Kreis Germersheim Mehr Geld, aber nicht viel mehr Bildung

Nach dem Pilotabschluss in Baden-Württemberg für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie am Dienstag haben sich am Mittwoch auch die Tarifparteien im Bezirk Mitte darauf verständigt, die wesentlichen Tarifregelungen zu übernehmen. Demnach erhalten auch die 400.000 in der Branche beschäftigten Arbeitnehmer in Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland ab dem 1. April 3,4 Prozent mehr Geld und zuvor eine Einmalzahlung von 150 Euro.

Ursprünglich gefordert hatte die IG Metall 5,5 Prozent mehr Lohn und ganz besonders Verbesserungen bei den Fortbildungsmöglichkeiten. Für letzteres Ziel hatten sich vor allem auch die jungen Arbeitnehmer stark gemacht. So waren etwa die Auszubildenden des Mercedes-Werkes in Wörth gemeinsam mit jungen Kollegen aus den Daimler-Standorten in Germersheim und Offenbach erstmals gemeinsam und gesondert als Junge in den Streik getreten. Sie hatten mit einer Protestaktion vor dem Werkstor in Wörth ihren Forderungen nach mehr Bildungschancen Ausdruck verliehen (wir berichteten). Neben dem Entgelt wurden zwar nun auch die Altersteilzeit und Möglichkeiten zur individuellen Fortbildung neu geregelt. Bei der Bildungsteilzeit gebe es erstmals einen „erstreitbaren Zugang auf persönliche berufliche Weiterbildung“, sagte IG Metall-Bezirksleiter Armin Schild der Nachrichtenagentur dpa. Verbindliche Arbeitgeberzuschüsse zur Lohnfortzahlung, wie sie sich die Daimler-Auszubildenden unter anderem gewünscht hatten, gibt es aber nicht: Die Arbeitnehmer müssen das Zeitbudget selbst ansparen oder auf freiwillige Zahlungsvereinbarungen in ihrem Betrieb hoffen. Der Betriebsratsvorsitzende des Mercedes Lastwagenwerks in Wörth, Ulli Edelmann, bewertet den gegenwärtigen Abschluss als Erfolg – auch im Bildungsbereich. Die Arbeitgeber hätten sich über das Thema in den Tarifverhandlungen ursprünglich ja nicht einmal unterhalten wollen, gibt er zu bedenken. „Wir wollten einen Einstieg in die Selbstentscheidung“, der sei gelungen. Allerdings habe man bei der Fortbildung etwas zurückgesteckt „zugunsten von Geld“, räumt Edelmann ein. Daher wolle er den Abschluss „nun nicht über den grünen Klee loben“. Die Frage, „wie kommen die Alten raus und wie bleibt es für die Jugend attraktiv?“, werde bei den kommenden Tarifrunden aber wieder aufgegriffen, verspricht Edelmann. „Nächstes Jahr geht es ja schon wieder los.“ Dass die Neuregelungen eine „echte Verbesserung im Vergleich zum vorhergehenden Tarifvertrag“ seien, findet auch Philipp Nerger, Jugendsekretär der IG Metall in Neustadt. Die Arbeitnehmer verfügten nun über ein erstreitbares Recht auf Fortbildung. Über dessen Einhaltung wachten die Betriebsräte. Der Einstieg in die Diskussion über das Bildungsthema sei somit geschafft. Ihre Ziele erreicht zu haben nehmen derweil auch die Arbeitgeber in Anspruch: „Wir haben die Altersteilzeit modernisiert und Modelle zur Förderung von Weiterbildung entwickelt, ohne dass es dadurch zu einer höheren Kostenbelastung der Betriebe durch irgendwelche Zwänge kommt“, sagte der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Thomas Brunn, der Deutschen Presseagentur. Mit dem Abschluss wurden Urabstimmung und Streik in der deutschen Schlüsselindustrie vermieden. Seit Ende Januar hatte die IG Metall in zahlreichen Betrieben auch in der Südpfalz zu Warnstreiks aufgerufen. „Der Druck von 120.000 Warnstreikenden im Bezirk hat die Arbeitgeber offenbar beeindruckt“, sagte Bezirksleiter Schild. Laut Ulli Edelmann will die Tarifkommission der IG Metall heute über das Verhandlungsergebnis abstimmen. Er ist zuversichtlich, dass das Gremium der Einigung zustimmt. „Die Stimmung ist gut.“ (fex)

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