Fitness Ein Muskelkater ist kein gutes Zeichen

Wer einen Muskelkater vermeiden will, sollte sich gut warm machen, bevor er das Krafttraining startet.
Wer einen Muskelkater vermeiden will, sollte sich gut warm machen, bevor er das Krafttraining startet.

Nach einem harten Training kann es schon einmal passieren, dass man einen heftigen Muskelkater bekommt. Doch was ist eigentlich ein Muskelkater? Und wie kann man ihn verhindern? Wir haben Jochen Wild, Mannschaftsarzt der Bundesliga-Kunstturner der TSG Grünstadt, gefragt.

Wer so hart trainiert hat, dass er einen richtig heftigen Muskelkater davon hat, fühlt sich meist auch richtig gut – zumindest trifft das auf viele Laien zu. Man hat ja immerhin viel trainiert, sonst hätte man ja keinen so starken Muskelkater. Oder?

Orthopäde Jochen Wild sieht das etwas anders. Der promovierte Mediziner betreibt zusammen mit einem Kollegen in Grünstadt eine Praxis und ist Mannschaftsarzt der Kunstturner der TSG Grünstadt, die in der Zweiten Bundesliga antreten. Wenn man sich die Definition eines Muskelkaters anschaut, weiß man, warum es nichts Gutes sein kann. Das, was man geläufig Muskelkater nennt, sind nämlich kleine Mikroverletzungen der Muskulatur. Man könnte also sagen, es handle sich um kleinste Muskelfaserrisse.

Muskeln sind Bewegung nicht mehr gewohnt

Gerade nach dem Corona-Lockdown müsse man aufpassen, sich nicht zu übernehmen, sagt Wild. Viele Menschen, die sich vorher viel bewegt haben, haben sich in der Zeit des Lockdowns weniger bewegt. Fitnessstudios hatten zu, die Vereine haben sich nicht mehr getroffen und sogar die Bewegung im Alltag habe vielen Menschen gefehlt. Etwa die Wege, die man auf der Arbeit geht oder Spaziergänge durch die Innenstadt, die ausgefallen sind, weil die Geschäfte geschlossen hatten. „Viele wollen dieselben Bewegungen machen wie vorher – die Muskeln sind es aber nicht mehr gewohnt“, erklärt er das Problem. Deshalb sei es wichtig, die Muskeln vorher richtig warm zu machen, damit sie durchblutet werden. Ansonsten fehle einfach die Geschmeidigkeit.

Gerade bei Sport-Anfängern kursiert der Mythos, man müsse die Muskeln vor dem Sport dehnen, damit man sich nicht verletzt. Doch damit räumt Jochen Wild auf. Gegen einen Muskelkater bringe es nichts, sich vorher zu dehnen. Man müsse sich stattdessen nach der Beanspruchung der Muskeln dehnen.

Haben die Profis auch Muskelkater?

Wer für einen längeren Zeitraum keinen Sport mehr gemacht habe, sollte es unbedingt langsam angehen, betont Wild. Gerade für Laien, die oft nur saisonal trainierten, gelte das. Also etwa, wenn man jedes Jahr nur im Januar trainiert, weil man es sich an Silvester vorgenommen hat oder im Frühjahr, weil man merkt, dass der Sommer viel früher gekommen ist als die Strandfigur. Bei Leistungssportlern und Menschen, die regelmäßig Sport machen, ist das anders. „Ein Leistungssportler macht selten Urlaub“, sagt Wild. Und wenn er das tut, treibe er auch dort Sport. Das bedeutet jedoch nicht, dass Leistungssportler niemals Muskelkater haben. „Wenn man neue Bewegungsabläufe einstudiert, kommt es schon einmal vor, dass man es zu schnell angeht“, erklärt Wild. Besonders, wenn die neuen Bewegungsabläufe denen, die man schon kennt, relativ ähnlich sind. Wenn ein Leistungssportler aber nur Routine abspule, die er bereits gut kenne, komme das nicht vor. Die Muskeln sind dann darauf trainiert und können die Bewegung problemlos wiedergeben.

Außerdem sei es wichtig, den Muskeln auch genügend Regenerationszeit zu geben, sagt Wild. Nur so können sie auch mitwachsen. Leistungssportler sollten immer darauf achten, genug Schlaf zu bekommen, damit die Muskeln in der Regenerationszeit anwachsen können. Auch Laien sollten das beherzigen, wenn sie anfangen zu trainieren, erklärt Wild.

Sinnvoll ist auch das Training der sogenannten Gegenspieler, man sollte also den Rücken mittrainieren, wenn man den Bauch trainiert. Denn einseitige Belastung kann zu Schmerzen führen. Und nicht nur an die Muskeln allein sollte man denken. Auch die sogenannten Faszien, also die Weichteile des Körpers, die die Muskeln festhalten, sollte man trainieren, damit die Muskeln sauber geführt werden. Das kann man etwa mit sprunghaften Bewegungen machen. Profisportler arbeiten hier auch mit speziellen Rüttelplatten.

Nahrungsergänzungstabletten, wie etwa Magnesium wird laut Wild überschätzt. „Magnesium wird den Muskel nicht durchbluten“, sagt er. Und das sei das wichtigste Mittel, um einen Muskelkater zu vermeiden.

Gegen viele Verletzungen hilft warm machen

Und auch gegen andere Verletzungen kann ein gutes Aufwärmen helfen: Muskelfaserrisse – „der große Bruder des Muskelkaters“, wie Wild es nennt. Das komme eher schon einmal bei Profis vor. „Leistungssport ist mit sehr viel Ehrgeiz verbunden“, sagt der Experte. Gerade bei Laufsportarten komme es deshalb vor, dass man es mal übertreibe und es in einem Muskelfaserriss ende.

Die häufigste Verletzung ist aber die Sprunggelenksverletzung. Auch die kann drohen, wenn man sich nicht richtig warm macht – oder wenn man übermüdet ist. Bei Fußballern komme das deshalb entweder in den ersten fünf oder letzten zehn Minuten vor.

Die Serie

Während des Pandemie-Lockdowns haben viele Menschen daheim gesessen und sich zu wenig bewegt. Deshalb ist es jetzt umso wichtiger, sich um seinen Körper zu kümmern. In der RHEINPFALZ-Serie „Fit wie ein Turnschuh“ wollen wir herausfinden, wie man es angeht.

Jochen Wild.
Jochen Wild.
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