Grünstadt Das Ruftaxi ist auf dem Prüfstand

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Der Ruftaxiverkehr der Linie 4960 ist in den vergangenen Jahren stark ausgedünnt worden. Waren ursprünglich sechs Gemeinden an der Einrichtung beteiligt, gibt es das Angebot derzeit nur noch für Dirmsteiner und Gerolsheimer. Doch auch dort droht angesichts der hohen Kosten der Ausstieg. In Großkarlbach sucht der Gemeinderat nach Möglichkeiten, Jugendlichen spät abends die Heimfahrt aus Frankenthal wieder zu ermöglichen.

Als die Linie im Januar 2006 an den Start ging, fuhr das Ruftaxi von Frankenthal über Gerolsheim, Dirmstein, Laumersheim, Großkarlbach und Bissersheim bis nach Kirchheim. Sammelstelle in Frankenthal war anfangs eine Diskothek in der Wormser Straße, die es nicht mehr gibt. Der ehemalige Haltepunkt zeigt, worum es den Gemeinden vor allem ging: Jugendliche sollten auch dann, wenn keine Busse mehr fahren, zurück in die Dörfer kommen. Wobei die vom Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) geförderte Einrichtung natürlich von Anfang an genauso Erwachsenen und Senioren zur Verfügung stand. Ruftaxis haben als Busersatzverkehr feste Fahrpläne, die in den einschlägigen Verzeichnissen und im Internet unter www.vrn.de veröffentlicht sind. Eingehalten werden die dort genannten Zeiten aber nur, wenn der Transport zuvor telefonisch angemeldet wurde. Die Bushaltestellen, die von den Taxis angefahren werden, sind beschildert. Wobei Ruftaxilinien vierstellig sind, während Busse eine dreistellige Liniennummer haben. Für die Fahrgäste ist die Einrichtung viel billiger als ein normales Taxi. Inhaber der Karte ab 60, des Maxx-Tickets oder anderer VRN-Jahreskarten können Ruftaxis völlig ohne Zusatzkosten nutzen, andere zahlen denselben Preis wie für eine Busfahrt. Für die Gemeinden allerdings ist das Angebot teuer. Und die Kosten sind in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Das liegt zum einen am geänderten Nutzungsverhalten. Ließen sich früher vor allem Gruppen heimbringen, rechnen die Taxifahrer inzwischen viele Einzelfahrten ab, die je nach Zielort 30 bis 35 Euro kosten. Zur Verdeutlichung nennt Erwin Fuchs von der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land einige Zahlen: 2007 wurden mit dem Ruftaxi bei 938 abgerechneten Fahrten 2336 Personen befördert. 2013, im letzten Jahr, in dem noch alle sechs Dörfer dabei waren, wurden 2381 Personen befördert – bei 2041 Fahrten. Hinzu kommt, dass zu Beginn des vergangenen Jahres der Abrechnungsmodus geändert wurde. Früher trugen die Gemeinden 55 Prozent der Kosten, der Verkehrsverbund Rhein-Neckar übernahm 45 Prozent. Seit Januar 2015 zahlt der VRN einen fahrgastbezogenen Zuschuss von sechs Prozent pro Person, erklärt Fuchs. „Für die Gemeinden sind die Kosten explodiert.“ Als erstes Dorf verabschiedete sich Bissersheim bereits im Mai 2014 vom Ruftaxi-Verkehr. Kirchheim und Großkarlbach strichen noch im selben Jahr die Segel, Laumersheim zog im Herbst 2015 die Reißleine. „Wir wollten abwarten, wie sich die Umstellung der Fahrtkostenabrechnung auswirkt“, erklärt Laumersheims Bürgermeister Thomas Diehl (SPD), „doch es wurde noch teurer. Wir haben mit jährlichen Kosten in Höhe von 2500 Euro angefangen, am Ende lag unser Anteil bei 7500 Euro.“ Diehl bedauert den Ausstieg. Er erinnert sich aber auch an Beschwerden von Jugendlichen, die trotz einer angemeldeten Fahrt nachts in Frankenthal stehengelassen wurden, weil das Ruftaxi schon voll war. „Das waren keine Einzelfälle“, sagt der Ortschef. „Der öffentliche Nahverkehr ist eine schöne Idee. Wenn es am Wochenende abends aber nur eine Taxifahrt pro Stunde gibt, funktioniert das nicht.“ Während Laumersheim längst ausgestiegen ist, steht Gerolsheim noch auf dem Fahrplan der Linie 4960. Dort musste die Gemeinde nach anfänglichen Kosten von etwa 3600 Euro im vergangenen Jahr 7200 Euro für das Angebot zahlen, wie Ortsbürgermeister Erich Weyer (FWG) mitteilt. Eine Entscheidung, ob das Dorf weitermacht oder aussteigt, soll im Herbst fallen. Genauso sieht der Fahrplan in Dirmstein aus. „Das Ruftaxi muss auf den Prüfstand, die Kosten laufen uns aus dem Ruder“, betont Bürgermeister Bernd Eberle (FWG). Ein Problem sieht er darin, dass immer mehr Erwachsene, die sich ein richtiges Taxi leisten könnten, das Ruftaxi nutzen. Vielleicht ließe sich das Angebot auf Jugendliche mit Maxx-Ticket beschränken, meint Eberle. Ähnliche Überlegungen werden in Großkarlbach angestellt, wo Ende 2014 der Ausstieg aus dem Ruftaxi-Verkehr erfolgte. Hauptgrund waren auch hier die jährlichen Kosten von zuletzt rund 8000 Euro (2007: 2500 Euro), wie Ortschef Ralf-Peter Riegel (SPD) sagt. In Großkarlbach will man nach der Sommerpause im Rat Ideen sammeln, wie man Jugendlichen wieder ein vergleichbares Angebot machen kann. Beispielsweise, indem die Gemeinde später die Taxirechnung übernimmt, wenn eine Quittung eingereicht wird. Eine Chance, den Busersatzverkehr in einem größeren Verbund anzugehen, sieht Riegel in der bevorstehenden Fusion der Verbandsgemeinden Grünstadt-Land und Hettenleidelheim. Bei einer Begrenzung des Ruftaxi-Angebots auf Jugendliche gebe es keinen Zuschuss vom VRN, warnt Erwin Fuchs. „Öffentliche Gelder fließen nur dann, wenn das Angebot für alle Bürger gilt.“ Er nennt Bürgerbusse als mögliche Alternativen zum Ruftaxi.

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