Kreis Bad Duerkheim Großer Traum von kleiner Welt

Früher, noch bevor wir alle Computer hatten und zum Spielen noch vor den Bau gegangen sind, wollten alle Jungs eine Modelleisenbahn haben. So war das auch bei Ludwig Faust. Kein Wunder, dass er sich mächtig gefreut hat, als unter dem Weihnachtsbaum ein Paket mit einem Zug und Schienen lag. Das ist sehr lange her, fast 80 Jahre.

Viel spielen konnte er mit der Bahn nicht. Erst kam ein großer Krieg dazwischen, danach hatte er keine Zeit zum Spielen mehr und verschenkte sie vor etwa 40 Jahren. Als Bauunternehmer hatte er natürlich immer viel mit Baggern und Lastwagen zu tun gehabt, aber das hat mit Spielen weniger zu tun als ihr denkt. Das Interesse an Modelleisenbahnen hat ihn aber nie losgelassen. Klar, das hat auch seine Frau gemerkt. So hat sie ihm über die Jahre immer wieder Loks und Züge geschenkt. Die gab es in Bad Dürkheim damals noch bei Ulrich. Nur zum Aufbauen ist Ludwig nie gekommen. Bis vor ungefähr fünf Jahren. Er hatte sich schon zur Ruhe gesetzt und seine Frau war leider gestorben. Da fasste er den Entschluss, all die Schachteln auszupacken und eine schöne, große Bahn aufzubauen, mit Landschaft und allem Drum und Dran. Er richtete seine alte Werkstatt her und machte sich an die Arbeit. Natürlich braucht man immer wieder Teile und Rat, wenn man so etwas angeht. Und so lernte er Heinrich Heine aus Deidesheim kennen, dessen Sohn betreibt in Deidesheim einen Modelleisenbahn-Laden. Zusammen bauten die beiden dann gut vier Jahre an dieser riesigen Anlage. Rund 130 Meter Schienen haben sie verlegt. Das wären im echten Leben mehr als elf Kilometer. Straßen hat Ludwig Faust nachgebaut und Häuser, diesmal aber ganz kleine. Den Neustadter Bahnhof, den von Bad Dürkheim, das Riesenfass, das Bahndepot mit dem Kreisel davor, einen Weinberg man erkennt gleich, wo es sein soll. Wenn man vor so einer Anlage steht, sieht man gleich, wie viel Arbeit darin steckt. Wie viel Planung dafür nötig ist, kann man nur erahnen. Da hat Heines Sohn viel mitgeholfen. Sechs Züge können hier gleichzeitig fahren. Rund 35 Loks stehen auf der Anlage, ein Stockwerk tiefer im Schattenbahnhof können weitere darauf warten, über eine Rampe nach oben zu fahren. Die Züge machen Geräusche, sind beleuchtet und die Dampfloks können auch dampfen. Damit die auf den Strecken aber nicht alle Biebernase lang zusammenstoßen, regeln 21 Signale wie bei der großen Eisenbahn den Verkehr. Gesteuert werden die Signale, die rund 30 Weichen und die Züge natürlich digital von einem Pult aus. Das zeigt auch an, wenn die Dampfloks wieder mit Wasser, Kohle und Sand versorgt werden müssen. Verpasst man das, fahren sie nur noch im Schneckentempo weiter. Fertig ist die Anlage noch lange nicht, sagen Ludwig Faust und Heinrich Heine. Doch bei aller Tüftelei und technischer Arbeit haben sie eines nicht verlernt: das Spielen mit der Eisenbahn. (awg)

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