Kreis Bad Duerkheim Fußball spielen statt Wäsche waschen

Achteinhalb Monate lang Hitze, Wohnen in baufälligen Baracken, kein Strom, Ratten und sogar das Denguefieber: Roswitha und Werner Funck haben einiges ertragen, um Waisenkindern in Haiti ein neues Zuhause zu errichten. Ihr Lohn: das Lachen und die Zuneigung der Kinder.

Viereinhalb Monate im vergangenen Jahr und vier Monate von Januar bis Anfang Mai war das mennonitische Ehepaar aus Enkenbach in Ca Ira, einem kleinen Ort in der Nähe der Hauptstadt Port-au-Prince, um beim Aufbau eines Kinderheimes zu helfen. Vor gut vier Jahren hatte ein Erdbeben gut 90 Prozent der Häuser in der Region zerstört und vielen Kindern die Eltern genommen. Damit sie nicht länger in Baracken leben müssen, hat die internationale Hilfsorganisation Gain (Global Aid Network) den Bau eines neuen Kinderheimes in Angriff genommen. Roswitha Funck, für das mennonitische Hilfswerk Deutschland oft in Äthiopien unterwegs, und ihr Mann, mennonitischer Pastor im Ruhestand, konnten nicht Nein sagen, als ihr Sohn, der hauptberuflich für Gain arbeitet, sie um Unterstützung bat: Der Projektleiter musste kurzfristig ersetzt werden. Für die Eltern gab es kein langes Überlegen: Hilfseinsätze in tropischen Ländern gewohnt, machten sich die beiden vor rund einem Jahr auf nach Mittelamerika. Ein Heim für 50 Kinder samt Schule und Gästehaus war dort im Bau; der Mädchentrakt war fast fertig, als Funcks dort ankamen, der Jungentrakt gerade begonnen. „Beide Häuser sind – bis auf Fliesenarbeiten – jetzt fertig“, berichtet Werner Funck zufrieden, „inklusive Sanitäranlagen und Einrichtung wie Schränke, Betten, Spiegel, Kleiderhaken ...“ Ende Juni werden die Kinder die Räume beziehen. „Die Mädchen hätten bereits einziehen können, aber die Jungen sollten sich nicht benachteiligt fühlen“, ergänzt er. Statt 25 werden sich dann drei bis sechs Kinder ein Zimmer teilen, je nach Alter. Für die elf Mitarbeiter des Arbeitsteams war der Pastor zuständig, nachdem der Bauleiter, der das Paar im September abgelöst hatte, im Dezember gegangen war. Seine Frau half ihm dabei, kümmerte sich vor allem um die Details und legte den Garten an; zudem lernte sie eine junge Frau an, die das Gästehaus – das für freiwillige Helfer, Sponsoren und Paten der Kinder zur Verfügung steht – managen soll. Keine leichte Aufgabe, wie Funck feststellte. „Vieles, was für uns selbstverständlich ist, musste ich ihr mühsam beibringen: Einkaufen, dafür sorgen, dass genug Vorrat da ist, gründlich sauber machen“, zählt sie einiges auf. „Und am Abend habe ich nicht gesehen, was ich geleistet hatte, im Gegensatz zur Arbeit am Bau.“ Eigentlich hätte ihr Sohn sie nach der Pause gern schon im Dezember wieder in Haiti gesehen, aber Roswitha Funck hat noch anderes zu erledigen: „Ich war eine Woche in Äthiopien, um zu sehen, wie die Projekte des Hilfswerkes dort laufen“, sagt sie wie selbstverständlich und so ganz nebenbei. Obwohl sie schon sehr oft in Äthiopien war, schwebte diesmal ein wenig Sorge mit: In Haiti hatte sie sich, ebenso wie ihr Mann, im vergangenen Jahr mit dem Denguefieber infiziert. Zwar war sie nun gegen diesen Dengue-Typus immun, aber es gibt noch drei andere. Doch sie kann aufatmen, „auch die Inkubationszeit von Haiti dürfte jetzt vorbei sein“. Auch den „Wecker“ um 5 Uhr morgens vermisst sie nicht: „Dann sprang der Dieselgenerator an und lieferte für zwei Stunden Strom, ebenso wie am Abend.“ Die Zeit galt es zu nutzen, zum Beispiel für Büroarbeiten, denn „Stadt-Strom kommt und geht völlig unberechenbar“. Deswegen sollen noch Solar-Module aufs Dach des Gästehauses, die wie fast das ganze Baumaterial aus Deutschland geliefert wurden. „Batterien sollen noch dazu kommen“, verrät Werner Funck. Wenn morgens der Strom anging, begannen vor allem die Mädchen sofort, sich schön zu machen. „Es gilt, bloß nicht die Armut zeigen“, erklärt Roswitha Funck. Das Spielen mit Puppen mussten sie erst lernen, in Haiti gilt derlei Freizeitbeschäftigung, wie auch Malen, als nicht sinnvoll. „Die Puppen und deren Mobiliar haben die Kinder dann regelrecht kaputtgespielt“, freut sie sich, dass jene nicht mehr nur Wäsche wuschen – der einzige Zeitvertreib bis dahin. Doch die Puppenkleidung blieb vom Waschtrieb nicht verschont. Eine Beschäftigung jedoch teilen fast alle, zumindest die Jungen, in Haiti: das Fußballspielen. „Jeder träumt davon, ein Fußball-Star zu werden“, weiß Werner Funck, „die haben auch ein tolle Ballbeherrschung.“ So war das 14-tägige Fußball-Turnier, das die Schule organisiert hatte, im Kinderheim ein Höhepunkt. Elf Klassen, eine Mädchengruppe, eine Lehrerauswahl und Gain-Mitarbeiter traten gegeneinander an. „Ich bin zum Glück nicht zum Einsatz gekommen“, grinst der Pastor, „das hätte nur der Belustigung gedient“, und seine Frau verdingte sich als Fotografin. Mit Wehmut haben die beiden Ca Ira verlassen, die Abschiedsbriefe der Kinder zeugen davon, wie sehr sie ihnen ans Herz gewachsen sind. Der Einsatz in Haiti ist nun also abgeschlossen – oder gibt es weitere Pläne? „Vorerst nicht“, meinen beide und schauen sich an. Sie wissen selber, dass sie nicht lange untätig zu Hause sitzen werden. (gzi)

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