Kusel Fachkräfte – den Kritikern zum Trotz

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Abdulrahman Raslan muss an diesem Morgen erst einmal losziehen, seine Schäfchen suchen. Denn die haben fast zeitgleich auch andere Termine – oder es schlichtweg vergessen. Doch schließlich finden sich sechs der angekündigten acht im Raum, lauschen Raslans Erläuterungen, wie das Leben in Deutschland und vor allem der Zugang zum Arbeitsmarkt organisiert ist. Seit Anfang des Jahres ist der 40-jährige Syrer für die Arbeitsagentur in der Einrichtung auf dem Windhof, um Flüchtlinge zu beraten und ihre Qualifikationen festzuhalten.

„Einen Glücksgriff“ nennt Agentur-Chef Hans-Joachim Omlor den neuen Mann in seinen Diensten, der nach seinem Werdegang eigentlich so gar nicht in die Arbeitsagentur passt. Denn Raslan ist Biologe mit Doktortitel. Seit 2004 ist er in Deutschland, lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Homburg, wo er auch seine Promotion zum Abschluss brachte. Schon zuvor hatte er sich ehrenamtlich für seine Landsleute engagiert. „Ich wollte den Menschen aus meiner Heimat helfen – und als dann das Angebot kam, das hauptberuflich zu tun, habe ich zugegriffen“, erzählt er im Gespräch mit der RHEINPFALZ. Seit Oktober wurde er auf seinen Einsatz auf dem Windhof vorbereitet, seit Mitte Januar ist er in der Afa – mit erkennbar sehr viel Herzblut. Weil die Informationsveranstaltungen der Arbeitsagentur freiwillig sind, ist er geradezu unablässig dabei, sich und seine Termine bei Neuankömmlingen bekanntzumachen. Beispielsweise beim Mittagessen in der Kantine. Fast täglich bietet er Gruppeninformationen an für sechs bis acht Flüchtlinge pro Termin. Wer Genaueres wissen will und sich für den Arbeitsmarkt zumindest mal mit den Rahmendaten registrieren lassen, kommt anschließend zu ihm in die Einzelberatung. Raslans Werben zeitigt Erfolg: Sein Angebot spricht sich herum und findet immer mehr Zuspruch. Binnen vier Wochen seit Mitte Januar haben 85 Flüchtlinge an den Gruppensitzungen teilgenommen, in denen Raslan die Grundzüge des deutschen Sozialsystems erläutert. 54 waren in seinen Einzelberatungen – Tendenz schnell steigend. Raslan führt akribisch Statistik; und sein Chef Omlor ist überrascht: „Ich hätte nicht gedacht, dass die Berufe so vielfältig sind.“ Ärzte, Krankenschwestern, Journalisten, Lehrer, Studenten, aber auch Fleischer, Bautischler, Dachdecker oder Näherinnen sind unter den Interessenten. 30 Prozent derer, die zu ihm kommen, sind Frauen. Raslans detaillierte Statistik widerlegt jene, die daran zweifeln, dass auch jede Menge Facharbeiter unter den Geflüchteten sind. „Natürlich sind die Ausbildungen nicht immer 100-prozentig vergleichbar mit der in Deutschland. Aber es ist ein Punkt, an dem wir bei der Weiterqualifikation ansetzen können“, sagt Omlor. An diesem Tag sind in der Veranstaltung unter anderem ein Ingenieur und ein Dolmetscher („Ich habe für die CIA in Afghanistan gearbeitet“) mit dabei. Ihre Fragen gehen über den Arbeitsmarkt hinaus. Raslan ist das gewöhnt: „Man wird mit der Zeit zum Ansprechpartner für alles“, sagt er lächelnd. (wop)

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