Karlsruhe Karlsruhe testet, Birnbach macht’s

Ein Roboterbus, wie er im Oktober 2016 in Karlsruhe vorgestellt wurde. Die ersten Exemplare rollen jetzt in Südbayern mit DB-Log
Ein Roboterbus, wie er im Oktober 2016 in Karlsruhe vorgestellt wurde. Die ersten Exemplare rollen jetzt in Südbayern mit DB-Logo.

«Karlsruhe/Bad Birnbach.» Zwischen Eggelham und Kößlarn, irgendwo im Nirgendwo, 20 Kilometer südöstlich von Passau, wird gerade Geschichte geschrieben. Die Deutsche Bahn lässt dort autonom fahrende Busse auf die Straße. Ganz nach Fahrplan. Die Vehikel rollen auch schon andernorts. Derweil soll in Karlsruhe noch auf einem Testfeld geforscht werden, wie das mit den Fahrzeugen ohne Fahrer überhaupt funktionieren soll. „Das Zeitalter des autonomen Fahrens in Deutschland ist am Mittwoch in Bad Birnbach eingeläutet worden: Erstmals wurde hier ein autonom fahrender Bus im öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt, der ganz ohne Fahrer Passagiere von A nach B bringt“, heißt es ein kleinwenig euphorisch beim Bayerischen Rundfunk. Der Bus eines französischen Herstellers ist dabei in unserer Region kein Unbekannter: EZ10 wurde bereits einmal Karlsruhe und Mannheim vorgestellt, in der Fächerstadt sogar gleich mit den Logos des Karlsruher Verkehrsverbunds drauf. 12 Plätze hat der Bus, der den Passagieren eine perfekte Rundumsicht gewährt – weil es keinen Fahrerplatz gibt. Und EZ10 fährt elektrisch. Testfeld? Braucht man in Bad Birnbach nicht. Die Technik funktioniert, die Strecke soll von derzeit überschaubaren 700 Metern alsbald erweitert werden und das Kurzentrum mit dem Bahnhof verbinden. Zwei Exemplare eines anderen Modells rollen derzeit auf dem Frankfurter Flughafen herum, bevor sie ab kommendem Jahr auch auf den öffentlichen Straßen unterwegs sein sollen. Die Zulassung dafür läuft. Probleme sind nicht zu erwarten, denn: Die Busse kurven schon jetzt um Lastwagen und Fußgängern, Gepäck- und Flughafenfahrzeugen. An dem Projekt beteiligt ist die R+V Versicherung, die sich Erkenntnisse verspricht. Einwenden kann man mit Blick auf die Versicherung, dass das gleiche Bus-Modell in der Schweiz (auch da auf öffentlichen Straßen in Sitten im Auftrag der Schweizer Post im Einsatz) in einen Unfall verwickelt war: Das Busselchen rammte eine offene Laderampe eines Lastwagens. Zur Einwendung einwenden muss man dann aber auch: Nicht nur die Sensoren hatten die Laderampe übersehen, auch ein dort eingesetzter Busbegleiter, der den Wagen im Bedarfsfall stoppen kann. Womit bewiesen wäre: Die Technik kann kaum Unfälle vermeiden, die auch der Mensch baut. Ein großer Schaden ist übrigens nicht passiert: Die Busse gondeln eher gemächlich mit Tempo 20. Beteiligt sind an all diesen Orten übrigens Unternehmen, die sich etwas vom Einsatz der autonomen Fahrzeuge versprechen: Bahn, Schweizer Post, Fraport, R+V-Versicherung. Nicht der Steuerzahler. Der darf aber für das Testfeld in Karlsruhe rund sieben Millionen Euro blechen, damit dort ein Problem gelöst wird, das keines ist: Autonom rollender Individualverkehr. Um das deutlicher zu machen: Wer die Staus rund um Karlsruhe auf B 10, A 5, A 8 und auf der Rheinbrücke kennt, wird es zu schätzen wissen, wenn er irgendwann einmal mit seinem Premiumfahrzeug voll steuerfinanzierter Technik im größten Stau des Jahrhunderts festhängt, bis das Rote Kreuz mit Decken und Heißgetränken kommt. Er mag heute noch lächeln über das Tempo der autonomen Busse in Sitten, Frankfurt und Bad Birnbach – 20 Stundenkilometer sind aber schon jetzt ein verlockender Gedanke für all jene Autofahrer, die jeden Tag auf einer der Strecken rund um Karlsruhe im Stau hängen und die Landschaft bewundern, während um sie herum die Abgaswolken wabern. Kurz: Die Zukunft wird elektrisch sein und hat schon andernorts begonnen. Und all jenen Staupendlern der Region sei ein meditativer Gedanke nahegelegt, den sie bei den nächsten Wartestunden vor und auf der Rheinbrücke verfolgen können: Wieso bezahlen die deutschen Premiumhersteller nicht die Forschung am autonomen Fahren, wenn die Technik doch angeblich so neu und interessant ist?

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