Kusel Der Kreis sucht nach Wohnungen

Kusel. Derzeit redet hier in der Region alles über die Flüchtlinge in der Notunterkunft auf dem Windhof. Doch wie schaut es mit jenen aus, die aus Erstaufnahmeeinrichtungen bereits entlassen und auf die Kommunen verteilt worden sind? Wie viele sind es, wo wohnen sie und was kostet es den Landkreis? Die RHEINPFALZ hat bei der Verwaltung nachgefragt. Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Der Kreis bräuchte dringend weitere Wohnungen.

Dass die Zahlen deutlich steigen, wird niemanden mehr überraschen. Stand 7. Oktober waren insgesamt 485 Menschen im Landkreis untergebracht, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Das sind fast doppelt so viele wie zum selben Zeitpunkt ein Jahr zuvor. Damals waren es 261 gewesen, für die der Kreis Unterkunft, Hilfen zum Lebensunterhalt sowie die Gesundheitskosten übernimmt. Allerdings sind das noch nicht alle Flüchtlinge, die im Kreis untergebracht sind. Hinzu kommen laut Wolfgang Müller von der Ausländerbehörde jene, die beispielsweise aufgrund ihres besonderer Status sofort arbeiten dürf(t)en und damit nicht mehr Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Entweder stehen sie schon in Lohn und Brot oder sie sind beim Kommunalen Jobcenter registriert. Auffällig ist die ungleiche Verteilung der Flüchtlinge auf die unterschiedlichen Verbandsgemeinden. Den größten Anteil hat die Verbandsgemeinde Kusel übernommen – und hier wiederum die Stadt Kusel, wo 152 der Asylbewerber wohnen. Auf Rang zwei der Städte und Ortsgemeinden folgt Wolfstein mit 88; vor der Ortsgemeinde Altenglan mit 52. Etwas erstaunen dürfte die geringe Anzahl an Flüchtlingen, die in der künftigen Dreier-Verbandsgemeinde im Süden des Kreises untergebracht sind: 35 in Schönenberg-Kübelberg, 20 in Glan-Münchweiler und vier in Waldmohr. Der Kreis, der die dezentrale Unterbringung bevorzugt, weil diese eine bessere Integration ermöglicht, hat derzeit 84 Wohnungen angemietet, um Flüchtlinge unterzubringen. Fünf von ihnen sind in kommunalem Besitz, 79 gehören Privatleuten. Bisher sei die Unterbringung kein Problem gewesen, weil ausreichend Wohnraum zur Verfügung stand im Kreis. Doch bei den sich abzeichnenden steigenden Zahlen habe der Kreis einen dringenden bedarf an geeigneten privaten Mietwohnungen zu angemessenen Preisen. Wer eine entsprechende Wohnung habe, werde gebeten, diese an die Kreisverwaltung zu melden. Bislang sind dem Kreis in diesem Jahr bis Mitte Oktober 360 Flüchtlinge vom Land zur Unterbringung zugewiesen worden. Wie viele es bis Jahresende werden, konnte Marc Wolf von der Abteilung Jugend und Soziales noch nicht beantworten. Es lässt sich aber in etwa berechnen: Kommen tatsächlich in diesem Jahr 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland – und inzwischen werden sogar noch höhere Zahlen genannt –, dann wären es für den Landkreis Kusel insgesamt 692. Diese Zahl ergibt sich aus dem Anteil von Rheinland-Pfalz an der bundesweiten Zahl der Flüchtlinge (4,8 Prozent) sowie dem Anteil des Kreises Kusel an den Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz (1,8 Prozent). Laut Wolf war der Kreis bei seiner Haushaltsplanung vor knapp einem Jahr von etwa 30 zugewiesenen Asylbewerbern pro Monat ausgegangen. Zuletzt, seit September, seien es teilweise 30 pro Woche gewesen. Dass seit Anfang September die Notunterkunft auf dem Windhof betrieben wird, hat offenbar noch keine Auswirkungen auf den Schlüssel, nach