Kreis Kusel „... das größte rhythmische Talent“

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Am Sonntag, 21. Februar, würde Hartwig Bartz, gebürtiger Rammelsbacher und der Ausnahmeschlagzeuger des deutschen Jazz in den späten 1950er und frühen 1960er Jahren, seinen 80. Geburtstag feiern. Anlass genug für eine Sonderaustellung im Kuseler Stadt- und Heimatmuseum und eine ganz besondere Vernissage: Ein eigens zusammengestelltes Trio mit den Jazzgrößen Erwin Ditzner, Stefan Zimmermann und Paata Demurishvili kommt zum Konzert in den früheren Kuseler Bierkeller (19.30 Uhr).

„Es gibt Kerle, die spielen Schlagzeug, und es gibt Kerle, die sind Schlagzeug – da ist ein großer Unterschied.“ Der Musikproduzent Gordon Friedrich hat das gesagt. Er meinte damit Erwin Ditzner, der Satz hätte aber auch auf Hartwig Bartz gemünzt sein können, der Ende der 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zum gefragtesten Jazzschlagzeuger Deutschlands und zu einem der besten Europas aufstieg. Albert Mangelsdorf („Bartz ist das größte rhythmische Talent, das der deutsche Jazz je hatte“) sicherte sich das Ausnahmetalent für sein Jazz-Ensemble des Hessischen Rundfunks, das extrem von Bartz’ federndem Spiel voller Spannkraft profitierte und reihenweise Auszeichnungen abräumte. Trommeln wie der Teufel konnte der Hartwig, wenn es stilistisch passte, ganz so wie die großen Vorbilder, Kenny Clarke und Philly Joe Jones, aber auch poetische Solisten wie Chet Baker wunderbar begleiten. Bartz besaß die Fähigkeit, sich in die Melodie einzuschalten, dem Jazzgeschehen subtil oder aggressiv neue Richtung zu geben und in Dialoge mit den Mitspielern einzutreten – neu damals, aufsehenerregend, einer, den die Fans liebten, weil er spielte wie die Amis, und die Kritiker auch: „Seine Soli sind exakt, einfallsreich und elegant. Ein Beweis, wie sehr ein guter Trommler das Jazzgeschehen beeinflussen kann“, schrieb die Frankfurter Neue Presse im Juni 1962. In Erwin Ditzner haben die Organisatoren des Konzerts und der bis April laufenden Sonderausstellung, Roland Ziehmer, Julia Bothe sowie Andreas Becker, einen Schlagzeuger gefunden, der die Kunst, die vielen neuen Möglichkeiten in die zeitgemäße Musik einzubringen und spontan im kollektiven Spiel umzusetzen, heute so perfektioniert hat wie Bartz vor 55 Jahren. Es gibt weitere Gemeinsamkeiten: Beide sind Autodidakten, beide haben ihre Wurzeln im südwestdeutschen Raum und beide haben eine Verbindung zu Kusel. Hartwig Bartz hat die letzten zwölf Jahre seines Lebens in der Stadt verbracht, Erwin Ditzner stand Modell für den Trommler der Musikantengruppe im Kuseler „großen Kreisel“ an der B 420. Ausschlaggebend für die Verpflichtung Ditzners sei aber natürlich die Musik gewesen, betont Ziehmer. Denn rund 45 Jahre, nachdem bei Bartz eine schwere psychische Erkrankung akut geworden war, in deren Verlauf er seine Frau unter ungeklärten Umständen erschlug, als schuldunfähig lebenslang in psychiatrischen Einrichtungen untergebracht war und nie wieder die Fähigkeit erlangte, im Ensemble zu spielen, ist es schwer, musikalisch aufzuzeigen, wo damals seine Sonderstellung lag – der Jazz hat sich enorm weiterentwickelt. Ditzner geht die Aufgabe mit einem eigens zusammengestellten Trio an: „Ditzners Club“ nennt sich das Projekt, in dem neben Ditzner der Trompeter und Flügelhornist Stefan Zimmermann und und Paata Demurishvili (Klavier und Bass) spielen. Stefan Zimmermann, seit 2007 Professor an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim, dort „zuständig“ für Jazztrompete und Ensembleleitung, hat das Trompetenspiel bei keinen geringeren als Manfred Schoof und John Eardley erlernt. Er ist als freier Mitarbeiter in nahezu allen Big Bands der ARD aktiv, gehört dem Vienna-Art-Orchestra an und ist aktuelles Mitglied in Wolfgang Dauners Jazz- und Rock-Ensemble „2 Generation“. Ein „Wandler zwischen den Welten“ ist der in Georgien geborene Paata Demurishvili. Als klassischer Pianist in der ehemaligen Sowjetunion ausgebildet, waren es Aufnahmen von Oscar Peterson, die ihm noch während dieser Zeit die Ohren für die musikalische Freiheit des Jazz öffneten. Seit 2007 widmet er sich verstärkt seiner Solokarriere mit Improvisationskonzerten unter dem Motto „Classic meets Jazz“. Info Konzert „Hartwig Bartz – A Different Drummer“, im ehemaligen Bierkeller im Kuseler Schalander (Trierer Straße 36), Sonntag, 21. Februar, 19.30 Uhr. Eintritt zehn Euro. Begleitende Sonderausstellung im Stadt- und Heimatmuseum Kusel, Marktstraße 27, bis 17. April; geöffnet täglich außer montags 14 bis 17 Uhr.

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