Kreis Germersheim Absichtlich nicht gemäht

Keine Nachlässigkeit, sondern geplanter Wildwuchs.
Keine Nachlässigkeit, sondern geplanter Wildwuchs.

«Maximiliansau». Auf den Grünflächen neben dem Fußweg, vorbei am Minigolfplatz ist viel los. Amseln, Spatzen, Rotschwänzchen, Grünfinken und auch ein paar Ringeltauben picken eifrig im hohen Gras und zwischen den blühenden Kräutern. Wiesenschaumkraut, Gänseblümchen, Hahnenfuß und weitere Blüten locken Insekten an. Hier wurde noch nicht gemäht in diesem Jahr. Auch die meisten anderen öffentlichen Grünflächen durften bisher einfach ihre Fülle und Schönheit entfalten, ohne direkt wieder gestutzt zu werden. Wer genau hinschaut, sieht, dass es Natur und Tierwelt sehr gut tut. Hinter dem „Wildwuchs“ steckt nicht etwa Nachlässigkeit oder mangelnde Ordnungsliebe, wie manche Bürgerstimmen verärgert verlauten lassen. Nein, es ist pure Absicht. Denn wie Michael Fischer von der Stadtverwaltung Wörth mitteilt, wurden die Grünflächen bisher aus ökologischen Gründen weitgehend noch nicht gemäht. „Gerade bei blütenreichen Wiesen gibt es auch positive Rückmeldungen“, ist Fischer erfreut. Mit dem Projekt „Blühende Stadt Wörth“ möchte die Stadt den Artenreichtum von Pflanzen und Tieren auf Grünflächen erhöhen und vorhandene Flächen, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden, besser zur Förderung der biologischen Vielfalt nutzen, heißt es auf der Homepage. Dort ist auch der Bericht zum Biodiversitätsmonitoring von 2018 zu finden, das Wörth in Auftrag gegeben hat. Verschiedene Grünflächen, so genannte „Eh-Da-Flächen“, werden weniger gemäht und mehr sich selbst überlassen oder mit Wildblumensamen bestückt. „Um Insekten einen Lebensraum bieten zu können, soll die Grünflächenpflege künftig extensiver erfolgen“, kündigt Fischer an. Manche Flächen werden nur noch ein- bis zweimal im Jahr gemäht, bei manchen bleiben 20 bis 30 Prozent als so genannte Altgrasinseln alternierend stehen. So bleiben Teile des Lebensraums erhalten als Nahrungsquelle, Orte für Eiablage, Rückzug und Überwinterung für Insekten wie beispielsweise Wildbienen, Hummeln und Marienkäfer. Biologen zählen Insekten Die ökologische Entwicklung von ausgewählten Monitoringflächen wird künftig von Biologen beobachtet. Eine der Flächen liegt in Maximiliansau nahe der Bahnhaltestelle Im Rüsten an der Pfortzer Straße. Die Experten haben 2018 das Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten sowie deren Häufigkeit bestimmt und Entwicklungspotenzial festgestellt: Auf kleineren, intensiv gemähten Flächen fanden die Biologen nur 20 bis 30 Insekten. Sie werden nun schauen, ob Vielfalt und Anzahl durch die geänderte Grünpflege zunehmen. Doch nicht nur die Häufigkeit der Mahd ist ausschlaggebend – auch, ob gemäht oder gemulcht wird. Beim Mulchen bleibt der Schnitt liegen und mehr Nährstoffe gelangen in den Boden. Das ist gut für Gras, heimische Wiesenblumen und Kräuter benötigen jedoch mageren, nährstoffärmeren Boden. Das bedeutet, dass das Mähgut künftig von den Monitoringflächen abgefahren wird. Die auf diesen Modellflächen gewonnenen Erkenntnisse sollen laut Stadtverwaltung mittelfristig auf städtischen Grünflächen angewandt werden. Bis dahin gilt der aktuelle Grünflächen-Pflegeplan als Vorgabe. Spielplätze, Friedhöfe und intensiv genutzte Flächen wie der Bürgerpark werden je nach Witterung mindestens 10 bis 12 mal im Jahr gemäht, durchschnittliche Grünflächen 3 bis 5 mal und Ausgleichs- beziehungsweise Randflächen nur ein- bis zweimal im Jahr. „Wegen der feuchten Witterung sind die Gräser schnell gewachsen in den letzten Wochen, deshalb wird jetzt auf den Flächen, die weiterhin regelmäßig gemäht werden, mit den Arbeiten begonnen.“ Die Mitarbeiter des Bauhofs wurden durch die Biologen eingewiesen und für die Ansprüche der Insekten sensibilisiert. Wer gerne in seinem eigenen Garten etwas für die Artenvielfalt tun möchte, findet auf der Homepage der Stadt einige Tipps zur Gestaltung unter dem Punkt „Blühende Stadt Wörth“ im Bereich „Klimaschutz“.

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