Kreis Germersheim Sport und Party ohne Unterschiede

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Germersheim: Junge Menschen verschiedener Kulturen feiern beim Fußballturnier und „Rock für Vielfalt“. Sie leben einen Abend lang Verständigung und Toleranz vor und wünschen sich mehr Veranstaltungen dieser Art. Politik steht nicht im Vordergrund.

Gitarrensaiten erklingen, dazu ein eingängiger Beat des Schlagzeugs. Rotes Scheinwerferlicht flutet die Aula der Berufsbildenden Schule. Die Band „The One Day Fly“ gibt Vollgas. Ahmed und Bassel lehnen sich an einen Stehtisch, beide haben ein Glas Bier vor sich stehen und hören gespannt der Musik zu. „Super Musik!“, rufen sie. Mehr verstehen sie auch nicht – es ist laut im Raum. Einige der rund 150 Besucher am frühen Samstagabend sitzen in Grüppchen verteilt auf dem Hallenboden. Andere haben es sich auf den großen Fensterbänken bequem gemacht. Die meisten aber treffen sich in geselligen Runden an den Stehtischen oder mitten im Raum. Die großen Fenster lassen noch etwas Tageslicht in die Aula scheinen. Fatima El Eter lehnt an einer Hallenwand, ihre Augen sind auf die Bühne fokussiert – der Hauptgrund, weshalb sie hier ist. „Ich bin hauptsächlich wegen der Band hier“, sagt sie. Die Musik erleben – darum ging es auch Ziya Yüksel. Er ist Vorsitzender des Veranstalters FV Türkgücü Germersheim. „Rock für Vielfalt“, das Motto des Abends, ist gleichzeitig eine hochpolitische Botschaft. „Es ist eine Veranstaltung für Demokratie“, erklärt er. „Dabei geht es darum, Vielfalt als Positives zu sehen.“ Sein Appell geht an alle Bürger, nicht speziell an Ausländer, Menschen mit Migrationshintergrund, Flüchtlinge oder Deutsche. Die Herkunft soll keine Rolle spielen, wenn es darum geht, sich zu verständigen und gemeinsam Spaß zu haben. Politische Reden schwingen will Yüksel an diesem Abend allerdings nicht. „Das kommt nicht so gut an.“ Die Besucher sollten die kulturelle Vielfalt und das Miteinander lieber selbst erleben. Das tun auch Kate, Aideen, Dana und Dani, die sich lässig um einen Stehtisch versammelt haben, der Musik zuhören, scherzen und lachen. Dana studiert in Germersheim, die anderen sind ehemalige Studenten. Sie sind wegen der Musik beim Konzert. „Wir kennen Leute in der Band“, erzählt Aideen. Deshalb seien sie hergekommen. Doch Studenten, erzählen sie, sehe man auf solchen Veranstaltungen in Germersheim viele. Und damit auch viele Nationalitäten. Sie etwa kommen aus England, Irland und Syrien. Auch Ahmad findet, das sei „eine richtig gute Sache“, wendet aber ein: „Ich finde, solche Veranstaltungen gibt es hier nicht so viele.“ Aus diesem Grund will Yüksel das Event häufiger stattfinden lassen. Sollte es ein nächstes Konzert geben, will er dafür auch eine russischstämmige Band gewinnen. Doch das sei Zukunftsmusik. Erst einmal müsse dieses Konzert erfolgreich verlaufen. Er wünsche sich rund 300 Besucher, am frühen Abend war es die Hälfte. Jana ist mit ihren Freundinnen hier. Sie findet es „schade, dass so wenig los ist.“ Sie wünscht sich noch mehr Besucher – vor allem Deutsche. „Es geht um Verantwortung, darum, auf die Menschen zuzugehen. Für beide Seiten.“ Doch sie fügt hinzu: „Dass so viele Flüchtlinge gekommen sind, zeigt, dass sie es wollen.“ Ganz unpolitisch ist die Veranstaltung eben doch nicht. Auch Heinke Schaffhauser, Pressesprecherin des Kreisverbands der Grünen, hat sich ein Bild gemacht. Sie ist positiv überrascht. „So stelle ich mir Vielfalt vor“, sagt sie. „Germersheim stellt sich so dar, wie es wirklich ist.“ Unbewusst hat der Verein Türkgücü ein weiteres politisches Zeichen gesetzt. Am 29. Oktober 1923, also vor genau 93 Jahren, wurde in der Türkei die Republik ausgerufen. Deshalb hing an der Bühne auch eine Atatürk-Fahne.

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