Grünstadt Weihnachtslieder mal anders

Es kommt immer darauf an, was man daraus macht, das gilt auch für das Weihnachtslied. Mit ihren Versionen bekannter und weniger bekannter Weihnachtsweisen werden es die drei Herren wohl nie in den Musikantenstadl schaffen, eher auf die Kleinkunstbühne oder in den Jazzkeller. In jedem Fall haben die drei Männer von Tango Transit es am Samstagabend geschafft, in der Ebertsheimer Papierfabrik das Publikum in eine mal etwas andere Weihnachtsstimmung zu bringen.

Mit Tango hatte das Ganze insgesamt ganz wenig zu tun, mit einem Transit auch kaum, eher mit einem Transfer musikalischer Grundstrukturen in eine neue klanglichen Welt. Im Prinzip zerlegen Martin Wagner (Akkordeon), Hanns Höhn (Kontrabass) und Andreas Neubauer (Schlagzeug) Weihnachtslieder, mischen sie neu auf, allerdings nicht im Sinn einer nur beschwingten Version, sondern vielmehr durch den Neuaufbau des ursprünglichen Liedes. Und das mit einer klanglichen und rhythmischen Vielfalt die wohl einzigartig ist. Da klingt zeitweise etwas karibisches Flair durch (Kling, Glöckchen) oder Balkansounds werden untergemischt, Anleihen beim Klezmer genommen, Jazz eingestreut – und alles immer unter der Prämisse der Eigenständigkeit, des Neuen, des Ungehörten. Manchmal fühlt sich der Zuhörer an die Musik von Hiss (bereits öfter zu Gast beim Veranstalter Neuer Landweg) erinnert, dennoch geht Tango Transit einen komplett eigenen Weg. Da ist einmal Martin Wagner, Tastenakrobat auf dem hölzernen Akkordeon, schon vom gespielten Instrument her ein Individualist. Seine Virtuosität ist grandios. Er schafft es, das Akkordeon als neues Instrument zu präsentieren, klanglich und technisch weit weg von allem, was landläufig diesem – wohl auch oft verkannten – Instrument zugetraut wird. Abgrundtiefe Sounds entlockt er dem wundervollen Akkordeon genauso wie fast flüchtende, irrsinnig schnelle Läufe. Er zaubert immer neue Improvisationen und lässt den Zuhörer nie von den wenigen Noten los, die das ursprüngliche Weihnachtslied bietet. Beste Beispiele hierfür waren der „Andachtsjodler“ oder „Es wird scho glei dumpa“, die in Süddeutschland und in Tirol bekannter sind, „als hier im Norden“, wie Wagner die erstaunten Zuhörer wissen lies. Hans Höhn am Kontrabass ist ebenfalls ein Meister seines Fachs, er weiß den Bass mit Bogen, gezupft oder auch als Schlaginstrument perfekt zu bedienen. Immer wieder kommt er mit Klängen und Effekten, die in diesem Moment im Publikum niemand erwartet. Das Engel Geigen spielen ist bekannt. Dieser Bassgeiger spielte sich und seine Zuhörer in den Engelsrausch, der dem Programm den Namen gegeben hat. Dritter im Bunde war Schlagzeuger Andreas Neubauer, der klar erkennbar aus der jazzigen Ecke kommt und in dieser beheimatet ist. Keinesfalls versteht er sein Instrument als bloßen Rhythmusgeber, sondern vielmehr als drittes wichtiges Element, das den Sound von Tango Transit so ungewöhnlich und letztlich unverwechselbar macht. Das Trio war – man muss sagen wieder einmal – ein genialer Schachzug des Veranstalters Neuer Landweg, der den Begriff Christmas-Groove durch die Verpflichtung von Tango Transit neu definiert hat. Mehr davon, das Ensemble wäre sicher auch einen Auftritt im „normalen“ Programm jenseits der Weihnachtszeit wert! (jös)

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