Grünstadt Grünstadt: Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit wird 25 Jahre

Die Hälfte der Helfer bei der Liga waren selbst einst Hilfesuchende, vorn rechts (hockend): Gründer Bernd Frietsch.
Die Hälfte der Helfer bei der Liga waren selbst einst Hilfesuchende, vorn rechts (hockend): Gründer Bernd Frietsch.

GRÜNSTADT: Die Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit hilft seit 25 Jahren Menschen aus dem Ausland, hier Fuß zu fassen. Die Ehrenamtlichen begleiten Flüchtlinge zu Behörden und Ärzten, helfen bei rechtlichen Fragen und der Wohnungssuche. Viele Engagierte wurden einst selbst unterstützt.

Bernd Frietsch, Gründer und Sprecher der Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit (Liga), sagt: „Seit Ende 2014 haben wir uns mindestens um 300, wahrscheinlich eher um 500 Fälle gekümmert.“ Bei einem Fall könne es sich um unterschiedlich viele Personen handeln, von einzelnen Menschen bis zu Großfamilien. Und mitunter sei eine „intensive Langzeitbetreuung“ oft stark traumatisierter Klienten erforderlich. Die Fallzahl ist nur eine grobe Schätzung, denn der Kleinkarlbacher führt kein Buch über die Arbeit seiner Bürgerinitiative, die seit einem Vierteljahrhundert jeden Dienstag im Café International im Grünstadter Haus der Jugend erste Anlaufstelle für Flüchtlinge und Asylbewerber ist. Ehrenamtliche stehen den neu in Deutschland angekommenen Menschen in allen Lebensbereichen zur Seite. Dabei engagieren sich einige derjenigen, die bei der Liga Unterstützung erfahren haben, selbst als Helfer. Das tun sie oft schon viele Jahre lang. Einige von ihnen stellt die RHEINPFALZ vor (Text unten). Seit kurzem aber übernehmen sie ihre Aufgaben selbstbewusst als gleichberechtigte Mitstreiter der Liga. Bernd Frietsch hat eine Mitarbeiterliste aufgesetzt und dadurch unterstrichen, dass die mitwirkenden Immigranten selbstständig agieren können. „Bislang haben sie uns als Chefs angesehen“, sagt er über sich und sein deutsches Team. 15 Namen von Einwanderern stehen auf der Helferliste. „Insgesamt sind wir derzeit 33 Leute im Tagesgeschäft“, berichtet der Berufsmusiker. Er hat die Liga im September 1993 nach den Anschlägen von Solingen (Brandanschlag auf das Haus einer türkischen Großfamilie am 29. Mai 1993) und Hoyerswerda (mehrere rassistisch motivierte Übergriffe im September 1991, unter anderem auf ein Flüchtlingswohnheim) gegründet. Nicht auf der Liste, aber auch unverzichtbar, seien noch fünf weitere Personen, die beispielsweise den Sprachunterricht in von der Liga organisierten Deutschkursen erteilen. Die Aufstockung des Liga-Teams ist nicht nur notwendig geworden, nachdem vor drei Jahren viele Flüchtlinge ins Land kamen. Frietsch erzählt, dass sich nicht nur die Menge an Arbeit stark erhöht habe. „Es ist alles deutlich anonymer geworden“, bedauert er. Früher sei man lange mit einem Fall beschäftigt gewesen, es hätten sich Beziehungen zwischen Helfer und Hilfesuchendem entwickelt. „Heute ist die Liga in den Augen vieler Asylanten nur so eine Art behördliche Anlaufstelle. Wenn sie ein Problem mit einem Amt haben, dann kommen sie zu uns, legen uns ein Formular auf den Tisch und sind kurz darauf wieder weg“, schildert Frietsch die Situation, wie sie sich im Café International oft darstellt. Der Liga-Sprecher empfindet das als unbefriedigend. „Ich würde mir eine Rückkehr zu mehr persönlichem Bezug wünschen“, sagt er. Seine unter anderem aus Syrien, Afghanistan, Irak und Ruanda stammenden Mitarbeiter haben einen ganz anderen Zugang zu den Kulturkreisen, aus denen die Flüchtlinge und Asylbewerber kommen, die im Café International ihre Sorgen und Nöte vortragen. Ob sie allerdings auch von den Sachbearbeitern in Einrichtungen wie Ausländerbehörde und Jobcenter als kompetente Liga-Helfer akzeptiert werden, müsse sich noch zeigen, so Frietsch.

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