Kusel Verständigung mit Händen und Füßen

Manon Tambour (links) und Lucie Guérolt absolvieren derzeit ein Praktikum im Albert-Schweitzer-Kindergarten in Kusel.
Manon Tambour (links) und Lucie Guérolt absolvieren derzeit ein Praktikum im Albert-Schweitzer-Kindergarten in Kusel.

Mit einem Lächeln im Gesicht sitzen Manon Tambour und Lucie Guérolt an einem schienbeinhohen Tisch. Die Stühle sind ihnen viel zu klein, doch für die Kinder, die ihnen gegenüber sitzen, haben sie die richtige Höhe. Manon und Lucie kommen aus dem französischen Toucy und sind zurzeit zu Gast in der Partnerstadt Kusel, wo sie im Protestantischen Kindergarten Albert Schweitzer ein berufsorientierendes Praktikum absolvieren.

Der Raum ist voller Spielzeug, mit dem nicht weniger als zehn kleine Kinder spielen. Andere sitzen am Tisch und malen mit Buntstiften. Auch Manon und Lucie beschäftigen sich mit den Kleinen, unterhalten sie mit Brettspielen. Die beiden 18- und 17 Jahre alten Mädchen absolvieren ein dreiwöchiges Praktikum im Protestantischen Kindergarten Albert Schweitzer. Von 8 bis 16 Uhr spielen sie wochentags mit den Kleinen, basteln oder gehen an die frische Luft. Dass sie fast kein Wort Deutsch sprechen, ist dabei kein großes Hindernis. „Wir kommunizieren mit Händen, Füßen und Übersetzungsprogrammen“, erläutert die Leiterin des Kindergartens, Susanne Schillo-Kastenmeier. Die Schülerinnen kommen aus dem französischen Toucy, wo sie eine Berufsschule besuchen. Für drei Wochen sind sie nun im Rahmen des EU-geförderten Erasmus-Programms in Toucys deutscher Partnerstadt Kusel zu Gast und absolvieren berufsorientierende Praktika in der Umgebung. Ihre französische Schule ist darauf ausgelegt, ihre Schüler für die Arbeit mit Menschen auszubilden. Derzeit sind zum Beispiel französische Praktikanten in Kindergärten, beim Deutschen Roten Kreuz auf dem Kuseler Windhof, zur Kinderbetreuung im Haus im Westrich oder im Verkauf bei Wasgau untergebracht. Insgesamt 20 französische Schüler im Alter von 16 bis 20 Jahren sammeln noch bis zum 25. März Erfahrungen in den deutschen Betrieben. Darauf setzen auch die Organisatorinnen, Isolde Renner vom Verein Freunde Toucys, und Severine Favotte. Sie ist Lehrerin für Mathematik, Geschichte und Geografie an der französischen Schule Maison Familiale Rurale. Renner vermittelt den vorwiegend weiblichen Schülern Praktikumsplätze und mietet Unterkünfte an. „Im Moment wohnen 15 Schüler in Ferienhäusern in Quirnbach und in Kusel.“ Die fünf weiteren Schüler sind bei zwei Gastfamilien untergebracht. Zu Letzteren zählen Manon Tambour und Lucie Guérolt nicht, sie wohnen in Ferienhäusern. Sie nehmen zum ersten Mal an dem Austausch teil, erzählen die beiden. Schillo-Kastenmeier hat nur lobende Worte für Manon und Lucie übrig: „Beide waren sehr offen und nicht scheu, als sie vor einer Woche hier angefangen haben.“ Trotz einiger Kommunikationsprobleme pflegen die Mädchen ein gutes Verhältnis zu den Kindern und ihren Kollegen. Dementsprechend zufrieden sind beide mit ihrem Praktikum. Auch Renner und Favotte bemerken die Beliebtheit des Projekts an der französischen Schule. „Dieses Jahr hatten wir 30 Anfragen für 20 Plätze und mussten zehn Schüler zu Hause lassen. Letztes Jahr waren es gerade 20 Anfragen“, so Renner. „Die Schüler waren da wohl nicht ganz glücklich mit dem Ziel Kusel“, ergänzt Favotte lachend. Im Jahr zuvor besuchten sie die italienische Hafenstadt Bari, wo es zweifelsohne wärmer ist als in Kusel. Die 19-jährige Mathilde Cornu war vor zwei Jahren in einem Betrieb in Bari und nimmt nun zum zweiten Mal an dem Angebot teil. „Das Wetter war in Italien besser“, bestätigt die junge Frau lachend, „aber Kusel ist auch sehr schön.“ Sie arbeitet in der Ökumenischen Sozialstation Kusel-Altenglan und macht dort mit anderen Pflegern Hausbesuche. Ihre Aufgaben sind beispielsweise die Wundversorgung und die Grundpflege hilfsbedürftiger Menschen. Auch Cornu zeigt sich sehr zufrieden. Das Praktikum habe sie in ihrem Berufswunsch bestätigt, sagt Cornu, die in Zukunft als Krankenschwester arbeiten möchte. Die Gastschüler sollen in Deutschland aber nicht nur ihr Praktikum absolvieren, sondern auch Kultur erleben. Am vergangenen Wochenende besuchten sie deshalb beispielsweise das Deutsche Edelsteinmuseum in Idar-Oberstein. Nächstes Wochenende stehen Ausflüge nach Trier und in den Wildpark Freisen auf dem Programm, bevor es dann eine Woche später zurück nach Frankreich geht. Dort gehe es für die Schüler aber noch weiter, sagt Favotte. „Jeder muss eine Präsentation halten, in der sie von ihren Aufgaben und der Struktur des Betriebs berichten“. Im nächsten Jahr wollen die Frauen das Projekt wieder auf die Beine stellen. Dann kommen 20 neue Gastschüler nach Kusel und sammeln wieder wertvolle Erfahrungen, wie sie wohl nur durch ein solches Projekt zustande kommen können.

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