Grünstadt „So richtig zufrieden kann keiner sein“

Für eine 48-Jährige aus der Verbandsgemeinde Hettenleidelheim wird es keine Konsequenzen haben, dass sie im August 2014 in einem Haus in Carlsberg nach Meinung der Staatsanwaltschaft Verwüstungen anrichtete, eine kranke Seniorin, die sie pflegen sollte, sich selbst überließ und Geld gestohlen hat. In einem Verfahren vor der Zweiten Großen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal sah die Kammer am zweiten Verhandlungstag am Montag sowohl von einem Urteil als auch von einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus ab.

Letzteres hatte ein psychiatrischer Sachverständiger empfohlen, und dafür auch plädierte Staatsanwalt Andreas Wisser. Die 48-Jährige habe eine halluzinatorische Schizophrenie, das Geschehen 2014 sei auf einen akuten Schub der Erkrankung zurückzuführen, so der Sachverständige. Auf dieses Gutachten bezog sich Wisser in seinem Plädoyer. Er erinnerte daran, dass es auch vor und nach dem den Vorfall im August schon durch die Krankheit bedingte Auffälligkeiten im Verhalten der 48-Jährigen gegeben habe. Da die Frau nicht einsehe, dass sie krank ist und sich behandeln lassen muss, sei Zwang notwendig, so der Staatsanwalt. Wenn die Frau sich nicht behandeln lasse, bestehe die Gefahr, dass in Zukunft etwas Schlimmeres passiere. Es sei wohl dem Zufall zu verdanken, dass dies bisher noch nicht der Fall war. Auch am Montag sagte die 48-Jährige, die nicht zu der Verhandlung gekommen war, dann von der Polizei vorgeführt wurde und dabei lachte, dass sie keine Medikamente brauche. Sie sei nicht krank, habe nur Stress gehabt. Eine ambulante Gesprächstherapie und Bachblüten seien ausreichend, meinte die 48-Jährige. „Ich verkenne nicht, dass hier ein Krankheitsbild vorliegt“, sagte Alexander Hourlé-Brunner, Anwalt der 48-Jährigen. Es sei nicht bewiesen, dass die Frau das Geld genommen und unter anderem eine Matratze in dem Haus in Carlsberg absichtlich angezündet habe. Die Frau hatte gesagt, dass die Matratze aus Versehen in Brand geraten sei. Selbst wenn seine Mandantin die Taten begangen habe, sei dies kein ausreichender Beleg dafür, dass von der Frau eine Gefährdung für die Allgemeinheit ausgehe, argumentierte der Rechtsanwalt. Nur wenn dies der Fall ist, darf ein Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus anordnen. Hourlé-Brunner erinnerte daran, dass die Zweite Große Strafkammer ursprünglich kein Verfahren gegen seine Mandantin führen wollte, aber durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts dazu gezwungen worden war. Die Anordnung der Unterbringung sei „das schärfste Schwert der Strafjustiz“, sagte der Vorsitzende Richter Karsten Sauermilch. Für diese Anordnung gebe es hohe Hürden und die seien in diesem Fall nicht überwunden. So seien die Taten, die der Frau vorgeworfen werden, nicht schwerwiegend genug, um damit „einen Wegschluss“ zu rechtfertigen. Auch habe die Frau nur eine Vorstrafe wegen Beleidigung und Bedrohung, das sei ebenfalls zu „harmlos“, um eine Unterbringung zu begründen, sagte Sauermilch. Die Frau sei psychisch krank. „Sie ist auch gefährlich und es wird immer wieder zu Konflikten kommen“, befürchtet Sauermilch. Doch das Interesse der Frau, nicht in einer Klinik untergebracht zu werden, wiege aufgrund der Gesamtumstände höher, als das der Allgemeinheit nach Sicherheit. Die Kammer war sich nicht sicher, ob bei den Vorfällen im August die Steuerungs- und damit die Schuldfähigkeit der Frau vollkommen aufgehoben waren. Nur dann, wenn jemand nicht schuldfähig ist, kann er nicht zu einer Strafe verurteilt werden. Die Kammer sah jedoch von einer Strafe ab. „So richtig zufrieden kann keiner von uns sein“, kommentierte Sauermilch den Ausgang des Verfahrens. (ann)

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