Kusel Szenenapplaus für den Fallrückzieher

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Großer Bahnhof im kleinen Erdesbach: Mit obligatorischer Verspätung fahren am Samstagabend dunkle Limousinen vor der Glantal-Halle vor. Das Schaulaufen auf dem etwas klein geratenen roten Teppich beginnt. Regisseur Sönke Wortmann und Schauspieler des Spielfilms „Das Wunder von Bern“ posieren für Fotografen und Kameraleute. Einen Tag vor ihrem Benefiz-Fußballspiel gegen die Lotto-Elf um Weltmeister Wolfgang Overath und Europameister Hans-Peter Briegel wurde der Kino-Erfolg über den ersten deutschen WM-Titel von 1954 auf Großleinwand gezeigt.

Der Abend war Teil der mehrtägigen Jubiläumsfeier „60 Jahre – Das Wunder von Bern“ des TuS Bedesbach-Patersbach. Bereits zwei Stunden vor Filmbeginn hatte sich die Glantal-Halle gefüllt. Laut Organisationschef Günter Schug war die Veranstaltung ausverkauft. Etwa 400 Besucher saßen oder standen vor der Großleinwand. Jedoch waren wenige der Aufforderung der Veranstalter nachgekommen, „in Klamotten von anno dunnemals“ zu kommen. Nur hier und da ließen sich Lederhosen, Hosenträger oder WM-Trikots ausmachen. Während sich die Gäste bei Sekt und Cocktails auf den Abend einstimmten, startete das Rahmenprogramm. Rudi Bauer und Udo Schneider hatten kurzfristig die Moderation übernommen. Andreas Obering, der im Film den Reporter Herbert Zimmermann verkörpert und durch den Abend hätte führen sollen, hatte abgesagt. Dass die beiden erst am Vortag die Aufgabe übernommen und kaum Zeit gehabt hatten, sich vorzubereiten, war ihnen erwartungsgemäß hie und da anzumerken. Die „Neuen Wandermusikanten“ um die Musikantenland-Preisträger Roland und Bernhard Vanecek sorgten mit ihren schwungvoll-mitreißenden Auftritten hingegen immer wieder für ausgelassene Stimmung. Nur wenige Gäste trauten sich zunächst, das Filmteam anzusprechen. Vor der Tür nutzen einige aber schließlich die Gelegenheit: Hauptdarsteller Peter Lohmeyer, Holger Dexne, der im Film Horst Eckel spielt, und Europameister Hans-Peter Briegel unterhielten sich bei einer Flasche Bier und einer Zigarette. Zeit, um nach einem gemeinsamen Foto zu fragen. Während des Auftritts der Tanzgruppe „Jets“ des TuS zückte auch Regisseur Sönke Wortmann sein Smartphone und filmte seine Kollegen. „Es freuen sich immer alle, wenn sie sich wiedersehen“, verriet er. Das Filmteam kickt ein- bis zweimal im Jahr gemeinsam für den guten Zweck. Da man gute Erinnerungen an die Lotto-Elf habe und die meisten Zeit hatten, habe man die Reise ins Glantal angetreten. Er selbst werde nicht mitspielen: „Ehrlich gesagt, lassen sie mich nicht mehr mitspielen. Ich bin zu alt. Ich bin das Maskottchen.“ „Das Wunder von Bern wird wahrscheinlich immer lebendig bleiben, weil es damals so eine große Sensation war. Es hat sich ins Gedächtnis eingebrannt bei den Leuten, und der Film hat natürlich mitgeholfen, dass es lebendig bleibt“, sagte Wortmann. Lohmeyer, der als Jugendlicher beim VfB Stuttgart Fußball spielte und im Film den Spätheimkehrer Richard Lubanski verkörpert, gab die Anekdote zum besten, wie er Teil des Filmprojekts wurde: Als ihm im Gespräch mit Wortmann klar geworden sei, dass er keinen Fußballer spielen würde, sei er schon „in der Depression“ gewesen. Wenigstens habe Wortmann ihm dann noch die Szene geschrieben, in der er den Fallrückzieher machen durfte. Der Film über den Sieg Deutschlands bei der WM 1954 und den heimgekehrten Kriegsgefangenen, der seinem Sohn durch den Fußball wieder näher kommt, kam beim Publikum gut an. Lohmeyer, der als bekennender Schalke-Fan zunächst noch scherzhafte Buhrufe geerntet hatte, bekam für seine einzige Fußballszene – den Fallrückzieher – prompt Szenenapplaus. Für Schug war der Abend „ein Riesending“. Um 2.30 Uhr sind die letzten heimgegangen.

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