Kreis Germersheim Die Zahlen hatte der Doktor nicht im Griff

Zu einem Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen gewerbsmäßigen Betruges und Urkundenfälschung verurteilte das Amtsgericht Germersheim jetzt einen Arzt aus der Südpfalz. „Auch für uns ein ungewöhnlicher Fall“, sagte die Vorsitzende Richterin. Denn der Hausarzt sei eigentlich derjenige, der Hilfe gebe und nicht der, der Hilfe brauche.

Doch der Mediziner sei, so sein Verteidiger, „ein Familienmensch“. Er habe immer alles selbst regeln wollen. Das konnte er jedoch längst nicht mehr, denn mit dem Hausbau geriet er schon vor Jahren in die Schuldenfalle. Statt mit seiner berufstätigen Frau und seinen Kindern über die Probleme zu sprechen, habe er Rechnungen liegenlassen und die finanziellen Sorgen einfach verdrängt. Bis es fast zur Katastrophe kam. Der gestandene Hausarzt habe kein Verständnis für Zahlen und seine finanzielle Lage nicht unter Kontrolle gehabt, suchte der Verteidiger Erklärungen. Unterm Strich waren es gut 64.800 Euro, um die der Arzt aus Finanznot eine Versicherung betrog. Er hatte einen Vertrag, durch den er als chronisch Kranker ein Medikament kostenlos bekam. Um die entsprechenden Rezepte doch bei der Krankenversicherung abrechnen zu können, besorgte er sich den Stempel der örtlichen Apotheke. Von April 2007 bis März 2008 reichte er so insgesamt 37 gefälschte Abrechnungen bei der Versicherung ein. Das Geld, so sagte der Angeklagte dem Gericht, habe er zum Leben gebraucht. Für den Staatsanwalt wogen Geständnis und Reue nicht so schwer. Er sah vielmehr eine erhebliche kriminelle Energie und beantragte eine Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren für den bisher unbescholtenen Mann. „Wenn man die Anklageschrift liest, könnte man meinen, der Mandant sei ein Schwerverbrecher“, merkte der Verteidiger an. Für ihn wären die Taten mit einer Verwarnung bestraft genug. Denn mit einer Freiheitsstrafe könnten dem Arzt standesrechtliche Konsequenzen drohen. Doch die Richterin hielt entgegen, dass dieser Aspekt für das Gericht keine Rolle spiele. Entscheidend für das Urteil seien die kriminelle Energie, der lange Zeitraum und der relativ hohe Schaden. Dass der Angeklagte den Schaden wieder gut machen müsse, sei selbstverständlich. Darüber hinaus muss er eine Bewährungsauflage von 6000 Euro an den Pfälzischen Verein für soziale Rechtspflege zahlen. „Das ist ein Denkzettel“, schloss die Amtsrichterin. (mldh)

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