seminar erklärten Organisator Christoph Weber und Referent Joachim Wester eine neue Methode, um Wörter besser lernen zu können. Den Weg über Cartoons und Comics als Wertevermittler der Worte. Einfache Strichmännchen erklären eine Situation. Leichtigkeit und Erleichterung kommen so ins Erlernen der Wörter. Im Seminar soll, so Wester, den Teilnehmern eine Art Leitfaden zur Kommunikation mitgegeben werden. Wie das jeweils umgesetzt wird, bleibt jedem Teilnehmer selbst überlassen. So erläuterte eine Lettin, dass in ihrem Land verstärkt Wert auf das Vorlesen in lettischer Sprache aus einheimischen Märchen gelegt werde. Für Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Der Student Nikolaos Karageorgos ist 23 Jahre alt und kommt aus Griechenland. „In Griechenland dürfte die Analphabetismusrate bei zehn bis 15 Prozent liegen, aber die jungen Menschen sind sehr aktiv, haben bis zu drei Schulabschlüsse. Bei den Älteren ist die Situation meist sehr schwierig“, schildert er seine Eindrücke. Der belgische Lehrer Frank Lenaerts findet Comics und Cartoons zur Vereinfachung, ohne das Erlernen der Buchstaben außer Acht zu lassen, eine sehr gute Form der Bildung. Zumal sehr viele Betroffene „funktionale Analphabeten“ sind. Menschen, die jeden Tag aufs Neue versuchen, sich durch die Kommunikationswelt zu schlängeln. „Diese Menschen sind intelligent. Sie kommen auf die absurdesten Ideen, um ihr Geheimnis zu verbergen. Manchmal nimmt ihnen ein Familienmitglied die Verantwortung ab. Aber selbst ein gutes Buch lesen oder ein Handy richtig bedienen können, bringt mehr Selbstbewusstsein“, sagt Weber. (alve)

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