Kusel In schweren Stunden nicht allein gelassen

Zu Heiligabend wird der Schmerz noch einmal stärker sein als sonst. Björn fehlt – er wäre heute 16 Jahre alt. Cindy aber darf mit ihrer Familie Weihnachten feiern – das ist keinesfalls selbstverständlich. Denn die Elfjährige lebt mit einem fremden Herzen. Der Sonnenschein im Leben von Sonja und Thomas Wichter aber ist wohlauf. Die Familie hat am Nikolaustag das Ronald McDonald-Haus in Homburg besucht. Die Einrichtung, die am Sonntag zehnjähriges Bestehen feierte, ist für Familie Wichter ein Ort der Erinnerung.

Cindy Wichter wird knapp zwei Wochen nach Weihnachten zwölf Jahre alt. „Ich habe aber zweimal Geburtstag“, sagt die Elfjährige lächelnd. Am 5. Januar hat sie das Licht der Welt erblickt. Ihr „zweiter“ Geburtstag ist der 28. Juni. Jener Tag, an dem ihr ein neues Leben geschenkt worden ist. Jener Tag, an dem sie Stunden in einem Operationssaal in Gießen verbracht hat, an dem ihr ein Spenderherz implantiert worden ist. Gezittert, gebangt, gehofft haben ihre Eltern auch in Gießen im Ronald McDonald-Haus. „Wir hätten das anders nicht bewältigen können. Auch finanziell nicht“, sagt Thomas Wichter mit Blick zurück auf die schwere Zeit. Das Ehepaar aus Neuhütten nahe Hermeskeil im Hunsrück hat Schlimmes erleben müssen. Die leidgeprüften Eltern haben ihren Sohn verloren. 2006 hat sich alle Hoffnung letztlich als trügerisch erwiesen: An Heiligabend ist Björn Wichter gestorben. Der herzkranke Junge war zuletzt in Berlin behandelt worden, hatte auf ein Spenderherz gewartet. Zuvor war er am Homburger Uniklinikum. Und während sich die Ärzte in der Kinderklinik um ihn bemühten, fanden die Eltern ein Zuhause gleich nebenan. Im Ronald McDonald-Haus, das damals gerade erst eröffnet worden war. Am Sonntag hat die Einrichtung ihren zehnten Geburtstag gefeiert. Gemeinsam mit vielen Eltern, die im Laufe der Jahre hier ein Domizil gefunden haben. „Das ist so wichtig. Wir haben hier so viel Zuwendung erfahren“, sagt Thomas Wichter. Beim ersten Mal hatte seine Frau noch in einem Kämmerchen unterm Dach der Kinderklinik übernachten können. Später dann habe sich in dem neuen Apartmenthaus die Möglichkeit eröffnet, auch nachts nahe bei dem Kind zu sein, sich die aufreibende Fahrerei zu ersparen, auch die Zeit zu gewinnen, die sie sonst auf der Straße verbracht hätten. Björn ist 2006 gestorben. Da war seine Schwester noch keine zwei Jahre alt. Was damals keiner hat ahnen können: Den Eltern sollte noch einmal dieselbe Tortur bevorstehen. Allerdings mit einem glücklicheren Ende. 2011 war’s, als ihr Töchterchen von heute auf morgen erst krank war, sich dann unheimlich müde und schlapp fühlte. „Ich habe den Weg zum Bus nicht mehr geschafft. Und das war gar nicht weit“, erinnert sich die Elfjährige. Die Diagnose war niederschmetternd: Die Ärzte stellten fest, dass auch ihr Herz sich vergrößert hatte. Es stellte sich heraus, dass auch Cindy unheilbar erkrankt war. Wie das hat kommen können? Bis heute ist es nicht geklärt. „Es war ein Virus, der das Herz angegriffen hat“, erläutert Sonja Wichter. In beiden Fällen. Es gibt klare Anzeichen, dass ein genetischer Defekt dabei eine Hauptrolle gespielt hat. Diese spezielle Gen-Anomalie sei Ärzten bei Cindy überhaupt zum ersten Mal ins Auge gefallen. Wichters hatten Glück, wie sie sagen. Für Cindy fand sich ein Spenderherz, das eigentlich für einen belgischen Jungen bestimmt war, der bei ihr im Zimmer lag und der am selben Tag Geburtstag hatte. Allerdings war er zu klein; das Herz hatte nicht gepasst. Cindy hat es bekommen – der Junge ist gestorben. „Wir haben bis heute Kontakt zu den Eltern“, sagen Wichters. Und sie halten Kontakt zu dem Haus, in dem sie einst so wichtige Unterstützung erfahren haben.

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