Ottersheim Queichwiesen wurden geflutet

Am Samstag gab es eine kleine Feierstunde anlässlich der Bewerbung,
Am Samstag gab es eine kleine Feierstunde anlässlich der Bewerbung,

Am Wochenende stieg der Wasserpegel der Queich und Flächen wurden geflutet. Störche, Landwirte und Anwohner schätzen die Wiesenbewässerung gleichermaßen.

Immaterielles Kulturerbe sind zum Beispiel geliebte Traditionen. Dazu zählt auch die 250 Jahre alte Wiesenbewässerung am historischen Ottersheimer Teilungswehr. Am Samstag wurden die Queichwiesen wieder einmal geflutet, das Kommando gab Koordinator der Interessengemeinschaft (IG) Queichwiesen, Pirmin Hilsendegen. Zahlreiche Gäste konnten so direkt beobachten, wie der Wasserspiegel stetig stieg.

Das Wehr in Ottersheim ist eines von zehn dieser Art, die im Rahmen der Wiesenbewässerung zum Einsatz kommen. Das Wasser der Queich wird nach gemeinsamer Absprache an der jeweiligen Stelle aufgestaut und fließt im Laufe der Nacht und der folgenden Tage in die Wiesen. Die Queichwiesen stellen mit knapp 400 Hektar das größte zusammenhängende noch aktiv betriebene Wiesenbewässerungssystem in Deutschland dar.

Antrag liegt in Paris

Im Dezember 2018 wurde die Wiesenbewässerung von der Kultusministerkonferenz in das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes nach der UNESCO-Konvention aufgenommen. Die Interessengemeinschaft (IG) Queichwiesen hat in den vergangenen drei Jahren zusammen mit sieben weiteren europäischen Ländern an einer gemeinsamen Bewerbung für die weltweite Anerkennung der Traditionellen Bewässerung als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit gearbeitet. Dieses Verfahren konnte vor vier Wochen zum Abschluss gebracht werden. Der vollständige Antrag wurde bei der UNESCO in Paris eingereicht. Der Entscheidungsprozess wird über mehrere Stufen laufen, so dass frühestens Ende 2023 mit einer Entscheidung gerechnet werden kann. Trägerin ist die IG Queichwiesen.

Unter Federführung der Gemeinde Ottersheim kommen seit 1996 Landwirte, Naturschützer und Vertreter der Kommunen, in denen Wiesenbewässerung aktiv betrieben wird, zusammen. Gemeinsam setzen sie sich für die Erhaltung der Wiesen durch Nutzung und für die Fortsetzung der Bewässerung ein. In einer Feierstunde am Teilungswehr erläuterte Hermann Josef Schwab die Geschichte des Wehrs, Peter Keller informierte über Flora und Fauna der Wässerwiesen

Viele profitieren von Bewässerung

Die Interessengemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Landwirten, Naturschützern und sieben Kommunen entlang der Queich. Sie bietet einen „Runden Tisch“, an dem alle Beteiligten gemeinsam an Lösungen zur Erhaltung der Wiesenlandschaft und zur Fortsetzung der Wiesenbewässerung arbeiten. Der bessere Ertrag und die höhere Futterqualität ermöglichen der Landwirtschaft eine rentable Bewirtschaftung. Die Kommunen profitieren von dieser „Landschaftspflege durch Nutzung“ und die Bevölkerung genießt die attraktive Landschaft. Auch für den Naturschutz ist die Fortsetzung der Wiesenbewässerung unerlässlich für die Vielfalt an Tieren und Pflanzen, die auf die wechselfeuchten Verhältnisse angewiesen sind.

Den Landwirten bringt. sie den Mehrertrag, der es ihnen möglich macht, die Wiesen rentabel zu bewirtschaften, auch ohne oder mit geringer Düngung. Außerdem schafft die Bewässerung die wechselfeuchten Verhältnisse, auf die etliche Tier- und Pflanzenarten angewiesen sind. Sie dient also sehr der Artenvielfalt. Auch der Weißstorch profitiert von der Aktion. Durch den kurzzeitigen Überstau der Wiesen werden Mäuse, Regenwürmer, Insektenlarven und andere Beutetiere aus dem Boden getrieben. Dadurch können die Störche in den bewässerten Wiesen mit minimalem Zeitaufwand viel Nahrung aufsammeln Außerdem sind Hochwasserschutz, Klimawandel oder sinkende Grundwasserstände noch ganz andere Fragen, die uns alle beschäftigen. Die traditionelle Bewässerung der Wiesen ist also keine Spielerei oder Folklore-Veranstaltung. Sie hat heute noch eine wichtige Bedeutung und – möglicherweise- eine noch wichtigere in der Zukunft.

Das Wasser wird erst gestaut und flutet dann die Wiesen.
Das Wasser wird erst gestaut und flutet dann die Wiesen.
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