Grünstadt 135 Pfälzer Winzer hoffen auf Eiswein

Kindenheim im Dezember: Jens Christmann will aus den Dornfelder-Trauben Eiswein machen. Fehlt nur noch die Kälte.
Kindenheim im Dezember: Jens Christmann will aus den Dornfelder-Trauben Eiswein machen. Fehlt nur noch die Kälte.

Zwei von ihnen haben ihre Weinberge in Kindenheim. Bei der Eiswein-Lese muss es über mehrere Stunden mindestens minus sieben Grad kalt sein, damit die Trauben beim Keltern noch durchgefroren sind. Wenn’s nicht so kalt wird, ist die Hoffnung auf Eiswein futsch.

Wer derzeit durch die Weinberge im Leiningerland spaziert, könnte auf den Gedanken kommen, dass die Traubenlese noch gar nicht stattgefunden hat. Viele Weinberge hängen noch mit Trauben voll, die Winzer hoffen auf Eiswein. In Kindenheim warten die Winzer Jens Christmann und Jürgen Hartmetz sehnsüchtig auf Minusgrade.

 Bei bisherigen Versuchen nicht kalt genug

Viel tun, außer zu hoffen, dass der Wettergott den gewünschten Frost bringt, können die Winzer in der Pfalz momentan nicht. Jens Christmann wagt dieses Jahr den dritten Anlauf mit Eiswein und sagt: „Das Thermometer muss mindestens minus sieben Grad Celsius anzeigen, dann erst dürfen die Trauben geerntet werden.“ Bereits 2000 und 2016 hatte der Betriebswirt Weinberge für die Lese von Eiswein angemeldet. „Es war leider nur nicht kalt genug, und so wurde daraus nichts“, erinnert sich der 39-Jährige, der den Familienbetrieb leitet. In diesem Jahr will er es noch mal versuchen. Er hat einen Hektar seiner elf Hektar großen Anbaufläche noch nicht geerntet. „Noch bis Februar können die Trauben theoretisch gelesen werden. Allerdings steigt mit jedem Tag das Risiko, dass die Beeren wegen der Nässe faulen“, sagt Christmann. Der Grund für ihn, in diesem Jahr jeweils einen Wingert mit Dornfelder- und Rieslingtrauben für Eiswein anzumelden, sei das optimale Wetter gewesen. „Es gab kaum Niederschlag und dazu noch viele Sonnenstunden.“

Mostverlust von 50 Prozent

Die Trauben seien auch nach der Haupternte noch gesund gewesen, deshalb habe er sich spontan entschlossen, das Wagnis noch mal einzugehen. Sollte es nicht klappen, sei das ärgerlich. Trotzdem nimmt es Christmann sportlich: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ Falls das Quecksilber dann die gewünschte Temperatur anzeigt, müsse es schnell gehen, bevor das Wasser in den Trauben wieder auftaut. Das in den Beeren enthaltene Wasser kristallisiert, jedoch der Zucker nicht. So entsteht die Süße des Weines. „Unser Ziel ist es, einen konzentrierten Mostextrakt zu keltern“, erläutert Christmann. Der Eiswein habe eine eigene Prädikatsstufe, bei dem ein Mindestmostgewicht von 120 Grad Öchsle vorausgesetzt sei. Im Vergleich zu anderen Qualitätsweinen müsse bei der Ernte für Eiswein mit einem Mostverlust von mindestens 50 Prozent gerechnet werden. „Da die Beeren so lange am Rebstock bleiben, fallen mit der Zeit immer wieder welche auf den Boden. Auch Vogelfraß reduziert die Menge“, erklärt er. Trotzdem biete dieser erlesene Wein die Chance, einen hohen Umsatz bei vergleichbar geringer Litermenge zu erzielen. Grund sei der hohe Verkaufspreis. Die Nachfrage nach dem edlen Getränk sei im Ausland wesentlich größer als in Deutschland. „Die größten Mengen gehen in den Export, beispielsweise nach China und Japan.“ Exportzahlen für Eiswein kann das Deutsche Weininstitut auf RHEINPFALZ-Anfrage nicht vorlegen. Das Thema sei zu spezifisch, heißt es.

Erfahrung und vorteilhafter Minimalschnitt

Der Kindenheimer Winzermeister Jürgen Hartmetz hat zwei seiner zwölf Hektar Rebfläche noch nicht geerntet, er will Eiswein aus Riesling- und Silvanertrauben herstellen. Hartmetz setzt bei den Reben auf einen Minimalschnitt und sieht darin Vorteile für gesunde Trauben, die später für Eiswein in Frage kommen. Statt des konventionellen Rebschnittes fährt der 53-Jährige nur zweimal im Jahr mit dem Laubschneider durch die Weinberge. Das Resultat seien lockerbeerige, eher kleine Traubenhängel in der Laubwand. Dadurch bekämen die Beeren mehr Luft und faulten nicht so schnell, besonders wenn sie lange am Rebstock blieben, so Hartmetz. Bereits 2005, 2008 und vor wenigen Jahren noch mal konnte er Eiswein herstellen.

"Ich habe nicht viel zu verlieren"

Dass er auch 2018 wieder einen Versuch startet, habe einen pragmatischen Grund, den der Winzermeister so erklärt: „20.000 Liter dürfen pro Hektar für Grundwein geerntet werden, 15.000 Liter pro Hektar für Tafelwein und 10.500 Liter pro Hektar für Qualitätswein. Mein Kontingent ist nahezu erfüllt.“ Deshalb habe er die Trauben der beiden Weinberge hängen lassen. „Ich habe also nicht viel zu verlieren, da ich nicht mehr Aufwand hatte“, sagt der Winzer, der seinen Wein übers Fass verkauft. Sollte der Frost nicht einsetzen, sei es jedoch schade. Und mit kurzfristiger Kälte sei es auch nicht getan: Die Kälteperiode müsse längere Zeit andauern, damit die Beeren auch wirklich durchgefroren seien.


Allgemeine Informationen

135 Winzer in der Pfalz wollen diesen Winter Eiswein erzeugen. Wie das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz in Koblenz auf RHEINPFALZ-Anfrage mitteilte, wurden 127 Hektar Rebfläche dafür angemeldet. Seit 2013 gibt es dafür eine Vorabmeldepflicht. Im vergangenen Jahr waren es nur zwei Betriebe mit 2,2 Hektar. In gesamten Anbaugebiet Rheinland-Pfalz wollen 628 Betriebe (532 Hektar) Wein aus gefrorenen Trauben herstellen. 2017 waren es im Land 24 Winzer mit 19 Hektar.

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