Grünstadt Ein großes Biber-Ehrenwort macht’s möglich

Als RHEINPFALZ-Biber kenne ich natürlich auch RHEINPFALZ-Redakteure. Das sind die Menschen, die darüber entscheiden, was wichtig oder interessant sein könnte für die Leute, die die Zeitung lesen. Über diese Themen wird dann auch berichtet. Und das möglichst bald, nachdem etwas passiert ist. „Aktuelle Berichterstattung“ nennen das die Redakteure.

Lokalredakteure heißen nicht etwa so, weil sie in einem Lokal sitzen und Artikel schreiben, sondern weil sie über Wissenswertes aus dem „Lokalen“ informieren. Also schreiben RHEINPFALZ-Lokalredakteure über Themen aus pfälzischen Dörfern und Städten, in denen wir leben. Nicht etwa aus Berlin, wo die Bundeskanzlerin und das Parlament Entscheidungen treffen. Nein, die Redakteure in der Lokalredaktion in Grünstadt zum Beispiel schreiben über Interessantes aus Grünstadt, Eisenberg und den umliegenden Dörfern. Zu denen gehört auch Obrigheim. Von dort habe ich nun einen Brief erhalten: von den Viertklässlern der Grundschule. „Lieber Nils Nager“, schreiben sie, „wir würden uns sehr freuen, wenn du unseren Artikel über ein Theaterprojekt im Deutschunterricht veröffentlichen könntest.“ Ja, was hab’ ich mich da gefreut! „Da werde ich gleich mal einen Redakteur von der Grünstadter Lokalredaktion fragen, ob wir etwas über das Theaterstück berichten können“, hab’ ich mir vorgenommen. Aber dann hab’ ich gelesen, dass das Projekt schon vorbei ist. Die Viertklässler haben ihr Theaterstück bereits vor ein paar Wochen aufgeführt. Aktuell ist das auf gar keinen Fall! Da brauch’ ich meine Freunde in der Grünstadter Redaktion erst gar nicht wegen einer Veröffentlichung zu fragen. Die Antworten kenne ich schon: „Nils, wir sind eine Tageszeitung, da können wir nicht über etwas berichten, das schon so lange her ist. Da kämen wir doch hinterher ’wie die alt Fasnacht.’ Außerdem sollen sich die Lehrer oder Schüler doch VOR einer Veranstaltung melden, damit wir planen und eventuell Mitarbeiter in die Schule schicken können, die Artikel-Schreiben und Fotografieren gelernt haben“ Hab’ ich alles schon tausend Mal gehört – und sie haben ja Recht: Im Sommer interessiert wirklich niemand mehr, was an Fasnacht war. So ähnlich ist das auch mit dem Projekt der Obrigheimer Viertklässler. Keine Tageszeitung auf der ganzen Welt wird über ein Theaterstück von Schülern berichten, das vor Wochen aufgeführt worden ist. Die RHEINPFALZ auch nicht. Und das wär’ doch so schade. Schließlich hatten die Kinder selbst die Idee, aus dem Buch „Das Vamperl“ von Renate Welsh ein Theaterstück zu machen. Sie haben sogar ihre Texte selbst geschrieben. Es wurde viel geübt und viel gelacht – aber auch viel aus der Geschichte vom Vamperl gelernt. Denn das Vamperl ist kein gewöhnlicher Vampir, der Blut trinkt. Nein, das Vamperl saugt den Leuten das Böse aus der Galle. Leute, die sich eben noch gestritten und beschimpft haben, werden plötzlich Freunde, die sich gegenseitig helfen. Den Schülern ist mit dem Theaterstück dann auch klar geworden, dass ein Vamperl allein nicht ausreicht. Denn auf der Welt gibt es so viel Streit. Vielleicht haben sich das ja Schüler oder manch begeisterter Theaterzuschauer zu Herzen genommen. Denn das Böse ist überall. Auch im Lokalen, also Grünstadt, Eisenberg oder Obrigheim. Deswegen hat mein Freund aus der Grünstadter Lokalredaktion nun eine Ausnahme gemacht. „Nils“, hat er gesagt und mir tief in die Augen geblickt: „Du darfst etwas über das Theaterstück der Obrigheimer Viertklässler schreiben – auch wenn es schon vor Wochen aufgeführt worden ist. Aber nur das eine Mal. Und nur, wenn du mir versprichst, dass du allen deinen Freunden mitteilst, dass sie sich künftig frühzeitig in der Lokalredaktion melden.“ Darauf hab’ ich ihm sofort das große Biber-Ehrenwort gegeben. Meine Nager-Freunde haben mir auch schon versprochen, dass sie nicht mehr „wie die alt’ Fasnacht hinterher“ kommen, wenn sie die Grünstadter Lokalredaktion über etwas Interessantes informieren. So ein bisschen komme ich mir nun auch vor wie ein Vamperl. (lor)

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