dem Flüchtlinge dem Kreis zugeteilt werden. Denn für eine Erstaufnahmeeinrichtung bekommt der Kreis hier sozusagen einen Rabatt von acht Prozent der Gesamtkapazität. Diese ist vom Land für den Windhof mit 700 Plätzen benannt worden; folglich bekommt der Kreis 56 Flüchtlinge weniger zur Unterbringung zugeteilt, als es der Verteilungsschlüssel vorsieht. Auch Abteilungsleiter Wolf wusste gestern nicht mit Sicherheit zu sagen, ob bereits die Notunterkunft hier angerechnet wird oder diese Regelung erst in Kraft tritt, wenn die Erstaufnahmeeinrichtung im Dezember ihren Betrieb aufnimmt. Von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion habe er dazu noch keine eindeutige Auskunft. Er vermutet aber, dass die Regelung Kusel erst ab Dezember zu Gute kommt. Das hat finanzielle Auswirkungen auf den Kreis, der in seinem Haushalt 3,5 Millionen Euro an Ausgaben für Leistungen aus dem Asylbewerbergesetz angesetzt hatte. Im Gegenzug waren Einnahmen von rund 1,6 Millionen Euro veranschlagt worden – deren Berechnung ergab sich aus dem monatlichen Satz von 513 Euro, die das Land den Kommunen pro Flüchtling erstattet. Allerdings maximal für drei Jahre. Bleibt ein Asylbewerber länger – etwa wegen Krankheit –, gehen die Kosten komplett zu Lasten des Kreises. Da die 513 Euro pro Flüchtling und Monat bei weitem nicht reichen, legt der Kreis bei jedem Asylbewerber drauf. Daran wird sich dem Grunde nach auch nichts ändern, wenn der Bund künftig 670 Euro zahlt – allerdings ans Land. Wie viel von dort dann an die Kommunen fließt, ist noch nicht bestimmt. Jedenfalls: Bislang hat der Kreis 2,4 der angesetzten 3,5 Millionen Euro ausgegeben; 1,96 Millionen Euro für die laufenden Leistungen, 440.000 Euro für Krankenhilfekosten. Angesichts der seit September steigenden Flüchtlingszahlen geht aber auch die Kreisverwaltung davon aus, dass die ursprünglich geplanten Kosten deutlich überschritten werden. Bleibt noch die Frage, welchen Status die vom Landkreis untergebrachten Asylbewerber haben. Für 150 der 485 ist noch keine Entscheidung über den Asylantrag gefallen – zum Teil sind die Anträge noch nicht einmal gestellt. Das gilt vor allem für jene Flüchtlinge, die in jüngster Vergangenheit aus den überlasteten Erstaufnahmeeinrichtungen an den Kreis überwiesen wurden. Laut RHEINPFALZ-Informationen gibt es sogar Flüchtlinge, deren Anhörungstermin erst im nächsten Mai liegt – geschuldet der Personalnot beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Von den 485 im Kreis untergebrachten Asylbewerbern ist laut Kreisverwaltung nur einer anerkannt. Allerdings haben 91 weitere eine Aufenthaltsgenehmigung, weil ihnen ein besonderer Status zuerkannt wird – das gilt beispielsweise für Syrer. Bei 144 weiteren Menschen wird der Aufenthalt in Deutschland derzeit geduldet. 45 von ihnen sind sogenannte Asylfolgeantragsteller. Deren Asylantrag ist bereits abgelehnt worden, doch weil sich die Situation in ihrem Heimatland geändert hat oder sie neue Beweise vorlegen wollen, gibt es möglicherweise ein erneutes Verfahren. Darüber entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Bei den 99 anderen ist der Asylantrag bereits abgelehnt und sie müssten eigentlich ausreisen. Doch bei 69 von ihnen bestehen sogenannte Abschiebehindernisse – beispielsweise aufgrund einer schweren Erkrankung. Die übrigen 30 müssten eigentlich sofort in ihre Heimatländer zurückkehren.

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